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Verkaufsoffener Sonntag in Potsdam: Welterbe-Status für mehr Shopping?

Potsdamer Händler denken über neue Möglichkeiten zur Sonntagsöffnung ihrer Geschäfte nach – mit Plänen, die bis zum Unesco-Welterbe reichen.

Potsdam - Im Streit um die Sonntagsöffnungszeiten kommen von Potsdamer Händlern Vorschläge für mittel- oder langfristige Lösungen. Diese reichen von einer Orientierung an der sogenannten Bäderregelung von Mecklenburg-Vorpommern bis zu einer Aufnahme der Potsdamer Innenstadt ins Unesco-Weltkulturerbe und damit verbunden eine Änderung der Landesverordnung zu den Öffnungszeiten. In einem sind sich die meisten Händler einig: Für die kommenden Jahre muss es besser und verlässlicher werden als derzeit.

Hintergrund ist das Scheitern von mehreren von der Stadtverwaltung geplanten Verkaufssonntagen, darunter auch an diesem Sonntag. Wie berichtet hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg drei von insgesamt sechs von der Stadt geplanten verkaufsoffenen Sonntage gekippt oder eingeschränkt, nachdem die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi geklagt hatte. Nur zwei Adventssonntage hielten stand.

Händler klagen über Umsatzeinbußen und über finanziellen Schaden

Das hat Folgen für die Händler: Umsatzeinbußen und in manchen Fällen auch finanziellen Schaden. „Wir mussten große Umplanungen durchführen, da wir bereits Geld in Radiowerbung investiert hatten“, berichtet Jana Strohbach, Center-Managerin der Bahnhofspassagen. Auf eine fünfstellige Summe schätzt sie den entstandenen Schaden durch die Umbuchung von Werbung und zusätzlichen Aufwand. Für die Zukunft besonders wichtig ist ihr die Planungssicherheit. Denn es ist nicht das erste Mal, dass ein verkaufsoffener Sonntag wegen einer Verdi-Klage abgesagt wird. Auch 2015 war das schon sehr kurzfristig passiert.

Auch für Manfred Gerdes, den Vorsitzenden der Händlervertretung AG Innenstadt, ist das ein unhaltbarer Zustand. Er sieht das Problem in der lückenhaften Landesverordnung, die im April novelliert wurde. Die Bedingung für verkaufsoffene Sonntage ist demnach, dass diese „aus Anlass besonderer Ereignisse“ stattfinden. Das Ereignis muss mehr Besucher anziehen, als es die verkaufsoffenen Geschäfte allein täten. An der Auswahl der Potsdamer Ereignisse – wie die Schlössernacht – hatte Verdis Klage angesetzt, das OVG hat der Gewerkschaft Recht gegeben. „Wir haben hier eine schwierige Situation. Die Verordnung ist lückenhaft, Verdi kann da immer wieder reinstoßen“, sagt Gerdes. Von Verdi-Seite heißt es dazu: „Es geht hier nicht um uns, sondern um die geltende Rechtslage. Der Sonntagsschutz steht über Umsatz- und Kundeninteressen“, so Erika Ritter, die Fachbereichsleiterin Handel der Gewerkschaft.

Für eine Erlaubnis zur Geschäftsöffnung an Sonntagen müsste Potsdam gute Gründe haben 

Um für 2018 eine Lösung zu finden, stehen in den nächsten Wochen nach Angaben eines Stadtsprechers Gespräche zwischen Stadt und Händlervertretern an. Doch um aus der Sackgasse zu kommen, braucht es nach Meinung einiger Händler mehr. Die Vorschläge gehen in verschiedene Richtungen. Eine Option ist die sogenannte Bäderregelung aus Mecklenburg-Vorpommern, die als Vorbild dienen könnte. Das Land hat dort eine Liste von 77 „Kur- und Erholungsorten sowie den anerkannten Ausflugsorten mit besonders starkem Fremdenverkehr“ definiert. Von Mitte März bis Anfang November dürfen die Geschäfte dort von 12 bis 18 Uhr jeden Sonntag öffnen, ausgenommen sind Baumärkte, Möbel- und Autohäuser. Für Jana Strohbach von den Bahnhofspassagen „ein sehr guter Ansatz, der geprüft werden sollte“. Für Potsdam als stark touristisch geprägte Stadt sei das eine Möglichkeit für die Planung, in die sie Hoffnung setzt.

Manfred Gerdes denkt in eine ähnliche Richtung und hat ganz große Pläne. Seine Idee: Potsdams Innenstadt soll Unesco-Weltkulturerbe werden. „Wenn Wismar und Stralsund diesen Status haben, ist das in Potsdam auch möglich.“ Daraus könne eine Änderung der Landesverordnung folgen, die den Status miteinbezieht und die Sonntagsöffnung im Kulturerbe erlaubt. Der Vorteil, so Gerdes: „Die Verordnung würde für mehrere Jahre gelten und Verdi die Angriffsfläche entziehen.“ Als ersten Schritt will Gerdes in den nächsten Tagen einen Brief an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) schreiben, um die Idee zu erklären und „die Stimmungslage abzuklopfen“.

Sonntagsöffnung ohne Erlaubnis kostet 5000 Euro Bußgeld

Dass die Anerkennung als Unesco-Weltkulturerbe nicht von heute auf morgen erfolgt, ist Gerdes klar, trotzdem sieht er darin eine Chance. Beim Blick in die Unesco-Regelungen könnte das frühestens in einigen Jahren geschehen und hängt neben dem Land auch vom Bund ab, der pro Jahr nur zwei Vorschläge an die Unesco geben darf. Bevor so ein Prozess möglicherweise in Gang kommt, will Gerdes sich in den nächsten Wochen mit möglichst vielen Händlern abstimmen, um koordiniert zu handeln.

An diesem Sonntag bleiben die Geschäfte erst einmal zu. Wer trotzdem öffnet, riskiert es, erwischt zu werden: Das Ordnungsamt hat Kontrollen angekündigt – bei einem Verstoß drohen Bußgelder bis 5000 Euro.

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Kommentar: So abwegig das Welterbe-Vorhaben für manch einen klingen mag: Eine verbindliche Regelung zur Öffnung der Geschäfte in Potsdam an Sonntagen würde nicht nur Händlern helfen, meint PNN-Autorin Sandra Calvez in ihrem Kommentar

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