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Verkehr in Potsdam: Anwohner kritisieren Rathaus für Krampnitz-Pläne

Ringen um Potsdamer Verkehrspläne: Im Bornstedter Feld haben sich Anwohner, Vertreter der Stadt und Experten eine kontroverse Debatte über den Verkehr in Potsdam geliefert - über Tramstrecken, den Ausbau der Radwege und die Verkehrspläne für Krampnitz.

Potsdam/Bornstedt - Mehr öffentlicher Nahverkehr, Ausbau der Radwege und Vorwürfe zur Planung des neuen Quartiers in Krampnitz: Am Samstag diskutierten beim zweiten Potsdamer Verkehrsforum in der Leonardo da Vinci-Gesamtschule im Bornstedter Feld rund 60 Einwohner sowie Vertreter der Stadt und Experten, welche Verkehrs- und Pendlerprobleme es im Norden Potsdams gibt und was mögliche Lösungen sein könnten. Unter der Leitfrage „Umweltverträglich und nutzerfreundlich vom Norden in die Innenstadt und zurück: Wie kann das gelingen?“ standen vor allem die Herausforderungen des Ausbaus von Krampnitz und die Zukunft des Öffentlichen Personalverkehrs im Norden im Fokus des Forums.

Der Norden wächst in Potsdam am stärksten. Laut einer Bevölkerungsprognose der Stadtverwaltung soll bis zum Jahr 2035 die Bevölkerungszahl in den nördlichen Stadtteilen von 8000 auf mehr als 18 000 Einwohner wachsen – Vor allem wegen des neu entstehenden Quartiers in Krampnitz, in dem bis zu 10 000 Menschen leben sollen und das laut Planungen ab 2020 teilweise bezogen werden kann.

Um die Anbindung des Nordens zu verbessern, gibt es bereits einige Pläne. So ist die Verlängerung der Tram-Trasse vom Campus Jungfernsee bis Krampnitz geplant sowie ein Radschnellweg entlang der B2. Auch der Bahnhof Marquardt soll bis 2022/2023 eine Mobilitätsdrehscheibe werden. Die Bahn soll dann stündlich vom Hauptbahnhof über Marquardt und Spandau bis Gesundbrunnen fahren, sagte der Chef der Verkehrsplanung, Norman Niehoff. „Wir müssen einen Umstieg bei der Verkehrsmittelwahl hinkriegen. Dass mehr Leute mehr Wege mit dem Fahrrad oder den Öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen, das ist unser Weg“, so der Verkehrsplaner.

Anwohner begegnen Plänen der Stadtverwaltung mit Skepsis

Die Teilnehmer des Verkehrsforums begegneten den Plänen mit Skepsis. Vor allem kritisierten viele, dass die Krampnitz-Tram voraussichtlich erst 2025 fertiggestellt sein soll, wenn schon lange die ersten in Krampnitz eingezogen sind. „Sie erziehen die Leute, die dort hinziehen werden, dazu, auf das Auto umzusteigen“, so eine Teilnehmerin. Eine andere bemerkte, dass die B2 bereits jetzt schon am Limit sei. „Wie soll das gehen?“, fragte die Frau im Hinblick auf die etwa 10 000 neuen Einwohnern.

Der Baubeigeordnete Bernd Rubelt (parteilos) betonte hingegen, dass Krampnitz eine große Chance sei, den Verkehr im Norden in den nächsten Jahren aktiv zu lenken. Wenn die Infrastruktur und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Krampnitz stimme, würden die beiden Hauptverkehrstraßen B 2 und B 273 nicht zusätzlich belastet werden, so Rubelt. Niehoff führte mit Hilfe von Statistiken an, dass die meisten Wege die Postdamer mit dem Auto zurücklegen, nichts mit der Arbeit zu tun hätten, sondern mit der Freizeitgestaltung oder dem Einkauf. Wenn die entsprechenden Angebote, wie Supermärkte, Sportmöglichkeiten, Kitas und ähnlichem in einem Quartier stimmen, würden auch nicht mehr so viele Bewohner ihr Auto benutzen.

Einige Anwohner befürchten ein Verkehrschaos an der Persiusbrücke

In den Workshops diskutierten die Teilnehmer später die Probleme und mögliche Lösungen. Einige befürchten ein Verkehrschaos an der Persiusbrücke auf der B 2, die Neu Fahrland mit der Insel Nedlitz verbindet. Bereits jetzt sei die Stelle ein Nadelöhr, es staue sich wegen der vielen Ampeln. Auch insgesamt wird die bereits bestehende Verkehrsführung in Potsdams Norden bemängelt, die viele Nahverkehrsnutzer dazu nötige, über die Innenstadt zu fahren, um von einem Stadtteil zum anderen zu kommen. Sonst existierten oft keine anderen attraktiven Verbindungen. Teilnehmer fordern daher den Ausbau von Ringlinien und eine bessere Verknüpfung der Gebiete untereinander. Auch die Radwege im Norden möchten viele ausgebaut haben. Bis die Krampnitz-Tram fertiggestellt ist, sollten auch Busse und die Bahn nach Marquardt öfter fahren, so ein Vorschlag. Dazu seien Busspuren nötig, um weitere Staus zu vermeiden – wofür es allerdings nicht immer Platz gibt.

Die am Samstag gemachten Vorschläge sollen noch vor der Sommerpause auf der Seite der Landeshauptstadt veröffentlicht werden. Im Juni solle es dann die erste Werkstatt zur Nahverkehrsplanung geben, in der Potsdamer ihre Ideen unterbreiten können, so Niehoff.

Das erste Verkehrsforum „Unterwegs in und nach Potsdam“ fand bereits im Oktober 2017 statt. Die Ergebnisse der beiden Veranstaltungen sollen ins Konzept für den Nahverkehrsplan einfließen, der den Stadtverordneten Ende des Jahres vorgelegt werden soll. Er legt fest, wie Busse und Bahnen in den kommenden Jahren fahren sollen.

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Hintergrund

Pendler in Potsdam

Seit 2015 wächst Potsdam jedes Jahr um 4000 Einwohner. Bis 2027 wird mit etwa 200 000 Einwohnern gerechnet. Am stärksten wächst der Norden. In Neu Fahrland, Fahrland, Satzkorn, Marquardt und Uetz-Paaren soll die gesamte Bevölkerungszahl bis 2035 von 8000 auf mehr als 18 000 Menschen anwachsen. Auch der Pendlerverkehr wird zunehmen. Laut dem Pendleratlas von 2016, einer Datenanalyse des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb), sind von den rund 80 000 Erwerbstätigen in Potsdam etwa 58,1 Prozent Einpendler. Das sind 46 573 Menschen, die täglich mit dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Potsdam zum Arbeiten fahren. Der mit Abstand größte Anteil der Pendler kommt mit 14 029 aus Berlin. Danach folgen Werder (Havel) mit rund 3000 und Brandenburg/Havel mit 1778 Pendlern. Allein auf der B2 fahren laut Zählung von 2016 täglich rund 7500 Fahrzeuge von außerhalb nach Potsdam ein. Etwas mehr als 7800 sind es auf der B273.

Sarah Stoffers

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