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Bremsmanöver. Seit Ende August gilt auf der Zeppelinstraße Tempo 30. Das soll die Lärmbelastung verringern. Autofahrer sind verärgert.

© Johanna Bergmann

Verkehr in Potsdam: Stadt verteidigt Tempo 30

Autofahrer stöhnen über das neue Tempolimit in der Zeppelinstraße, das ab Ende August gelten soll. Der ADAC ist skeptisch und fordert nun begleitende Tests und Befragungen. Doch die Stadt Potsdam verteidigt diese Maßnahme.

Potsdam - Wieso jetzt? Wieso hier? Und wieso überhaupt? Bei Autofahrern aus der Stadt und dem Umland ist der Ärger über das neue Tempo-30-Limit in der Zeppelinstraße erwartungsgemäß groß, im Internet gab es eine regelrechte Empörungswelle – die Stadt verteidigte am Mittwoch indes den für die kommende Woche geplanten Start. Wie berichtet soll die Hauptverkehrsstraße ab dem 30. August auf dem Abschnitt zwischen Breiter Straße und Kastanienallee ganztags zur Tempo-30-Zone werden, auf den Abschnitten zwischen Luisenplatz und Breiter Straße sowie zwischen Kastanienallee und Forststraße gilt das Tempolimit demnach nur nachts zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Die Stadt verspricht sich von der Maßnahme weniger Lärm – sie war bereits im 2008 verabschiedeten Lärmaktionsplan vorgesehen.

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Ursprünglich sollte das Limit gemeinsam mit der ebenfalls seit Längerem geplanten versuchsweisen Einengung der Straße eingeführt werden, sagte Stadtsprecher Markus Klier am Mittwoch auf PNN-Anfrage. Da der Modellversuch aber verschoben wurde (PNN berichteten), müsse die Stadt ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Anwohnern der Zeppelinstraße in Sachen Lärmschutz nachkommen. Als „Gewöhnungsphase“ habe man nun bewusst die Ferienzeit gewählt.

ADAC: Tempo 30 bringt Verschlechterung

Beim Allgemeinen Deutschen Automobil-Club ADAC ist man skeptisch. Jörg Becker, Verkehrsexperte beim ADAC Berlin-Brandenburg, verwies auf PNN-Anfrage auf Untersuchungen in Berlin und Stuttgart, laut denen Tempo 30 für die Schadstoffbelastung sogar eine Verschlechterung bedeute und zumindest keine „wirksamen Verbesserungen“ beim Lärm mit sich bringe. Becker plädiert deshalb dafür, das neue Tempo-Limit in der Zeppelinstraße „ehrlich zu begleiten“ – mit Messungen und Anwohnerbefragungen. Gegebenenfalls müsse die Maßnahme nach einer Testphase auch zurückgenommen werden, fordert er.

Eine Senkung der Lärmbelastung könne es ohnehin nur bei flüssigem Verkehr geben – egal, ob mit Tempo 30 oder 50, merkt Becker an: „Stop-and-go ist der größte Übeltäter sowohl bei der Lärmbelastung als auch bei der Schadstoffbelastung.“ Um das ständige Anfahren und Abbremsen zu vermeiden, brauche es „eine intelligente Ampelschaltung für den gesamten Straßenverkehr, nicht nur für den ÖPNV“ – auf der Zeppelinstraße ist der öffentliche Nahverkehr unter anderem an der Kreuzung zur Geschwister-Scholl-Straße bevorrechtet. Die sogenannte „Grüne Welle“ für Autos soll es laut Stadt aber geben – dafür würden derzeit die Ampelschaltungen entsprechend angepasst. Am morgigen Freitag werde jede Ampel dafür bis zu 30 Minuten abgeschaltet.

Stadt: Keine Erhöhung des Schadstoffausstoßes

Auch dass das Tempolimit in der Schadstoffbilanz negativ zu Buche schlagen könnte, bestreitet die Stadt. Eine Untersuchung des Landesumweltministeriums habe ergeben, dass die Reduzierung der Geschwindigkeit auf der Zeppelinstraße nicht zu einer Erhöhung des Schadstoffausstoßes führe, so ein Sprecher. Wie berichtet wurden an der Straße in der Vergangenheit immer wieder EU-Grenzwerte etwa zu Stickstoffdioxid oder Feinstaub gerissen. Laut Daten des Landesumweltamtes ist in diesem Jahr bereits an fünf Tagen der Grenzwert für Feinstaub überschritten worden – genauso oft wie an der Großbeerenstraße, wo Tempo 30 bereits eingeführt wurde. Klagen von Anwohnern gegen die Stadt wegen der anhaltenden Verstöße gegen Schadstoff- und Lärmgrenzwerte seien der Stadt indes „derzeit nicht bekannt“, so der Sprecher.

Bei der Frage nach Alternativen für willige Auto-Aussteiger verweist die Stadt auf die bereits ausgebaute Busspur auf 800 Metern am Ortsausgang und den Park-and-ride-Parkplatz am Bahnhof Pirschheide. „Dort stehen circa 160 Stellplätze mit einer direkten Straßenbahnanbindung in die Innenstadt zur Verfügung“, so der Stadtsprecher. Am Bahnhof Potsdam Charlottenhof sollen noch in diesem Jahr 160 neue Fahrradstellplätze entstehen, um eine bessere Verknüpfung mit dem Regionalbahnverkehr zu erreichen. Bei der Frage nach der Taktverdichtung beim Busverkehr ins Umland sei man mit dem Landkreis im Gespräch, so der Sprecher weiter. Ziel sei es, „zum Fahrplanwechsel 2016/2017 eine gemeinsame Lösung zu finden“. Wie berichtet verlangt der Landkreis eine deutlich höhere Beteiligung der Stadt an den Kosten für die Busse.

Die Taktverdichtung bei den Bussen sei auch eine Voraussetzung dafür, dass die geplante Einengung der Straße umgesetzt werden kann. Sollte es tatsächlich zur Einigung mit dem Landkreis kommen, müssen sich Autofahrer also zeitnah auch auf weitere Beeinträchtigungen einstellen.

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