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Verkehr in Potsdam: Risiko für Fahrverbot in der Zeppelinstraße steigt

Die Luft in der Zeppelinstraße ist wieder schmutziger. Bleibt es dabei, könnte das zu einem ernsten Problem für Potsdam werden.

Potsdam-West - Potsdam droht im Kampf gegen gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid ein Rückschlag. Nachdem die Grenzwerte in der besonders stark belasteten Zeppelinstraße seit Mitte 2017 meist eingehalten wurden, gibt es seit August wieder eine steigende Tendenz. Im September wurden dort 44 Mikrogramm je Kubikmeter Luft gemessen. Damit wurde erstmals seit der Einengung der Straße im Monatsdurchschnitt die Schwelle von 40 Mikrogramm überschritten. Im August lag der Monatsdurchschnitt mit 40 Mikrogramm gerade noch im erlaubten Bereich. Auch im Oktober läuft es bisher schlecht: In den vergangenen zehn Tagen lag der Durchschnittswert bei 52 Mikrogramm.

Potsdam könnte verklagt werden

Bleibt es beim Aufwärtstrend bei der Luftverschmutzung, könnte das zu einem ernsten Problem für die Stadt auswachsen. Denn bisher ist Potsdam vergleichsweise glimpflich davongekommen, obwohl es die seit 2015 rechtsverbindlichen Grenzwerte lange nicht eingehalten hat. Weder Strafzahlungen an die EU-Kommission musste Potsdam zahlen noch erstritten sich Anwohner vor Gericht Maßnahmen zur Einschränkung des Autoverkehrs. Immer konnte die Stadt auf ihre Pläne für die Einengung der Zeppelinstraße verweisen – bis diese tatsächlich umgesetzt und die Grenzwerte wieder eingehalten wurden.

Verschont blieb Potsdam bisher auch von Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf Fahrverbote für Dieselautos. Die DUH hat bereits in Stuttgart und Hamburg obsiegt. Und jüngst urteilte das Verwaltungsgericht Berlin, dass die Bundeshauptstadt ab Mitte 2019 auf besonders von Dieselabgasen belasteten Straßen und Straßenabschnitten Fahrverbote für ältere Autos und Lastwagen verhängen muss. Derzeit führt die DUH Klageverfahren für „Saubere Luft“ gegen 28 Städte. Potsdam ist bisher nicht dabei. Die Organisation behalte sich dies jedoch vor, sagte eine Sprecherin den PNN. Sollte Potsdam den Grenzwert auch im Jahresdurchschnitt nicht einhalten, könnte dieses Szenario eintreten, hieß es.

Warum ist die Luft in der Zeppelinstraße wieder schlechter geworden?

Im Rathaus rätselt man noch, wieso die Luft in der Zeppelinstraße wieder schmutziger geworden ist. Als Großbaustelle stehe der Ausbau der südlichen A10 im direkten Zusammenhang mit dem Potsdamer Stadtverkehr und somit auch mit der Zeppelinstraße, heißt es auf Nachfrage. Komme es durch die Autobahnbaustelle zu Stau oder aufgrund von Unfällen im Baustellenbereich sogar zu Sperrungen, dann werde Potsdam spürbar von zusätzlichem Verkehr belastet. In welchem Maße dies die Zeppelinstraße beeinflusst habe, könne jedoch nicht detailliert dargestellt werden.

Wie sich die Zahl der Autos entwickelt hat, die täglich durch die Zeppelinstraße fahren, vermag das Rathaus derzeit nicht zu sagen. Erst zum Jahresende soll eine Auswertung der Verkehrsbelastung vorgelegt werden. Dann ist auch die Berichterstattung an die Stadtverordneten vorgesehen. Die hatten zu Beginn der Einengung eine Evaluation gefordert. Untersucht werden soll auch, ob es mehr Schleichfahrten durch die Wohngebiete entlang der Einfallstraße gibt. Im Sommer vergangenen Jahres hatten Kritiker die Wirksamkeit der Einengung infrage gestellt: Sie verwiesen darauf, dass die Messwerte wegen der seinerzeit häufigen Regenfälle niedrig seien. Zumindest bis Ende Juli 2018 wurde der Grenzwert aber auch bei andauernder Trockenheit nicht überschritten.

Potsdam könnte die Grenzwerte einhalten

Immerhin: Beim Landesumweltamt ist man optimistisch, dass Potsdam aufs ganze Jahr gesehen den Grenzwert einhalten wird – unter der Annahme der Beibehaltung der derzeitigen verkehrlichen Maßnahmen. „Konzentrationsschwankungen im Laufe eines Kalenderjahres sind ein übliches und keineswegs ungewöhnliches Phänomen“, heißt es auf Nachfrage. Die Monatsmittelwerte aus 2018 bewegen sich bisher in der gleichen Größenordnung wie im Vorjahr. Das heißt, auch wenn die Luft in den nächsten Monaten schmutzig bleibt, könnten die sieben sauberen Monate zu Beginn ausreichen, um den Grenzwert im Jahresdurchschnitt einzuhalten.

Die Einengung war von Anfang an umstritten. Das kommt auch in Ergebnissen einer am Mittwoch veröffentlichten anonymen Online-Umfrage des Potsdamer Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) zum Ausdruck. Wie berichtet wurde der Fragebogen in zwei Runden je 3500-mal ausgefüllt. 86 Prozent der Teilnehmer lehnten demnach die Einengung ab. Die Untersuchung ist jedoch nicht repräsentativ, wie das IASS selbst einräumt. Kritiker könnten also überproportional abgestimmt haben.

Die Potsdamer Industrie- und Handelskammer sieht sich dennoch in ihrer Kritik bestätigt. „Das Ergebnis erstaunt uns nicht“, sagte der Leiter des Regionalcenters, Tilo Schneider. Die Wirtschaft habe befürchtet, dass vor allem der Schleichverkehr zu Unmut führe und dass die Einengung Potsdam und seiner Entwicklung nicht helfe. Das Rathaus äußerte sich auf Nachfrage zurückhaltend und verwies auf die mangelnde Repräsentativität. Das Thema sei sehr komplex. Man müsse weiterhin um Verständnis dafür werben, ohne Fahrverbote die Stickstoffdioxidbelastung vor Ort dauerhaft unter dem Grenzwert zu halten.

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