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Störanfällig: In den letzten Monaten gab es immer wieder Probleme mit der Fähre zwischen Kiewitt und Hermannswerder.

© PNN / Ottmar Winter

Verkehr in Potsdam: Rathaus will Kiewitt-Fähre durch Brücke ersetzen

Das Rathaus prüft Alternativen zur Fähre nach Hermannswerder. Doch die beste Variante dauert sehr lang - weil die Verwaltung nach eigenen Angaben keine Kapazitäten hat.

Potsdam - Seil gerissen: Seit Monaten macht die Fähre zwischen Hermannswerder und dem Kiewitt immer wieder Probleme. Eine sinnvolle Alternative könnte aus Sicht der Bauverwaltung eine Fußgänger- und Fahrradbrücke sein, für die man sogar Fördermittel erhalten könnte. Doch seien für die Planung eines solchen Baus aktuell „keine ausreichenden personellen und finanziellen Kapazitäten“ vorhanden. Dementsprechend würde ein solches Projekt mindestens acht Jahre dauern, teilte die Verwaltung den Stadtverordneten am Montag in einer Mitteilung mit. Der Grund für den Engpass sind demnach die vielen anderen anstehenden Brückenarbeiten in Potsdam, speziell der Neubau der Langen Brücke.

In acht Jahren erlischt die Betriebserlaubnis für die Fähre

Dabei ist der Bedarf nach einer Alternative für die jetzige Seilfähre groß, zumal es nach Angaben der Stadt um bis zu 5000 potenzielle Nutzer geht – darunter rund 4000 Personen, die täglich auf den Campus der Hoffbauer-Stiftung auf Hermannswerder müssen. Doch derzeit nutzen pro Tag nur rund 500 Fahrgäste das Angebot. Anlass für die Überlegungen ist ferner, dass die ohnehin störanfällige Fähre maximal bis 2027 genutzt werden kann, weil dann die Betriebserlaubnis erlischt. 

Als Ersatz wäre die besagte Fußgänger- und Radlerbrücke möglich, was SPD und CDU/ANW im vergangenen Jahr beantragt hatten – oder eine von den Grünen favorisierte solarbetriebene Fähre, die unabhängig von einem Seil wäre. Beide Varianten hat nun auch die Bauverwaltung betrachtet – und sieht trotz der Planungsprobleme durchaus Vorteile für die Brückenlösung. Allerdings müsse noch eine weitere Analyse bis Mitte nächsten Jahres endgültige Klarheit bringen, heißt es in der Vorlage weiter.

Bei einer Brücke wären die laufenden Kosten geringer

Doch die Eckdaten benennt das Rathaus schon. So würde man für eine Solarfähre mit bis zu zwei Millionen Euro Kosten rechnen müssen – für eine 240 Meter lange und 4,50 Meter breite Brücke seien mindestens sieben Millionen Euro fällig. Das Schiff wiederum würde auf 220.000 Euro Betriebskosten pro Jahr kommen – plus der Bezahlung der nötigen Besatzung, wofür mindestens zwei Personen nötig seien. Daher müsse bei dieser Variante auch über automatisierte Anlegesysteme nachgedacht werden, um die Personalkosten zu senken, so die Verwaltung. 

Die Brücke würde hingegen nur rund 90.000 Euro Kosten pro Jahr verursachen – und wäre eben auch das ganze Jahr über nutzbar, ohne Einschränkungen zum Beispiel in der Nacht. Ferner könne man eine Brücke über ein Förderprogramm des Landes mit bis zu 50 Prozent bezuschussen lassen, so die Bauverwaltung. Mit dem Schiff könne man hingegen auch die bisherige Fährverbindung erweitern, bis zur Kastanienallee – wo dann allerdings auch ein zusätzlicher Schiffsanleger gebaut werden müsste. 

"Brücke ist die Vorzugsvariante"

So sei die Brücke, trotz der hohen Investitionskosten, insgesamt die Vorzugsvariante – wenn da eben nicht der Planungsaufwand wäre. Dabei müsse auch der Denkmal- und Landschaftsschutz beachtet werden, so die Verwaltung. Denn der Teilbereich am Kiewitt, wo die Brücke gebaut würde, sei ein eingetragenes Denkmal. „Darüber hinaus liegt dieser Abschnitt der Havel im Schnittpunkt mehrerer Sichtachsen.“ Auch müsse im Sinne der Schifffahrt die Mindesthöhe der Brückenunterkante 5,50 Meter betragen. Gerade diese gestalterischen Rahmenbedingungen würden auch ein Wettbewerbsverfahren und für Planung und Bau eine europaweite Ausschreibung erforderlich machen, so die Bauverwaltung. Das alles könne aber mehr als acht Jahre dauern, allein für die Planung wird von 40 Monaten ausgegangen – also mehr als drei Jahre.

Angesichts der vielen Vor- und Nachteile will man im Rathaus nun bis frühestens zum zweiten Quartal 2020 weiter beraten. „Um eine abschließende Entscheidung treffen zu können, sollte als nächster Schritt ein Vergleich der Varianten auf Basis einer qualifizierten Kosten-Nutzen-Analyse erfolgen“, so die Bauverwaltung. Unter anderem müssten detaillierte Kostenermittlungen angestellt und auch mögliche Verkehrsverlagerungseffekte betrachtet werden. 

Es soll nicht wie bisher weitergehen

Klar ist damit nur: So weitergehen wie jetzt soll es nicht. So komme die jetzige Fähre trotz schon ohnehin beschränkter Betriebszeiten von 7 bis 18.30 Uhr auf durchschnittlich über zehn Prozent Ausfallzeiten. Das sei für die Erschließung von Hermannswerder aus dem Potsdamer Westraum heraus „kein ausreichendes Angebot“, so die Bauverwaltung – zumal immer noch rund 125.000 Euro Betriebskosten pro Jahr fällig werden. Ein Weiterbetrieb über 2027 hinaus wäre mit „voraussichtlich hohen Sanierungskosten verbunden“ – wobei die Neuanschaffung einer Seilfähre allerdings günstiger wäre als ein Schiff oder eine Brücke, wie es die Bauverwaltung einschätzt.

Das Thema Fähre steht am 3. April auch auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung. CDU/ANW und SPD haben dabei beantragt, den Fährbetrieb ab Mai zu erweitern – damit täglich eine Verbindung zwischen 6 und 24 Uhr angeboten werden kann. Auch ein modernes Ersatzfahrzeug soll die Stadt prüfen. Es bestehe Handlungsbedarf angesichts des geplanten Umbaus des Leipziger Dreiecks– denn mit diesen Bauarbeiten werde sich auch die Verkehrssituation in Richtung Hermannswerder verschärfen. Daher sei eine verlässliche zweite Verkehrsverbindung zwischen der Brandenburger Vorstadt und der Halbinsel nötig, begründen die Fraktionen den Vorstoß. In der aktuellen Vorlage aus der Bauverwaltung heißt es, eine Verlängerung der Betriebszeiten werde zu höheren Betriebskosten führen.

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