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Viele Potsdamer:innen arbeiten im Gesundheitswesen.

© Jens Wolf / dpa

Viele Dienstleistungen, weniger Handwerk: In diesen Berufen arbeiten die Potsdamer

Der Arbeitsmarkt verändert sich, auch Corona hatte einen Einfluss. Immer mehr Leute studieren, immer weniger üben ein Handwerk aus. Das zeigt die Statistik.

Potsdam - Weniger Handwerker, mehr Arbeitslose, mehr Studierende - das Jahr 2020 hat Spuren in Potsdams Wirtschaft hinterlassen. Doch der Arbeitsmarkt in der Stadt hat sich schon in den vergangenen zwanzig Jahren stark verändert. Deutschlandweite Phänomene wie Handwerkssterben und eine zunehmende Akademisierung zeigen sich auch in der Brandenburger Hauptstadt. Solche Entwicklungen fasst die Potsdamer Stadtverwaltung jedes Jahr in einem Statistischen Bericht zusammen. Der für das Coronajahr 2020 wurde Anfang Oktober veröffentlicht. 

Er zeigt, welchen Einfluss die Pandemie auf Potsdams Wirtschaft hatte. Aber er zeigt auch langjährige Entwicklungen, die sich immer weiter verfestigen. Ein Überblick, wo die Potsdamer arbeiten, wie viel sie arbeiten, und was sie dadurch einnehmen. 

Trotz Lockdown wurden im Jahr 2020 mehr Gewerbe angemeldet als abgemeldet. Die Zahl der Gewerbe in Potsdam ist also leicht gestiegen, um 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wachsende Branchen sind dem Bericht zufolge die Informations- und Kommunikationsbranche. Dort sind 29 Gewerbe mehr ansässig als im Vorjahr, insgesamt sind es 994 in diesem Bereich. Auch gestiegen ist die Zahl der Gewerbe, die Finanz- und Versicherungsdienstleistungen erbringen. In Potsdam gibt es 597 im Jahr 2020, zwölf mehr als im Vorjahr. Einen Zuwachs verzeichnen auch Gewerbe zur Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen: 2020 waren es 1350, im Jahr 2019 erst 1304. 

Mehr Gewerbe im Bereich Bildung, viele arbeiten im Gesundheitswesen

Interessant ist auch, dass im Coronajahr mehr Gewerbe im Bereich Erziehung und Unterricht in Potsdam angemeldet wurden: Mit 352 Gewerben waren es 38 mehr als 2019. Das Gesundheits- und Sozialwesen ist in Potsdam generell stark vertreten: 15,9 Prozent der Arbeitnehmer:innen in Potsdam sind in diesen Berufen tätig. Im Öffentlichen Dienst sind 29.490 Potsdamer:innen angestellt, rund 120 mehr als im Vorjahr.

Abwanderung. Die Zahl der Handwerksbetriebe sinkt seit Jahren.
Abwanderung. Die Zahl der Handwerksbetriebe sinkt seit Jahren.

©  Andreas Klaer

Eine Branche, die – seit Jahren – leidet, ist das Handwerk. Das sogenannte Handwerkssterben äußert sich in Potsdam so: Aus dem Statistikbericht geht hervor, dass gerade das zulassungspflichtige Gewerbe in Potsdam von 2019 auf 2020 stark abgenommen hat. In der Stadt sind noch 811 solcher Gewerbe ansässig, das sind 16 weniger als noch 2019.

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Branchenspezifisch ist dieser Trend besonders im Elektro- und Metallgewerbe, aber auch im Baugewerbe zu beobachten. Allerdings ist beim Baugewerbe eine Besonderheit auffällig: Der Umsatz pro Beschäftigtem ist im Jahr 2020 gestiegen von ca. 159.000 auf 168.000 Euro. Auch das Bruttoentgelt pro Beschäftigtem ist im Jahresdurchschnitt gestiegen auf 38.884 Euro, im Vorjahr waren es etwa 1300 Euro weniger.

Die Handwerkskammer beklagt den Rückgang nicht

Die Handwerkskammer Potsdam zeigt sich allerdings optimistisch: Das Minus von 16 Betrieben sei „kein signifikanter Rückgang“, teilt die Sprecherin der Handwerkskammer mit. Es könne mehrere Ursachen haben: Zum Beispiel altersbedingte Betriebsaufgabe oder eine Verlegung des Unternehmenssitzes. „Die Betriebe teilen uns die Gründe nicht mit.“ Vergleiche man die beiden Jahre 2019 als Vor-Corona-Jahr und 2020 als Corona-Jahr freue sich die Handwerkskammer, „dass die Betriebszahlen sich so stabil und robust gezeigt haben“. Im Jahr 2019 waren 827 zulassungspflichtige Gewerbe gemeldet. Im Jahr 2018 waren es noch 846.

