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Vor die Hunde gegangen? Seit Jahren ringt Potsdam um ein neues Tierheim. Wann eines steht, ist offen.

© dpa

Landeshauptstadt: Vertragspoker um das Tierheim

Stadt und Tierschutzverein streiten sich über das Sago-Gelände. Experten kritisieren, das Rathaus habe einen Knebelvertrag vorgelegt

Die Pläne für ein Tierheim in Potsdam drohen erneut zu scheitern. Die Verhandlungen zwischen Stadt und Tierschutzverein – der für den Bau des Heims das Sago-Gelände an der Michendorfer Chaussee kaufen will – gestalten sich äußerst schwierig. Nach PNN-Recherchen raten Experten dem Tierschutzverein (TSV) dringend davon ab, den von der Stadt vorgelegten Vertragsentwurf zum Kauf des Grundstücks zu unterzeichnen, von einem Knebelkontrakt ist sogar die Rede.

Diese Auffassung vertritt etwa der Deutsche Tierschutzbund (DTB), in dem auch der TSV Mitglied ist. Beim DTB hat man den ersten von der Stadt vorgelegten Vertragsentwurf von Anfang April studiert. Sprecher Marius Tünte sagte gegenüber den PNN auf Anfrage: „Wir können den TSV vor einem voreiligen Vertragsabschluss nur warnen.“

Zum Hintergrund: Wie berichtet hatte im Dezember eine Mehrheit im Hauptausschuss entschieden, dass der TSV das Sago-Gelände für 121 000 Euro erwerben darf, ein weiterer Mitbewerber ging leer aus. Damit sollte – so das Kalkül vieler Stadtpolitiker – das seit Jahren ungelöste Tierheim-Problem vor der Kommunalwahl vom Tisch kommen. Doch schon damals waren die hohen Hürden auffällig, die die Stadt aufgestellt hatte: Mit insgesamt mehr als 500 000 Euro im Voraus müsse gerechnet werden, etwa für die Erschließung des Grundstücks, hieß es im Exposé für das Grundstück. Auch war in der Ausschreibung von einem Grundstück für eine Tierbetreuungseinrichtung die Rede, nicht von einem Tierheim. Mit diesem Passus, hieß es damals, habe der Käufer auch keinen Anspruch, die kommunal finanzierte Pflichtaufgabe der Fund- und Verwahrtierbetreuung zu übernehmen, die derzeit vom Pfötchenhotel in Beelitz erfüllt wird. Mit den genannten Forderungen ist die Stadt auch in die Verhandlungen mit dem TSV gegangen – nun warnen Experten den TSV, darauf einzugehen. In einer Stellungnahme zum Vertragsentwurf erklärte eine Rechtsexpertin des Tierschutzbundes, die Vereinbarung berge Anzeichen eines Knebelvertrags. Unter anderem befinde sich das Areal in einem kampfmittelbelasteten Gebiet und sei im Altlastenkataster der Stadt registriert – daher sei unklar, ob das Gebiet überhaupt für eine Nutzung infrage komme. Die Stadt lehne zugleich jegliche Haftung für Risiken ab, so die Juristin. Offiziell sagte DTB-Sprecher Tünte: „Richtig und anständig wäre es, wenn die Stadt mit dem Vertrag auch einen Fundtierkostenvertrag mit dem TSV aushandelt, der eine stabile wirtschaftliche Grundlage bietet.“ Doch der Vertrag mit dem Pfötchenhotel läuft noch bis Ende des Jahres, dann wird vermutlich neu ausgeschrieben – mit ungewissem Ausgang für alle Bewerber.

Vor diesem Hintergrund riet der vom TSV eingeschaltete Berliner Anwalt Holger Sievers nach PNN-Informationen noch vor wenigen Wochen dringend vom Abschluss des Kaufvertrags ab – aus ähnlichen Gründen wie der DTB. Sievers monierte zudem, dass sich die Stadt Potsdam weitgehende Rücktrittsrechte von dem Vertrag sichern wolle. Eine der verwendeten Klauseln grenze an den Bereich des Sittenwidrigen. Insgesamt werde der TSV einseitig durch die Stadt belastet.

Die Öffentlichkeit erfährt von derlei Differenzen nichts – laut Beteiligten, um das durch heftigen Streit in der Vergangenheit fragile Verhältnis zwischen Stadt und TSV nicht wieder zu belasten. Ende 2007 hatte die Stadt das vom TSV betriebene Tierheim am Wildpark geschlossen, in der Folge scheiterten mehrere Anläufe für einen Neubau. TSV-Chef Niklas Wanke sagte den PNN, der Verein sei mit den Verhandlungspartnern auf einem guten Weg. Man wolle bei einer so wichtigen Entscheidung aber keinen Zeitdruck entstehen lassen. Auch Stadtsprecherin Christine Weber sagte, ihr seien keine Probleme bei den Verhandlungen bekannt, ein Abschluss könnte in den kommenden Wochen erzielt werden. Am heutigen Mittwochabend will die Stadtspitze den Hauptausschuss über den Stand der Verhandlungen informieren – hinter verschlossenen Türen.

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