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Die Tram nach Krampnitz soll auf einem eigenen zweigleisigen Bett neben der Bundesstraße 2 fahren. Besonders auf der Insel Neu Fahrland ist wenig Platz.

©  Lutz Hannemann

Verkehrsplanung für Krampnitz: Online-Bürgerbeteiligung für Tram 96 gestartet

Bis 20. September will die Stadt Anregungen, Fragen und Kritik zur neuen Tramtrasse sammeln. Für das Projekt muss das denkmalgeschützte Chausseehaus nördlich der Insel Neu Fahrland wohl abgerissen werden. 

Krampnitz - Für die neue Tramtrasse nach Krampnitz soll das denkmalgeschützte Chausseehaus weichen. Das sagte Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos) am Donnerstag. Der Denkmalschutz sei ein hohes Gut, aber die Tramstrecke habe einen hohen Nutzen für die Allgemeinheit. Grundsätzlich gebe es drei Möglichkeiten: Entweder werde es abgerissen oder das Chausseehaus nördlich der Insel Neu Fahrland werde verschoben oder die Tramstrecke verlagert. Letzteres scheint aber unwahrscheinlich. „Die jetzt skizzierte Trasse ist unsere Vorzugsvariante“, sagte Rubelt.

Der Plan: Erweiterung der Tramlinie 96 nach Norden nach Krampnitz
Der Plan: Erweiterung der Tramlinie 96 nach Norden nach Krampnitz

© PNN

Der detaillierten Trassenverlauf ist auf der Webseite der Stadt zu sehen. Dort stellen Verkehrsbetrieb (ViP) und Stadt das Großprojekt vor. Am Donnerstag starteten sie auch eine Online-Bürgerbeteiligung zur Tram nach Krampnitz. Bis 20. September können auf der Webseite Vorschläge gemacht und Kommentare abgegeben werden. Um mitmachen zu können, muss man sich registrieren. Beiträge und Kommentare werden innerhalb von 24 Stunden veröffentlicht. „Jede Veränderung bringt Bedenken“, sagte ViP-Geschäftsführerin Claudia Wiest. „Wir wollen eine differenzierte Diskussion auf Augenhöhe führen.“

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Vorschläge und Fragen sollen gebündelt beantwortet und gegebenenfalls in die Planung einbezogen werden. „Wir hoffen, das Projekt wird dadurch besser“, so Claudia Wiest. In fünf Rubriken können Anregungen und Hinweise abgegeben werden: Natur und Umwelt, Haltestellen und Angebote, Hinweise zum Bauverlauf, Streckenverlauf sowie Verkehr, Querungen und Sicherheit. Die Ergebnisse sollen in einer Dokumentation aufbereitet werden. Daraus soll auch hervorgehen, welche Rückmeldungen in das weitere Verfahren einfließen und welche nicht berücksichtigt werden können und auch weshalb. Alles soll im Spätherbst veröffentlicht werden.

Tramstrecke soll 2029 in Betrieb gehen

Mit dem Online-Bürgerdialog wollen Rathaus und Verkehrsbetrieb auf das große öffentliche Interesse an dem Projekt reagieren. Eigentlich hätte es im Frühjahr in Neu Fahrland und Fahrland dazu auch Bürgerversammlungen geben sollen. Diese fanden bisher wegen der Coronakrise nicht statt, sollen aber im Herbst nachgeholt werden, falls es die Pandemie zulasse. Anfang März hatte es wie berichtet eine erste Veranstaltung in Groß Glienicke gegeben.

Bernd Rubelt, seit 1. Januar 2019 Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt der Landeshauptstadt Potsdam.
Bernd Rubelt, seit 1. Januar 2019 Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt der Landeshauptstadt Potsdam.

© Andreas Klaer

Die Tram-Strecke soll 2029 in Betrieb gehen. Auf sieben Kilometern soll sie von der jetzigen Endhaltestelle am Campus Jungfernsee über die Insel Neu Fahrland durch Krampnitz nach Fahrland führen. Inzwischen hat die Entwurfs- und Genehmigungsplanung begonnen, bis Ende 2021 soll dies abgeschlossen sein. Dann wolle man das Planfeststellungsverfahren beginnen und Förderung beantragen. Baubeginn könnte dann 2025 sein. 2029 soll die Strecke bis Krampnitz West in Betrieb gehen. Bis die Tram fährt, sollen die neuen Bewohner zunächst Busse nutzen. Diese sollen ab Dezember 2023 fahren – mit dem Einzug der ersten Bewohner. Um ein Verkehrschaos im Norden zu vermeiden, hatte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) im vergangenen Jahr die Entwicklung vor Ort gedrosselt, demnach sollen bis 2029 maximal 5000 Menschen in Krampnitz leben.

Hat die Stadt für ihre Verkehrswirkungsanalyse mit veralteten Zahlen gerechnet?

Das Vorhaben ist umstritten. Besonders in Neu Fahrland und Groß Glienicke befürchten Anwohner ein Verkehrschaos. So hatte zuletzt Neu Fahrlands Ortsvorsteherin Carmen Klockow (Bürgerbündnis) behauptet, die Stadt habe in ihrer Verkehrswirkungsanalyse mit veralteten Zahlen gerechnet. Im Rathaus sieht man das anders: Tatsächlich stamme das Verkehrsflussmodell aus dem Jahr 2015. Es beschreibe auf Basis des vorhandenen Straßennetzes, wie sich der Autoverkehr anteilsweise verteilt, hieß es. Die absoluten Zahlen stammen aber aus Verkehrszählungen, die maximal zwei bis drei Jahre alt seien. An wichtigen Kreuzungen wie vor dem Dorint Hotel zähle man sogar zwei Mal jährlich. Auf dieser Basis habe man dann hochgerechnet, was passiert, wenn in Krampnitz zusätzlicher Verkehr entsteht.

Wie berichtet war das Ergebnis nicht sehr ermutigend. Eng würde es demnach zum Beispiel auch am Knotenpunkt zwischen der B2 bei Krampnitz und der Gellertstraße in Richtung Fahrland. Auch hier fürchten die Planer eine erhebliche „Verschlechterung der Verkehrsqualität“, gerade in der höchsten Ausbaustufe mit mutmaßlich 4100 zusätzlichen Autofahrten pro Tag. Bereits jetzt sei die B2 an ihrer Leistungsgrenze.

Stadtverwaltung und Verkehrsbetrieb sind optimistischer. „Krampnitz wird mit Einzelhandel, Schulen, Kitas und Ärzten auch ein attraktives Ziel für Bewohner der nördlichen Ortsteile“, sagte Rubelt. Dadurch würden viele Fahrten Richtung Innenstadt entfallen. Außerdem hofft man auf den Tram-Effekt: Im Potsdamer Süden würden fast 50 Prozent der Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln abgewickelt, im Norden bisher nur 30 Prozent. Da gebe es noch Potenzial.

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