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Ines R. (r, mit dunkler Kapuze) wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt.

© dpa

Update

Vierter Prozesstag im Fall Oberlin: "Völlig von der Rolle" - so erlebte der Ehemann die Angeklagte nach der Tat

Ines R. wird vierfacher Mord zur Last gelegt. Laut ihres Ehemanns Thimo R. war die Angeklagte in den Wochen vor der Tat in schlechter körperlicher und mentaler Verfassung.

Potsdam - Der Prozess wegen der Tötung von vier Schwerstbehinderten im Potsdamer Oberlinhaus ist am Donnerstag fortgesetzt worden. Am vierten Verhandlungstag vor dem Landgericht Potsdam sagte auch der Ehemann der angeklagten Ines R. aus. 

Thimo R. schilderte vor Gericht, wie seine Frau am Abend nach der Tat nach Hause gekommen sei. Sie habe apathisch gewirkt, „völlig von der Rolle“, und habe vor sich hingemurmelt, dass bei der Arbeit etwas Schlimmes passiert sei soll. Sie habe Menschen etwas angetan. 

Daraufhin habe er zweimal beim Thusnelda-von-Saldern-Haus angerufen. Beim ersten Mal habe ihm eine Mitarbeiterin mitgeteilt, dass alles in Ordnung sei. Beim zweiten Mal habe er die Kollegin dann gebeten nachzuschauen, es müsse etwas passiert sein. Daraufhin sei die Frau in die Zimmer gegangen und habe die Opfer entdeckt. 

Ines R., ehemalige Pflegekraft des Heims, ist wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt. Sie soll am Abend des 28. April in dem Wohnheim vier wehrlose, teils vollständig gelähmte Bewohner im Alter zwischen 31 und 56 Jahren mit einem Messer in ihren Zimmern angegriffen und tödlich verletzt haben. Eine 43 Jahre alte Bewohnerin überlebte schwer verletzt nach einer Notoperation. Die Staatsanwaltschaft geht von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit aus. Bislang hat sich die Angeklagte nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Ehemann berichtete von psychischen Problemen

In den Wochen vor der Tat sei es seiner Frau, die immer psychische Probleme gehabt habe, körperlich und mental noch schlechter gegangen als sonst, sagte Thimo R.. Sie hätten sich darüber unterhalten, dass sie sich besser wieder in stationäre Behandlung begeben solle. Am 29. April, dem Tag nach der Tat, hätten sie ihre Psychiaterin deswegen konsultieren wollen.

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Auch von Überlastung bei der Arbeit habe seine Frau immer wieder berichtet. Aber sie habe ihre Arbeit mit den schwerstbehinderten Menschen geliebt. Pflege sei „ihr Leben“ gewesen. Das Paar kennt sich seit 35 Jahren. Er habe sie immer als sehr liebevolle Frau erlebt. Sie sei, auch den beiden Kindern gegenüber, nie aggressiv geworden.

Angeklagte hegte laut Psychiaterin Selbstmordgedanken

Zuvor hatte eine Psychiaterin, bei der Ines R. (52) seit 2016 in Behandlung war, ausgesagt. Ihre Patientin habe unter teils schweren Depressionen gelitten, zudem habe der Verdacht auf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung bestanden. Selbstmordgedanken hätten bei Ines R. immer eine Rolle gespielt. Die Arbeit mit ihrer Patientin sei „ein Ringen ums Überleben“ gewesen. Sie habe Medikamente bekommen, „damit sie am Leben bleiben kann“. Die Angeklagte hatte die Ärztin von ihrer Schweigepflicht befreit. Sie habe keine Erklärung für die „archaische Wut“ der Tat.

In den Gesprächen hätte auch die berufliche Belastung eine große gespielt. „Sie hatte immer den Anspruch, ihre Arbeit zu schaffen“, so die Zeugin, denn gleichzeitig habe sie ihre Arbeit gemocht. 

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