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Von Caroline Bock: Denkmalpflege als Hommage

Berlin und Potsdam haben der Witwe des Schulbuch-Verlegers Franz Cornelsen viele Schätze zu verdanken

Berlin - Das Berliner Domkreuz leuchtet wieder in der Sonne. Schloss Schönhausen ist kein Hotel geworden, sondern ein Museum. In der Villa von Max Liebermann am Wannsee legten Restauratoren ein Wandgemälde des berühmten Künstlers frei. Die zu DDR-Zeiten verfallenen Schlösser von Paretz und Caputh sind wieder schmuck. Und dass Besucher heute das Sommerhaus von Albert Einstein inklusive seiner Badewanne besichtigen können – auch ein Verdienst von Ruth Cornelsen.

Berlin und Potsdam haben der Witwe des Schulbuch-Verlegers Franz Cornelsen viele Schätze zu verdanken. Ihre Sammlung an Orden und Auszeichnungen ist stattlich. Von Günther Jauch bekam die Stifterin, wie sie erzählt, einen Brief, weil er sich über ihr Engagement für das Einstein-Haus freute, vom ehemaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe das Kompliment: „Ohne Sie sähe es in Brandenburg ganz anders aus.“ Seit 1996 hat die Cornelsen Kulturstiftung mehr als 20 Projekte in der Denkmalpflege gefördert, im Schnitt mit 750 000 Euro im Jahr.

„Wie viel wissen Sie über Stiftungen?“, fragt Ruth Cornelsen zu Beginn des Interviews. Sie ist eine ältere Dame mit Contenance, zierlich und sorgfältig frisiert, mit Perlenkette, Blazer und offenem Blick. Wie alt die Unternehmerin genau ist, weiß man in ihrem Hause nicht. Sie spricht druckreif, im Sitzen stemmt sie eine Hand in die Hüfte, was resolut aussieht.

In ihrem Büro in Berlin-Wilmersdorf hängen vier Schwarz-Weiß-Bilder ihres Mannes hinter dem antiken Schreibtisch. Die beiden waren in zweiter Ehe verheiratet. Franz Cornelsen, dessen erste Frau Hildegard vor ihrem Tod den Verlag lange Jahre mitprägte, starb im Oktober 1989. Vieles hat sich getan in dem 1946 gegründeten Verlag, der von drei auf heute 3000 Mitarbeiter wuchs und zu dem mittlerweile auch der einstige DDR-Verlag Volk und Wissen sowie der Duden gehören. Größter Konkurrent ist Klett.

Ruth Cornelsen, eine gebürtige Westfälin, ist Vorstandsvorsitzende der Franz Cornelsen Unternehmensstiftung, die die Mehrheit an der Verlagsgruppe hält. Aus der Holding hat sie sich zurückgezogen. Sie konzentriert sich auf die private Stiftung – die klar vom Verlag getrennt ist, darauf legt sie Wert. Ähnlich wie Friede Springer („Ich verlege höchstens meine Brille“) nennt sie sich nicht Verlegerin, weil sie den Beruf nicht gelernt hat. Ins Büro geht die Unternehmerin jeden Tag, Urlaub macht sie wenig.

Die Kulturstiftung gründete sie zum 50. Geburtstag des Verlages, als Hommage an ihren Mann. Für Denkmalpflege hat sich Ruth Cornelsen entschieden, weil sie findet, dass eine Stiftung den Stifter überdauern sollte. „Denkmalpflege wird immer nötig sein.“ Einfach das Scheckbuch zu zücken, ist ihre Sache nicht. Die Gelder versteht sie als Anschubfinanzierung. Der Überblick ist ihr wichtig, damit die Mittel nicht in Bauruinen verschwinden. „Am liebsten habe ich Projekte, die ich alleine bewältigen kann.“ Das Berliner Stadtschloss, dessen Wiederaufbau sie wichtig findet, wird wohl ohne sie auskommen müssen, zumal es ein Neubau mit vielen Akteuren ist.

Ruth Cornelsen, freundlich wie durchsetzungsfähig, stellt Bedingungen. Der Berliner Dombaumeister musste versprechen, dass das Kirchenkreuz im Sommer fertig ist, dann gab es 500 000 Euro. Die Lücke im Stadtbild hatte sie gestört: „Ich will mein Kreuz wieder haben“, sagte sie damals ihrem Stiftungsbeirat. Beim Schloss Schönhausen, ehemals der Amtssitz von DDR-Präsident Wilhelm Pieck, forderte die Unternehmerin, dass es in die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten aufgenommen wird. Dann flossen in die königliche Residenz aus dem 18. Jahrhundert 1,35 Millionen Euro.

„Ich bin mit ganzem Herzen beteiligt“, sagt sie. Ein Gefühl der Dankbarkeit erfüllt sie, wenn der Abschluss solcher Projekte gefeiert wird – „Erntedankfeste“ seien das. Ruth Cornelsen wird hellhörig, wenn in der Zeitung steht, dass etwas „verfällt“. Und sie liest viel Zeitung, von Manager-Magazinen bis zu Lokalblättern. Es kann sein, dass beim Landesdenkmalamt oder der Preußenstiftung das Telefon klingelt und sie sich erkundigt, ob ihr anvisiertes Projekt aus Expertensicht sinnvoll wäre. Sie denkt in „konzentrischen Kreisen“: Denkmalpflege kann Arbeitsplätze schaffen und Regionen beleben. Dass das Engagement gut für das Renommee des Verlags ist, weiß sie natürlich auch.

In Zeiten der Finanzkrise eine Stiftung gründen? Besser nicht, ist ihr Rat. „Im Augenblick lieber großzügig spenden, denn die Zinserträge aus Stiftungen sind so gering geworden, dass man kaum Großes bewegen kann.“

Caroline Bock

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