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Die erste modernisierte Tatra-Tram ist wieder in Potsdam.

© A Klaer

Verkehr in Potsdam: Erste modernisierte Tatra-Tram zurück in Potsdam

Die Tatra-Bahnen werden länger als ursprünglich geplant auf Potsdams Gleisen fahren. Die erste modernisierte Tatra-Tram ist jetzt wieder in Potsdam.

Potsdam - Es riecht ein bisschen nach Chemie, nach neuem Plastik und Gummi. Der typische Geruch, wie er auch in Neuwagen zu finden ist. Den Fahrgästen von Potsdams erster generalüberholter Tatra-Straßenbahn werden aber noch ein paar andere Neuigkeiten auffallen, wenn sie am morgigen Donnerstag wieder in Potsdams Straßenbahnnetz unterwegs ist: Eine Verbesserung sind vor allem die neuen Tasten für den Haltewunsch und die Türöffner – letztere sind jetzt auf beiden Seiten der acht Türen angebracht. Außerdem ist in den beiden gekoppelten Waggons der Baureihe KT4D die Lackierung der Haltestangen und Sitzschalen vereinheitlicht worden. Der Fußboden ist jetzt durchgängig eben und soll besser zu reinigen sein.

Am Dienstagnachmittag wurden die beiden Waggons im Betriebshof des Potsdamer Verkehrsbetriebs an der Fritz-Zubeil-Straße übergeben. In den vergangenen Monaten sind die Fahrzeuge in den Werkstätten des Prager Verkehrsbetriebs für weitere acht Jahre fit gemacht worden. Dabei ging es weniger um Kosmetik, sondern hauptsächlich um das Innenleben der Waggons aus dem Baujahr 1987. In Prag wurden sie komplett zerlegt. Verschlissene oder rostige Teile wurden ersetzt, Kabel neu verlegt. Außerdem kann der Fahrer nun mit einem Tastendruck in der Fahrerkabine den Strom in beiden Waggons anschalten. Früher musste er dafür jeweils ein Hebel unter einem Sitz im Waggoninneren umlegen. „So hat es schon mal fünf Minuten gedauert, bis überhaupt das Licht an war“, erklärte Oliver Glaser, der technische Geschäftsführer des Verkehrsbetriebs.

Die Bahnen wurden in Prag gebaut, fuhren in Ostberlin und nach 1989 in Potsdam

Für die Tatras war die Reise nach Prag auch eine Rückkehr, denn die Fahrzeuge wurden in der tschechischen Hauptstadt gebaut, bevor sie seinerzeit erst nach Ostberlin und dann 1989 nach Potsdam kamen. Die erste und einzige Modernisierung gab es dann 1995. Seither taten die Waggons mit der typisch kantigen Karosserie im Potsdamer Straßenbahnnetz ihren Dienst. Länger als gedacht – denn eigentlich sollten sie schon Mitte der 2000er-Jahre durch Combino-Trams ersetzt werden. Doch daraus wurde nichts. Und nachdem Potsdam später Variobahnen angeschafft hatte, war der Bedarf inzwischen so groß, dass man auf die Tatras doch noch nicht verzichten konnte. Bis zur Jahresmitte sollen nun auch die anderen zehn generalüberholten Waggons aus Prag zurückkommen.

Dass die Fahrzeuge saniert wurden, hat finanzielle Gründe: 3,6 Millionen Euro kostet die Kur an der Moldau für alle zwölf Tatras. Für das Geld bekommt man heute etwa eine moderne Niederflurbahn. Um die Kapazität der Tatras zu ersetzen, bräuchte der Verkehrsbetrieb sechs moderne Bahnen. Doch dafür hat weder der Verkehrsbetrieb noch die Stadt das Geld. „Zugbeschaffung wird nicht gefördert“, so Potsdams Kämmerer Burkhard Exner (SPD). Deshalb musste man sich erstmal selbst behelfen.

50 Millionen Euro für den Potsdamer Nahverkehr

Angesichts der zunehmenden Belastung des öffentlichen Nahverkehrs durch das Wachstum der Stadt hatten die Stadtverordneten 2015 ein 50 Millionen Euro schweres Investitionspaket beschlossen. Damit wird der Ausbau der Tramstrecke zum Jungfernsee, die Sanierung des Leipziger Dreiecks, die Modernisierung der Tatras und die Verlängerung von acht Combino-Trams bezahlt – die erste davon soll im dritten Quartal in Potsdam fahren. Doch weil die Stadt weiterhin rasant wächst – allein im vergangenen Jahr legte die Stadt um 4000 Einwohner zu – wird das nicht ausreichen. „Wir sind dabei, den Bedarf zu ermitteln“, sagte der kaufmännische Geschäftsführer des Verkehrsbetriebs Martin Grießner. Spätestens in eineinhalb Jahren müsse man über die Bestellung von neuen Trams sprechen. Hintergrund ist auch, dass die modernisierten Tatras noch bis zu ihrer nächsten Hauptuntersuchung 2024 oder 2015 fahren dürfen. Danach sind nur noch Niederflurfahrzeuge gestattet.

Angesichts des Investitionsbedarfs wies Exner auch Kritik an der Ticketpreiserhöhung zum Jahresbeginn zurück. „Wir können nicht auf Verschleiß fahren.“ Der Verkehrsbetrieb hatte seine Preise im Durchschnitt um vier Prozent erhöht – deutlich mehr als im Durchschnitt des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg. Besonders die Verkürzung der Kurzstrecke von sechs auf vier Stationen sorgte für Protest. Die Linke forderte die Rücknahme der Preiserhöhung. Im Vergleich von mehr als einem Dutzend Städten habe Potsdam bisher die längste Kurzstrecke mit dem niedrigsten Preis angeboten. „Wie hatten Aufholbedarf“, so Exner.

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Die Tatra-Trams werden dringend benötigt und sollen noch einige Jahre durch Potsdam fahren. Doch eigentlich sollten barrierefreie Niederflurbahnen Standard sein, gerade in einer wachsenden Stadt. Ein Kommentar.

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