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Bildungsferne Migranten? Von wegen! Die beiden Schülerinnen Saryeda (r.) und Farhat büffeln in der studentischen Hausaufgabenhilfe des Kuze. Die Studenten helfen bei englischen Aufsätzen oder höherer Mathematik.

© Andreas Klaer

Von Ariane Lemme: „Oft mangelt es an Selbstvertrauen“

Junge Potsdamer haben mit Unterricht für Flüchtlingskinder den Landes-Integrationspreis gewonnen

Für Ephraim Desisa begann alles mit einem Praktikum. Der Lehramtsstudent brauchte ein außerschulisches Praxissemester, über einen E-Mail-Verteiler der Uni Potsdam stieß er auf die studentische Hausaufgabenhilfe im „KuZe“ in der Hermann-Elflein-Straße. Das war vor anderthalb Jahren, sein Praktikum ist längst vorbei. Nachhilfe für Flüchtlingskinder gibt er immer noch. Nun haben er und seine elf Kollegen den Integrationspreis des Landes Brandenburg gewonnen.

Der Preis, der mit insgesamt 5000 Euro dotiert ist, wurde in diesem Jahr bereits zum dritten Mal vergeben. Ephraim und seine Mitstreiter setzten sich gegen 19 Mitbewerber durch. Dabei hatten sie sich gar nicht selbst um den Preis beworben, „das wäre einfach nicht unsere Art“, sagt Ephraim. Vorgeschlagen hatte sie ihre Ansprechpartnerin bei der Diakonie Potsdam, Uta Amme. Sie vermittelt die Kinder und Jugendlichen, die überwiegend aus dem Flüchtlingswohnheim in Potsdam kommen, bei Bedarf an die Hausaufgabenbetreuung.

Die Preis-Jury rund um die Integrationsbeauftragte Karin Weiss überzeugte vor allem, dass das Projekt komplett eigenständig organisiert ist und die Studenten seit der Gründung vor fünf Jahren ehrenamtlich arbeiten. „Vielleicht ist das mit ein Grund dafür, warum wir derzeit ziemliche Nachwuchsprobleme haben“, sagt Ephraim. Ihn selbst stört es nicht, dass er kein Geld für seine Arbeit bekommt: „Die Arbeit macht mir Spaß und es ist außerdem ein schönes Gefühl zu wissen, dass man etwas Gutes tut.“ Zudem sei es einen wichtige Erfahrung, das in der Uni erworbene Wissen auch gleich praktisch umsetzen zu können.

Bei der Betreuung gehe es aber oft nur vordergründig um fachliche oder rein inhaltliche Fragen. „Manchen mangelt es einfach an Selbstvertrauen“, sagt Ephraim. Dann versucht er, den Jugendlichen zu vermitteln, was sie eigentlich alles können. Nicht durch viele Worte, sondern indem er sie dazu bringt, selbst auf die Lösung ihres Problems zu kommen.

Etwa zwanzig Kinder kommen an drei Nachmittagen die Woche in den Seminarraum des Kuze. Die meisten von ihnen kommen aus Afghanistan, den kurdischen Gebieten der Türkei und dem Libanon, gerade die Jüngeren sind aber oft in Deutschland geboren. „Viele bringen mittlerweile ihre kleinen Geschwister mit“, sagt Ephraim.

Die brandenburgische Integrationsbeauftragte Karin Weiss betonte während der Preisverleihung, dass in Brandenburg bereits jedes zehnte Kind heute einen sogenannten Migrationshintergrund hat. „Diese Kinder sind hoch motiviert und schulisch erfolgreich. Wir können stolz auf diese junge Generation Zugewanderter sein“. Das kann auch Ephraim bestätigen. Während die Jüngsten erst in die dritte Klasse gehen, besuchen viele der Älteren ein Gymnasium. Probleme mit der deutschen Sprache hat hier aber eigentlich niemand, allenfalls bei der Interpretation eines Barockgedichtes steht Ephraim ab und zu unterstützend zur Seite. „Hauptsächlich helfen wir aber bei englischen Aufsätzen oder höherer Mathematik“, erklärt Ephraim.

Was er und seine Mitstreiter nun mit den gewonnenen 3000 Euro Preisgeld machen wollen, ist noch völlig offen. „Bis Anfang der Woche wussten wir noch nicht einmal, wie viel das denn nun ist“, entschuldigt er sich. Ein paar Ideen hat er schon, aber die klingen eher bescheiden: „Eventuell schaffen wir ein neues Fremdwörterbuch an oder wir machen einen Ausflug mit den Schülern.“ Auch ein zweiter Computer wäre sinnvoll, oft müssen die Schüler für Referate oder Hausarbeiten etwas recherchieren, und weil jeder in seinem Tempo arbeiten, kommt es bei der Nutzung des Rechners manchmal zu Streit. Zudem verführe der Zugang zum Internet natürlich zum Spielen. Die auf einem großen gelben Poster festgehaltenen Regeln sind in diesem Punkt jedoch eindeutig: „Der Rechner wird nur zum Arbeiten genutzt“.

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