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Von Guido Berg: 17 Etagen abtragen

Das Hotel-Hochhaus in Potsdams Mitte, das Mercure, wird 40. Doch wie alt soll es überhaupt werden?

Innenstadt - 40 Jahre ist es nun alt, das 1969 als Interhotel Potsdam fertiggestellte Hotel-Hochhaus in Potsdams Mitte. Das Gebäude nutzt heute die Accor-Hotelkette mit ihrer Marke Mercure. Aus architektonischen Gründen wird in Potsdam bezweifelt, ob der 40. auch ein Jubiläum darstellt. Der Architekt Christian Wendland spricht von einer „Kiste“, die direkt vor dem neuen Landtag in exakter Gestalt des historischen Stadtschlosses keinen Sinn mehr mache. „17 Geschosse abtragen“, sagt Peter Schüler, bündnisgrüner Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung, wenn er einen Wunsch hinsichtlich des Hotelbaus frei hätte. 17 Etagen, mehr hat das Haus allerdings nicht. „Langfristig soll das Haus nicht erhalten bleiben“ erklärt ebenso SPD-Fraktionschef Mike Schubert.

Accor hat das 210-Zimmer-Gebäude von der Blackstone-Gruppe gepachtet, einer US-Investmentgesellschaft mit Hauptsitz in New York. Ende 2006 hatte Blackstone 14 ehemalige Interhotels der DDR erworben, darunter das Potsdamer. Zur Veränderung des gegenwärtigen Status quo des Drei-Sterne-Hauses ist frühestens ab 31. Dezember 2012 Gelegenheit. „Ende 2012 läuft der Pachtvertrag mit dem Eigentümer aus“, erklärte Robert Strohe, Direktor des Mercure Hotel Potsdam City. „Bis dahin fließt noch viel Wasser die Havel herunter“, ergänzt Strohe. Frühestens zweieinhalb Jahre vor Ablauf – also im kommenden Jahr – „wird man sich zusammensetzen und überlegen, was man macht“, sagte Strohe, der sich von dem Wunsch nach Abriss seines Arbeitsplatzes wenig beeindruckt zeigt: Dass das Mercure weg solle, sei ein bereits 15 Jahre altes Gerücht. Aus seiner Sicht ist das alles eine Frage des Geldes. Der Hotel-Chef: „Das Grundstück wird immer mehr wert, wer will es kaufen?“ Eine weitere Frage Strohes: „Wer bezahlt den Abriss?“

Gedanken über Antworten auf diese Fragen wird sich auch die Landeshauptstadt Potsdam machen müssen. Die Stadt sitzt 2010 bei den Verhandlungen mit am Tisch, sagte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) den PNN. „Wir sind Verhandlungspartner“, so Jakobs. Potsdam habe sich eine Option gesichert, sie könne mitreden, etwa wenn es darum gehe, „zu welchen Fristen das Hotel fortgeführt wird“ oder ob „Alternativen ausgehandelt“ würden. Es stünden „komplizierte Verhandlungen“ bevor, so Jakobs, der früheren Aussagen zufolge einen Abriss des Hochhauses befürwortet.

Warum das Mercure-Hotel als „ein abgängiges Gebäude zu betrachten“ sei, begründet Architekt Wendland so: „Das Ding steht an der falschen Stelle.“ Vom Gestalterischen her müsse es weg. Allerdings lässt sein Urteil über das 2002 sanierte Hochhaus durchaus auch andere Aspekte zu: Den Bau allein aus ästhetischen Gründen zu beseitigen, wäre „nicht vertretbar“. Es müsste dafür „hieb- und stichfeste Argumente“ her. Es müsse beachtet werden, dass das Haus durchaus auch einen Wert besitze. Wendland: „Es wurden Investitionen getätigt, die sich erst amortisieren müssen.“ Erst vor neuen Investitionen müsse gefragt werden, wie lange die Restlaufzeit des Hauses noch währt und ob die Statik noch gegeben ist. Wendland zufolge „werden die Eiseneinlagen im Beton schon etwas angegangen sein“. Schließlich sei zu DDR-Zeit eine geringere Betondeckung als heute vorgeschrieben gewesen. Auch ist laut Wendland zu klären, ob die Wärmedämmung in der Zukunft noch wirtschaftlich ist. Als alternativen Standort für ein Mercure-Hotel könnte sich Wendland den Uferstreifen zwischen Altem Markt und Alter Fahrt vorstellen. Entstehen könnte etwa neben dem Palais Barberini ein Bau der „verträglich, differenziert und interessant ist“. In der Vergangenheit war auch das rekonstruierte Palais Barberini selbst als mögliches Hotel diskutiert worden. Auch Peter Schüler könnte sich mehr Qualität vorstellen: Das jetzige Mercure-Hotel habe „eine Unmenge an relativ unkomfortablen Zimmern“; besser wären weniger, aber komfortablere Zimmer. Wer über Hotels in Potsdams Mitte nachdenkt, der müsse auch beachten, dass das jetzige Landtagsgebäude auf dem Brauhausberg als Hotel in Frage kommt. Für das Mercure-Hochhaus aber, so Schüler, sollte es eine Einigung darüber geben, wie lange es noch genutzt werden kann, um es danach „zu beerdigen“.

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