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Landeshauptstadt: Verspätung am Bürgerbahnhof

Gastronom Josef Laggner wollte das Fachwerk-Juwel schon vor zwei Jahren eröffnen. Nun soll die Sanierung im Herbst beendet sein

Potsdam-West - Josef Laggner ist sich nicht sicher. „Ich wüsste nicht, ob ich es noch einmal machen würde“, sagt der Berliner Gastronom. Wenn er geahnt hätte, welche Mammutaufgabe die Sanierung des Bürgerbahnhofs bedeutet, hätte er die Finger davon gelassen. Nun aber befindet sich die Restauration des einzig erhaltenen Potsdamer Bahnhofsgebäudes in Potsdam aus der frühen Zeit der preußischen Eisenbahnen auf der Zielgerade. „Im September wollen wir die Eröffnung feiern“, sagt Laggner.

Der erfolgreiche Gastro-Unternehmer, der in Potsdam bereits das Krongut Bornstedt bewirtschaftet, hat vor drei Jahren den von der Stadt zur Sanierung ausgeschriebenen Bahnhof am Park Sanssouci gekauft. Ein Biergarten mit 400 Plätzen und ein Restaurant für 80 Gäste will Laggner in dem Fachwerk-Juwel unterbringen. Ein Teil soll an einen Zeitungs- und Tabakladen vermietet werden. Schon mehrfach hatte Laggner einen Eröffnungstermin angekündigt und dann wieder korrigieren müssen. Der anvisierte Eröffnungstermin im Sommer 2011 war kühn gerechnet, die zähen Abstimmungen mit dem Potsdamer Denkmalpflegeamt hatte Laggner nicht im Kalkül. Auch der Streit um die Wiedereinrichtung eines früheren Lenné-Gartens, die sich dann als nicht machbar erwies, kostete Zeit. Schließlich musste die geplante Fertigstellung im Sommer 2012 revidiert werden: Die Sanierung des 1868/69 errichteten Fachwerkbaus mit Klinkern offenbarte sich aufwendiger als gedacht. Zu den veranschlagten 1,5 Millionen Euro sei nach Laggners Worten ein höherer sechsstelliger Betrag an Mehrkosten gekommen.

Pilz- und Schwammbefall machten nahezu einen kompletten Austausch der Holzkonstruktion erforderlich. „Von der alten Variante des Bahnhofs gibt es nur noch ein paar Holzbalken“, sagte Laggner gegenüber den PNN. Der untere Teil der Außenfassade wurde vollständig erneuert. „Wir haben den Bahnhof quasi angehoben und den unteren Meter abgeschnitten“, beschreibt der Gastronom die aufwendigen Arbeiten. Diese sind in enger Abstimmung mit der Denkmalpflegebehörde erfolgt. Auch dies habe dazu geführt, dass die Sanierung des Bahnhofs länger als geplant dauert. „Es mussten zahlreiche neue Gutachten angefertigt und zunächst von der Denkmalpflege bewertet werden“, erklärte Laggner. Zudem sei es nicht immer leicht gewesen, versierte Handwerksfirmen für die anspruchsvolle Sanierung zu finden. Hinzu komme, dass Leitungen für Strom und Wasser so gut wie nicht vorhanden gewesen seien und erst installiert werden mussten. Auch der Anbau hinter dem eigentlichen Bahnhofsgebäude sei Laggner zufolge total marode gewesen. Dass der Bürgerbahnhof, der anders als der vis-à-vis gelegene Kaiserbahnhof öffentlich zugänglich bleibt, überhaupt noch steht, ist ein Glücksfall. Der damalige Bahnkonzernchef Hartmut Mehdorn persönlich hatte 2005 von den Stadt- und Landesoberen den Abriss des maroden Denkmals gefordert. Er war in den Augen des einstigen Chefeisenbahners nicht repräsentativ genug für den gerade schmuck sanierten Kaiserbahnhof, der als Akademie für Führungskräfte der Deutschen Bahn AG dient. Dabei diente der Bürgerbahnhof nach seiner Fertigstellung durchaus auch dem Empfang königlicher Gäste, bis Kaiser Wilhelm II. den Neubau eines eigenen Bahnhofs verlangte. Er wünschte nicht mit einer öffentlichen „Bazillenkutsche“ in Berührung zu kommen. 1909 wurde dann 100 Meter weiter der Kaiserbahnhof eingeweiht.

Heute äußern sich die Regenten der Stadt sehr viel wohlwollender über den Bürgerbahnhof. Durch den Kauf des 5683 Quadratmeter großen Areals von der Bahn für einen symbolischen Preis und die daraus folgende Ausschreibung hat die Stadt den Erhalt überhaupt erst möglich gemacht. Die Sanierungsarbeiten wurden von den städtischen Behörden intensiv betreut. „Wir hatten bisher keine Beanstandungen“, heißt es aus dem Rathaus.

Architektonische Rarität

Der Bürgerbahnhof entstand 1869 mit dem zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn. Der Fachwerkbahnhof gilt in seiner Architektur als sehr selten in Brandenburg. Das denkmalgeschützte alte Bahnhofsgebäude wurde im Jahr 2006 an die Stadt Potsdam verkauft, die dann die Sanierung ausschrieb. Die denkmalgerechte Rekonstruktion war für Ende 2006/Anfang 2007 geplant. Der Potsdamer Kulturverein

Rosenweiss e.V. hatte sich dieser Sache angenommen. Er organisierte Müllsammelaktionen auf dem Bahnhofsgelände, da im Laufe des Leerstandes der Bahnhofsbereich mit wilden Müllablagerungen übersät war. Zu einer Nutzung des Gebäudes durch den Verein ist es jedoch nicht gekommen. Auch der Maulwurf e.V. hatte Interesse für eine Nutzung als Sozialeinrichtung bekundet. Ebenso interessierte sich das Studentenwerk für das Gebäude. (pek)

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