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Wichtige Arbeit, schlechte Bezahlung. Mit ihren Deutschkursen für Flüchtlinge leisten die Lehrer der Volkshochschule Potsdam auch einen Beitrag für die Integration.

© Andreas Klaer

Volkshochschulen in Potsdam: Lehrer in prekären Verhältnissen

Für Dozenten in der Volkshochschule fällt die Entlohnung niedrig aus – vor allem Selbständige klagen über finanzielle Engpässe. Nun fordern die Lehrer mehr Geld.

Potsdam - Die Volkshochschule (VHS) im Bildungsforum ist eines der wichtigsten Häuser in Sachen Integration von Flüchtlingen, dort sollen sie die deutsche Sprache lernen oder sich beruflich weiterbilden. Zudem bilden die Lehrkräfte auch viele Einheimische weiter. Doch die soziale Lage vieler Dozenten in dem Haus Am Kanal gestaltet sich nach wie vor prekär. Ob die Stadt gegensteuert, ist noch unklar.

An der VHS würden 90 Prozent der 170 Kursleiter von dem Honorar aus der freiberuflichen Lehre leben, heißt es in einer jetzt veröffentlichten Mitteilung der Dozenten. Doch die Freiberufler würden nur einen Bruchteil dessen verdienen, was fest angestellte Lehrkräfte anderswo erhalten: „Wir müssen aber zu 100 Prozent für Renten- und Krankenversicherung aufkommen und arbeiten ohne jeden arbeitsrechtlichen Schutz.“ Wegen der niedrigen Stundensätze seien viele VHS-Dozenten noch nicht einmal in der Lage, die Pflichtbeiträge in die Deutsche Rentenversicherung einzuzahlen – „oder sie müssen ihr Einkommen über Hartz IV aufstocken“. So drohe Altersarmut. Im Schnitt blieben im Vergleich zu Vollzeit angestellten Lehrern maximal 1200 Euro netto pro Monat für diese anspruchsvolle Tätigkeit, rechneten einzelne Dozenten gegenüber den PNN vor. „Und davon müssen wir noch Rücklagen für Ferienzeit, Feiertage, Kursausfall oder Krankheitstage bilden“, sagte eine Dozentin. Eine andere Lehrkraft erzählte: „Vor einiger Zeit konnte ich aufgrund einer längeren Krankheit vier Monate nicht arbeiten – ich habe während dieser Zeit meine Beiträge an die Kranken- und Rentenkasse in voller Höhe weiterzahlen müssen und stand gleichzeitig ohne jegliches Einkommen da.“ Ohne die Hilfe ihrer Familie hätte sie nicht einmal ihre Miete zahlen können. „Solche Rahmenbedingungen machen uns kaputt.“

Vor- und Nachbereitung der Kurse nicht im Stundenlohn enthalten

Der Wunsch nach besseren Arbeitsbedingungen ist bereits öffentlich – als eine Forderung im laufenden Bürgerhaushaltsverfahren der Stadt. Gefordert wird dort, für Dozenten mit einer hohen Anzahl von Unterrichtsstunden feste Teilzeit- oder Vollzeitstellen zu schaffen. Für andere Kursleiter wird eine deutliche Erhöhung des Mindesthonorars von bislang 30 Euro gefordert. Weiterhin sollten betroffene Lehrkräfte stufenweise Zuschüsse von bis zu 50 Prozent zu den Sozialbeiträgen sowie Krankengeld und bezahlten Urlaub erhalten. Im jetzigen Status gebe es noch nicht einmal Anspruch auf Mutterschutz. Zudem hätten die Freiberufler zum Beispiel Probleme beim Beantragen von Krediten bei Banken oder Nachteile bei der Wohnungssuche, heißt es in dem Bürgerhaushaltsvorschlag weiter. Wegen der schlechten Lage würden zunehmend Dozenten die VHS verlassen, hieß es weiter – die Qualität der Lehre, gerade für eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe wie Integration, sei dadurch gefährdet.

Das Thema der prekären Bezahlung ist nicht ganz neu: Bereits 2014 hatten die Stadtverordneten auf Antrag der Fraktion Die Andere die stufenweise Erhöhung des stündlichen Dozentenhonorars von 22,50 auf 30 Euro beschlossen – für dieses Geld müssen die einzelnen Stunden aber auch vor- und nachbereitet werden, inklusive der Erstellung und Kontrolle von Aufgaben. Für eine auskömmliche Bezahlunge seien mindestens 50 bis 60 Euro pro Stunde notwendig, habe die Bildungsgewerkschaft GEW berechnet, so die Dozenten.

Rathaus will VHS-Dozenten in Potsdam befragen

Das Rathaus äußert sich zu den Forderungen bislang eher zurückhaltend. „Grundsätzlich gilt, dass die Vergütung der Honorarkräfte in Potsdam im Ländervergleich im oberen Drittel liegt“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow. Dozenten von Integrationskursen würden schon jetzt 35 Euro die Stunde erhalten, dies sei aber auch bundeseinheitliche Regelung.

Derzeit zahlt die Stadt für die VHS 791 000 Euro. Brunzlow ergänzte, im kommenden Haushalt sei aktuell keine Position für eine Erhöhung eingeplant, „weil derzeit Gespräche zu diesem Thema stattfinden“. Dabei sei deutlich geworden, dass der Bedarf unterschiedlich sei. „Manche Dozenten wünschen eine Festanstellung, andere explizit die Selbstständigkeit, aber ein höheres Honorar.“ Daher werde das Rathaus noch in diesem Jahr in Abstimmung mit der VHS eine Befragung unter allen Dozenten durchführen, wer was benötigt. Auf der Basis der Auswertung könne dann eine Einschätzung erfolgen, was die Mehrheit der Honorarkräfte möchte und welche nächsten Schritte eingeleitet werden sollten, teilte die neue Bildungsbeigeordnete Noosha Aubel (parteilos) mit. Klar sei aber auch: Wenn die Honorare erhöht werden sollten, dann dürfe dies nicht eine erneute Erhöhung der VHS-Nutzergebühren nach sich ziehen.

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Kommentar: Potsdams neue Sozialbeigeordnete könnte sich eine bessere Bezahlung für VHS-Dozenten auf die Fahnen schreiben, meint PNN-Autorin Valerie Barsig in ihrem Kommentar. 

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