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2016 übernahm Johannes Lang die Stelle des Kantors der Friedenskirche Sanssouci. 

© Sebastian Gabsch

Verkündigung mit Glocken und Orgeln: Kantor der Friedenskirche wechselt nach Leipzig

Johannes Lang war bereits als Kind in seiner Heimatgemeinde am Niederrhein für das pünktliche Glockenläuten verantwortlich. 2016 kam der Kantor nach Potsdam - nun geht seine Reise weiter.

Potsdam - Die vier Glocken im Campanile der Friedenskirche Sanssouci tragen diese Namen: Gloria (Ruhm), Pax (Frieden), Clementia (Milde), Gratia (Dank). Dass die schweren Bronzewerke zwei Weltkriege überstanden haben, hört man nicht. Ihr Klang vermittelt einen Hauch von Ewigkeit und ihre Botschaft ist heute noch genauso aktuell wie vor rund 170 Jahren, als sie gegossen wurden. 

Der derzeitige Kantor Johannes Lang hat zusammen mit einer Gruppe junger Menschen das Glockenwerk inventarisiert und zu jeder Zeit an jedem Ort hörbar gemacht. Auf der virtuellen Glockenlandkarte createsoundscape.de kann man im Internet den Klang der Glocken von Sanssouci hören.

Bereits mit sechs Jahren für das Glockenläuten verantwortlich

Schon als Kind war Johannes Lang vom Klang der Kirchenglocken fasziniert. Bereits mit sechs Jahren durfte er in seiner Heimatgemeinde am Niederrhein für das pünktliche Glockenläuten verantwortlich sein. Später machte der Kirchenmusiker und Konzertorganist noch eine Zusatzausbildung als Glockensachverständiger. Seit bald fünf Jahren sorgt Johannes Lang in der Friedenskirche Potsdam Sanssouci für den rechten Orgelklang im Gottesdienst, begeistert mit Improvisationen und führt große Werke mit dem Oratorienchor und dem Vocalkreis auf. Als er die Stelle antrat, war er mit 27 Jahren der jüngste Bewerber, der aus dem anspruchsvollen Auswahlverfahren als Gewinner hervorgegangen war. Nun ist er auch der erste, für den die Stelle an der Friedenskirche keine Lebensstelle sein wird.

Im neuen Jahr übernimmt Johannes Lang den ehrenvollen Posten des Organisten an Thomaskirche in Leipzig, nachdem er unter 33 hochqualifizierten Kandidaten ausgewählt wurde. Dass der vielfach ausgezeichnete Organist damit in die Fußstapfen von Johann Sebastian Bach tritt, stimmt jedoch nicht ganz. Denn seit der Reformation wurde die Stelle von Kantor und Organist in der Thomaskirche meistens auf zwei Häupter verteilt. Der große Bach war offiziell ausschließlich für den Gesang in der Gemeinde zuständig, auch wenn er Oratorien und Orgelwerke schuf, die heute zum Größten gehören, das die Musikgeschichte kennt.

Ein Idol, das Lang immer wieder begeistert

Natürlich ist Bach ein Leib-und- Magen-Komponist, ein Idol, das ihn immer wieder begeistert und bewegt, sagt Johannes Lang im Gespräch mit den PNN. Doch zugleich existiert bei seinem neuen Amt eine persönliche Komponente. Lang zählt eine ganze Reihe von Musikern in seiner Familie. Dass bereits sein Urgroßvater Günther Ramin über Jahrzehnte als Organist aber auch als Kantor an der Thomaskirche wirkte, fühle sich so an, als ob sich ein Kreis schließen würde. 

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In Leipzig bieten sich Johannes Lang großartige Gelegenheiten zum Orgelspiel in allen Facetten. Schließlich stehen dem Thomasorganisten gleich zwei Instrumente zu Verfügung. Auf der Westempore der Kirche thront die berühmte Sauer-Orgel, eine der geschichtsträchtigsten Orgeln in Deutschland aus der Hochromantik. Generationen von Kirchenmusikstudenten spielten auf ihr und so berühmte Musiker wie Max Reger, dessen sublime Orgelwerke von der damals hochmodernen Sauerorgel angeregt wurden.

Auf der Nordempore steht dagegen – wie in der Friedenskirche – eine neue Orgel des berühmten zeitgenössischen Baumeisters Gerald Woehl, die sogenannte Bachorgel. Kein anderes Instrument besitzt solch eine Fülle, Wandelbarkeit und bei aller Statik enorme Sinnlichkeit – für Johannes Lang ist die Orgel ein wahrhaft königlich. Von ihren Klängen könne man so eingehüllt werden, das man das Gefühl bekäme, ins Paradies zu gleiten, sagt Lang. 

Die Herzen der Menschen mit  intensiven Improvisationen bewegen

Diesen utopischen Moment kann ein guter Spieler allein mit seiner Musik ausdrücken. Genau deshalb spielt er besonders gern einfache Kirchenchoräle während des Gottesdienstes. Dabei begleitet er nicht einfach, sondern versucht mit intensiven Improvisationen die Herzen der Menschen zu bewegen. „Wie kann der Zuhörer bewegt werden, wenn der Spieler es nicht selbst ist“, zitiert Lang einen Satz von Carl Philipp Emanuel Bach, der ihn sehr geprägt hat.

Seine fünf Jahre in Potsdam erinnert Johannes Lang als wunderbares Geschenk, speziell die reiche Chorarbeit bedeutete viel für seine künstlerische und persönliche Entwicklung. Dass die Menschen dabei vielleicht näher zur Musik, zu sich selbst und vielleicht auch zum Glauben gelangten, war und ist ihm ein besonderer Wunsch. Es stimmt ihn sehr dankbar, dass er sich „orgelmäßig ins gemachte Bett legen konnte“. Mit der neuen Woehl-Orgel in der Friedenskirche stand ihm von Anfang an ein perfektes Instrument auf höchstem Niveau zu Verfügung. Zu den Höhepunkten in seiner Zeit zählen die Aufführungen der Matthäuspassion und des Dixit Dominus im Jahr 2019.

Orgelsommer läuft bis Ende September

Im offiziellen Jahr der Orgel gibt es in Potsdam viele Gelegenheiten, um in die bisweilen himmlischen Klänge einzutauchen. Noch bis Ende September läuft der Orgelsommer. Ein Fahrradkonzert führt in zwei Babelsberger Kirchen und nach Klein-Glienicke. Am Vorabend des Deutschen Orgeltages am 11. September soll eine lange Nacht der Orgel in Nikolaikirche, St. Peter und Paul und Französischer Kirche stattfinden. 

Doch die Orgel soll nicht nur allein erklingen, schon gar nicht in der Friedenskirche mit der wunderbaren Woehlorgel. So legt Johannes Lang dieses Jahr einen Schwerpunkt auf die Kammermusik mit außergewöhnlichen musikalischen Partnern wie Fagott und Saxophon. Und die vier markanten Glocken im Campanile der Friedenskirche läuten dazu genauso wie zur Zeit ihrer Entstehung und hoffentlich noch viel länger.

Babette Kaiserkern

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