Welchen Beruf man ergreift hängt zu großen Teilen von der Ausbildung ab. In Potsdam studieren immer mehr Menschen, im Wintersemester 2020/21 studierten insgesamt 22.000 Personen an Potsdamer Universitäten und Fachhochschulen. Das sind 3,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Und rund 2000 Personen mehr als im Wintersemester 2016/17. Auch die Zahl  der Potsdamer mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss ist stark gewachsen: Allein zwischen 2015 und 2019 wurden es rund 10.000 mehr.

Allgemein, so zeigt der Jahresbericht, ist der Wohlstand in Potsdam gestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt der Stadt lag im Jahr 2019 bei 7.992 Millionen Euro. Damit machte es zehn Prozent des Brandenburger Bruttoinlandsprodukts aus, so viel wie seit 2003 nicht mehr. Für 2020 liegen noch keine Daten vor. Ein Erwerbstätiger steuerte im Schnitt 68.344 Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei – die Tendenz war über die vergangenen Jahre stets steigend. Der stärkste Wirtschaftssektor Potsdams war 2019 – und auch hier bestätigt sich ein jahrelanger Trend – das Dienstleistungsgewerbe. Im speziellen betrifft dies Dienstleistungen im Bereich Erziehung und Gesundheit sowie für private Haushalte. Diese brachten im Jahr 2019 einen gesamtwirtschaftlichen Mehrwert von 2.346 Millionen Euro ein.

Wenige Insolvenzen, mehr Arbeitslose

Aber wer profitiert von dem Wachstum? Ein Indiz dafür, dass es nicht allen Potsdamern wirtschaftlich besser geht, ist die Zahl der Mehrfachbeschäftigten, also derer, die mehr als einen Job ausführen. Die Zahl ist seit 2013 leicht gestiegen auf 4,8 Prozent. Allerdings sind weitaus weniger Potsdamer:innen ausschließlich geringfügig beschäftigt: 14,1 Prozent waren es 2003, im Jahr 2020 waren es 7,1 Prozent. Unter allen Beschäftigten arbeiten knapp 60 Prozent in Vollzeit und gut 40 Prozent in Teilzeit.

2020 haben 33 Unternehmen in Potsdam eine Insolvenz angemeldet. Das ist im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren eine niedrige Zahl. Die meisten Insolvenzen (12) wurden von Unternehmen im Dienstleistungsbereich angemeldet.

Die Arbeitslosenquote lag 2020 bei sechs Prozent, damit ist sie um 0,6 Prozentpunkte gestiegen im Vergleich zu 2019. Insgesamt waren mehr Männer (3375) als Frauen (2382) arbeitslos. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im Vergleich zu 2019 um 7,3 Prozent gestiegen.

Die Bundesagentur für Arbeit Potsdam erklärt den Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 durch die Coronapandemie und die Lockdowns. An den Zahlen von 2021, die der Bundesagentur für Arbeit vorliegen, würde man aber erkennen, dass sich der Arbeitsmarkt erholt und im Vergleich zu 2020 etwas verbessert hätte, wie ein Sprecher mitteilt. 

Frauen arbeiten noch immer prekärer

Auch zwischen den Geschlechtern sind Unterschiede erkennbar: Insgesamt sind in Potsdam mehr Frauen (47.660) als Männer (39.850) sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die berufliche Benachteiligung von Frauen zeigt sich vielmehr an folgenden Kennzahlen: Mehr Frauen (4538) als Männer (3801) sind ausschließlich geringfügig beschäftigt, also verdienen nicht mehr 450 Euro im Monat. Außerdem machen mehr Frauen (3165) als Männer (2428) mehrere Jobs – ein Indiz dafür, dass das Gehalt aus nur einem Job nicht reicht.

Die Zahl der Pendler ist im Vergleich zu 2019 etwa konstant geblieben bei rund 35.000 Personen. Die meisten Berufspendler, die in Potsdam arbeiten, kommen aus Berlin (14.773). Es folgen Brandenburg an der Havel und an Potsdam angrenzende Kommunen von Potsdam-Mittelmark (je 1000 bis 3099 Pendler). Bis zu 1000 Pendler kommen unter anderem aus Cottbus und Frankfurt (Oder) zum Arbeiten nach Potsdam.

Umgekehrt zieht es auch Potsdamer:innen für die Arbeit in andere Landkreise: 19.236 Potsdamer:innen arbeiten in Berlin. Am zweibeliebtesten sind Brandenburg an der Havel und Werder (Havel) mit je 500 bis 1.346 Pendlern.

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