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Von Eva Schmid: Potsdam zeigt Schleife

Politiker sammelten Spenden am gestrigen Welt-Aids-Tag

Von Eva Schmid

Innenstadt - Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke), Familienminister Günter Baaske (SPD), Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) und weitere Politiker zeigten gestern bei klirrender Kälte Solidarität mit an Aids erkrankten Menschen. Sie sammelten in der Brandenburger Straße gemeinsam mit etwa 30 weiteren Ehrenamtlichen und Schülern 1626 Euro an Spenden für den Nothilfefonds der Potsdamer Aidshilfe.

Allein in Brandenburg schätzt das Robert-Koch-Institut die Zahl der mit HIV/Aids lebenden Menschen auf 610 Personen. Rund 50 Neuinfektionen gab es dieses Jahr, darunter drei offiziell gemeldete Fälle aus Potsdam. Im letzten Jahr war die Zahl der am Virus Erkrankten deutlich niedriger, sie lag bei etwa 320 Personen. Die Differenz, erklärt Sabine Frank, Sozialarbeiterin der Potsdamer Aidshilfe, ergebe sich durch eine neue und präzisere Schätzmethode des Robert-Koch- Instituts, „die Zahl der Dunkelziffer wird nun in den Werten stärker berücksichtigt“. Dennoch „spielen drei weitere Faktoren in den gestiegenen Wert hinein“: Erstens sei die Testbereitschaft mittlerweile höher, „da die Menschen wissen, dass HIV/Aids gut behandelt werden kann“. Zweitens würden die Tests von der Aidshilfe und anderen Potsdamer Organisationen stark beworben. „Und dann ist es drittens eben doch so, dass aufgrund der besseren Therapiechancen sorgloser mit dem Risiko umgegangen wird.“

Die Gesundheitsministerin kämpft gegen die zunehmende Sorglosigkeit der Potsdamer an: „Wir sind heute hier, um Prävention zu betreiben – leider ist es so, dass viele Leute denken, dass Aids nicht mehr so schlimm ist.“ Auch Elona Müller mahnt: „Wir müssen das Thema am Kochen halten und dürfen nicht nachlassen, denn es handelt sich immer noch um eine tödliche Krankheit.“ Doch bei den älteren Einwohnern der Stadt köchelt das Thema HIV/AIDS allerhöchstens. Viele von ihnen laufen an den Politikern mit Spendenkasse in der Hand vorbei, immer wieder fällt der Satz: „Klar weiß ich, dass Welt-Aids-Tag ist, aber danke, nee.“ Der 73-jährige Manfred Mannske meint, „er sei aus dem Alter ’raus“ und der Tag habe für ihn keine Bedeutung. Manche Senioren, die ein paar Münzen spenden, verzichten auf die rote Schleife, dem Symbol der internationalen Solidarität. „Die Krankheit ist eben immer noch in der Gesellschaft tabuisiert, trotz der vielen Aufklärung“, erklärt Annette Kraue, Vorstandsmitglied der Aidshilfe, gegenüber den PNN. Deshalb sei es so wichtig, rechtzeitig und schon früh darauf aufmerksam zu machen. Besonders die Jugend sei willig, sich aufklären zu lassen, fügt die Gesundheitsministerin hinzu. Für die Jugendlichen veranstaltet die Aidshilfe am 16. und 17. Dezember Jugendfilmtage im UCI-Kino im Bahnhof, für die Schulklassen sich noch bis zum 15. Dezember anmelden können.

Spendenbereit zeigten sich vor allem jüngere Menschen und Eltern, deren Kinder bei Ausbruch der Krankheit in den ’80er Jahren in das geschlechtsreife Alter kamen. Das Thema Aufklärung ist am Welt-Aids-Tag für die Potsdamer sehr bedeutend. Hortense Lademann, Sozialarbeiterin bei der Aidshilfe, schätzt die Potsdamer Bevölkerung als sehr aufgeklärt und tolerant gegenüber an HIV/Aids erkrankten Menschen ein. Doch gerade bei der Aufklärung bemängeln Jugendliche einige Lücken: „Ich fühle mich zwar schon aufgeklärt, aber die Krankheit wird immer mit Afrika in Verbindung gebracht, dass Deutschland betroffen ist wird gerne unter den Tisch gekehrt“, kritisiert die 19-jährige Studentin Elisabeth Neugebauer. Und eine 13-Jährige versteht nicht, „wieso das Thema nicht im Bio-Unterricht vorkam“.

Im Vergleich zu den 1800 Euro, die voriges Jahr gespendet wurden, fiel gestern der Griff zum Geldbeutel aufgrund der Kälte etwas schwerer.

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