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Pensioniert, aber noch gefragt: Auch wer aus dem Berufsleben schon ausgeschieden ist, kann als Vertretungslehrer zum Einsatz kommen. Schulen in Potsdam-Mittelmark haben dafür ihr eigenes unbürokratisches System.

© Boris Roessler

Landeshauptstadt: Vertretung selbst organisiert

Schulen in der Region Teltow nutzen lieber das kommunale Vertretungsbudget als die neue Alternative vom Land, weil das einfacher und schneller ist

Region Teltow - Es könnte so einfach sein: Ein Lehrer meldet sich krank – doch statt Direktoren den Ausfallplan ihrer Schule ergänzen, lassen sie andernorts ein Telefon klingeln: Pensionierte Lehrer oder junge Referendare könnten einspringen und Unterrichtsausfall verhindern.

Was in Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf seit mehr als drei Jahren auf Kosten der Kommunen gut funktioniert, sollte seit Anfang des Jahres endlich landesweit Schule machen: ein Vertretungsfonds, bezahlt aus der brandenburgischen Staatskasse. Doch bei den Erfindern des Fonds im Raum Teltow entlastet das Modell die Stadtkassen bislang nicht.

Das vom Bildungsministerium seit Anfang des Jahres aufgelegte zehn Millionen Euro schwere Vertretungsbudget wird von den Schulen in der Region kaum angenommen. Zu langsam und zu bürokratisch sei das Landesmodell im Vergleich zu kommunalen Lösungen. „Bisher ist es nicht allzu oft gelungen, die Landesvertretungsreserve in Anspruch zu nehmen“, berichtete Michael Belkner, Fachbereichsleiter für Schule und Soziales im Teltower Rathaus. Dabei hatte die Stadt aufgrund des Landesbudgets gehofft, die eigene Kasse zu entlasten. Das Gegenteil ist der Fall.

„Das Budget, das wir in den städtischen Haushalt einstellen, ist immens“, sagte Belkner. In den vergangenen drei Jahren seien die Ausgaben für den kommunalen Schulfonds stetig gestiegen. Von 391 vertretenen Stunden im Jahr 2011 hat sich die Zahl jährlich verdoppelt auf nun 1477 Unterrichtstunden im Jahr 2013. Das kostete zusammen rund 40 000 Euro. Tendenz steigend, weil die Schulen auch im Jahr 2014 auf den kommunalen Fonds zurückgreifen.

Auch in Kleinmachnow, wo es den Vertretungsfonds der Gemeinde seit knapp fünf Jahren gibt, wurden laut Rathaussprecherin Martina Bellack im vergangenen Jahr noch 9,5 Prozent aller Unterrichtsstunden aus der Stadtkasse bezahlt. Das ist zwar etwas weniger als in den Vorjahren – aber auch 2014 wird der Kleinmachnower Fonds rege genutzt, trotz Alternative vom Land. „Die Schulen beantragen gerne die Vertretungskräfte bei uns, weil es unkomplizierter und in dringenden Fällen schneller geht“, so Bellack.

Die Stahnsdorfer Gemeindevertreterin Regina Schwarz (BfB) kann das nur bestätigen: Das Bewerbungsverfahren für die Ersatzkräfte sei beim Land zu aufwendig. Lieber nutzten Helfer und Schulen den Förderfonds der Kommune. „Wir haben das Land dazu gebracht, den Ausfallfonds ins Leben zu rufen, jetzt müssen wir es in Verantwortung nehmen, dass er funktioniert“, sagt Schwarz. Das Bildungsministerium müsse das Verfahren vereinfachen. „Ich glaube, dass das möglich ist.“

Ministeriumssprecher Stephan Breiding sieht das anders: Um das Vertretungsbudget des Landes zu nutzen, bedarf es gewisser Formalitäten, sagt er. Ohnehin soll das Modell mittelfristig wirken. „Es geht nicht, auf Anruf Ersatz zu beschaffen.“ Zwei bis drei Wochen müssten Schulen warten. Zudem müssen die Aushilfen nach Tarif bezahlt werden und pädagogische Vorerfahrungen nachweisen.

Erlaubt sind demnach nur Referendare oder pensionierte Lehrer – genau wie in der Region Teltow. Entsprechende Pools wurden dort angelegt, die Aushilfslehrer arbeiten trotzdem nicht für das Land. „Das formale Verfahren beim Land ist vielleicht komplexer“, erklärt Breiding. Das Ministerium werde den eigenen Fonds deshalb auf den Prüfstein stellen müssen.

Wie viele Schulen das Landesmodell in Brandenburg nutzen, ist noch nicht erfasst. 3000 bis 16 000 Euro pro Jahr und pro Schule stehen je nach Größe der Einrichtung zur Verfügung. Vor allem Oberstufenzentren hätten ihr Budget bereits aufgebraucht. „Wenn die Kommunen im Raum Teltow bereit sind, doppelt zu bezahlen, müssen sie das entscheiden.“ Auf lange Sicht werde sich das Landesmodell durchsetzen, ist Breiding überzeugt.

Der Teltower Stadtverordnete Eberhard Adenstedt (Grüne) kann da nur mit dem Kopf schütteln: „Das Ministerium hat ein Verwaltungsmonster geschaffen“, sagt er, der sich ehrenamtlich im Landeselternrat engagiert. Zwei Wochen Wartezeit? Das schrecke Schulen zurecht ab. „Wir können froh sein, dass wir städtische Reserven haben.“ Tobias Reichelt

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