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Blick durch den Gartenzaun. Am Wochenende durften Teilnehmer einer Fototour in der Villa Kellermann fotografieren. Öffentlich gezeigt werden dürfen die Bilder aber nicht.

© J. Bergmann

Villa Kellermann in Potsdam: Wer will noch mal, wer hat noch nicht?

Eine Berliner Agentur veranstaltete am Wochenende Fototouren durch die geheimnisumwitterte Villa Kellermann am Heiligen See. Über den neuen Eigentümer wird allerdings weiter geschwiegen.

Berliner Vorstadt - Das sei jetzt die wirklich allerletzte Chance, in die Villa rein zu kommen, danach, so schreibt die Agentur Fototouren Berlin, „wird es keine Möglichkeit mehr geben, das Gebäude oder Gelände zu betreten“. Dramatisch klingt das, und zum Teil stimmt es wohl auch: In dieser Woche sollen die Sanierungsarbeiten in der Villa Kellermann beginnen. Doch Samstag und Sonntag war das seit Jahren leerstehende Gebäude noch einmal geöffnet – für Hobbyfotografen der sogenannten Lost-Places-Szene als auch für spontane neugierige Besucher. Für 20 Euro – ein Sonderpreis, normalerweise kosteten exklusive Foto-Touren weitaus mehr, so hieß es vom Veranstalter – durfte man sich das Bauwerk von oben bis unten anschauen.

Die prächtige Villa am Heiligen See, Baujahr 1914, hat einen neuen Eigentümer, der sie sanieren und zu einer Wohnstätte ausbauen lassen wolle, so eine Mitarbeiterin der Fototour. Das Hause sei „architektonisch eine super Perle“, zwei Jahre sei sie den Besitzern deshalb hinterher gerannt, um eine Tour darin durchführen zu können.

Wer hat die Villa gekauft?

Auf die Frage nach dem Namen des Eigentümers lächelt sie charmant. Keine Auskunft, keine Namen. „Wollen Sie noch Kaffee?“ Wer die Villa gekauft haben soll, ja, das ist in Potsdam schon fast ein offenes Geheimnis. Berichterstattung dazu aber wird nicht gewünscht – und das ist wird bislang presserechtlich mit Blick auf das Recht auf Privatsphäre auch durchgesetzt. Vor allem die Potsdamer können die Geheimniskrämerei über das Haus allerdings nicht verstehen. „So ein Quatsch, irgendwann kommt es ja doch raus“, sagt eine, die gerade den kleinen Uferpavillon fotografiert hat. Sie kennt die Villa noch aus DDR-Zeiten, als es Kulturhaus war und seinen Namen von dem DDR-Schriftsteller Bernhard Kellermann bekommen hatte. Sie war mit ihren Kolleginnen sogar einmal im Restaurant gewesen, damals durchaus etwas Besonderes.

Unter den Hobby-Fotografen sind auch Teilnehmer von weiter her, ein Paar aus Thüringen, eines aus Hameln. Am Samstag sind es knapp 100 Gäste, am Sonntag weniger, und trotzdem stehen sich die Fotografen oft gegenseitig im Weg und brauchen Geduld, wenn sie die Bausubstanz menschenleer einfangen wollen.

Villa Kellermann ist gut erhalten

Wunderbar erhalten sei das Haus, sagt einer, „ich staune über die Fußböden“. Es gibt noch mehr zu staunen, über tadellose Stuckdecken, Deckenhöhe gut vier Meter, originale Fenster, Türen und Beschläge, seidige Strukturtapeten mit Blumenranken, in denen sich malerische Pfauen oder Reiher recken. Beliebtes Fotomotiv: die geschwungene Holztreppe durch das großzügige Entrée. Die Fotografen erkunden – auf eigene Gefahr – alle Räume vom Keller bis zum Dachboden. Der nach trockenem Holz duftet. Hier und da finden sich Reste einer vergangenen Nutzung, sanitäre Anlagen aus den 1990ern oder ein Streifen DDR-Fliesentapete. Ansonsten ist die Villa erstaunlich gut in ihrer originalen Raumaufteilung erhalten. Und könnte vom Schick der ersten Jahre erzählen, als hier Zeremonienmeister W. von Hardt wohnte, ein großes geselliges Haus führte mit technischen Raffinessen wie einem Speisenaufzug. Den es noch gibt.

Die Villa vis à vis des Marmorpalais’ hat ihren Besitzern und Nutzern immer nur kurz Glück gebracht. Sie gehörte unter anderem dem jüdischen Bankier Emil Wittenberg, den die Nazis enteigneten, die Wehrmacht übernahm das Haus. Nach 1945 wurde es Kulturhaus der DDR, nach der Wende übernahm der Immobilienhändler Johannes Rey die Villa von der Jewish Claims Conference. Maximilian Dreiers Ristorante „Villa Kellermann“ zog ein, dann ersteigerten Hans-Joachim Sander und seine Frau Gisa, Wella-Erbin, die Villa – seitdem steht sie leer.

Am gestrigen Sonntag gibt es Kaffee und Würstchen im Vorgarten, Nachbarn bleiben stehen und schauen, was da los ist. Wieder Filmarbeiten? Vor kurzem drehten hier unter anderem Iris Berben und Jürgen Vogel. Im Film soll es um ein Familiengeheimnis gehen. Geheimnisse hat man hier ganz gerne.

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