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Blick auf die leerstehende Nutheschlange.

© Andreas Klaer

Verhandlung vor dem Landgericht: Richterin schlägt Vergleich zur Nutheschlange vor

Im Rechtsstreit über das Terrassenhaus signalisieren Architekt und Pro Potsdam Kompromissbereitschaft.

Von Carsten Holm

Potsdam - Im jahrelangen Streit um das leerstehende sogenannte Terrassenhaus in der Nutheschlange im Zentrum-Ost bahnt sich eine Lösung an. Nachdem Richterin Ilona Junge-Horne am Mittwoch dem Berliner Architekten-Ehepaar Doris und Hinrich Baller und ihrem Prozessgegner, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Pro Potsdam, vorschlug, eine „vergleichsweise Einigung“ anzustreben, signalisierten beide Parteien eine Offenheit dafür.

Das Verfahren vor der 2. Zivilkammer des Landgerichts ist der bisherige Höhepunkt in den Auseinandersetzungen um das Terrassenhaus im Wohnkomplex am Humboldtring. Dieser Teil des einst als Prestigeobjekt gefeierten Ensembles des Berliner Stararchitekten Baller mit 38 Wohnungen war von der Abrissbirne bedroht, weil er wegen Mängeln nicht mehr bewohnbar ist. Die Pro Potsdam hatte die in den 1990er-Jahren entworfene „Schlange“ erworben, sie will das Haus abreißen, weil die Sanierung 14,7 Millionen Euro kosten würde und unwirtschaftlich sei. An seiner Stelle soll ein Neubau mit 90 Wohnungen entstehen. Das Gericht soll entscheiden, ob das Unternehmen dazu die Zustimmung des Architekten braucht. Denn die Ballers verweisen auf ihr Recht als Urheber und lehnen die Pläne der Pro Potsdam bisher entschieden ab. Für den Erhalt des Terrassenhauses hat sich auch die Bürgerinitiative Nutheschlange engagiert, die einen Neubau auch aus Ökologie-Gründen bekämpft.

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Richterin Junge-Horne sprach von einer schwierigen Güterabwägung: Urheberrecht und Kunstfreiheit des Architekten stünden dem Grundrecht der Pro Potsdam auf Eigentum gegenüber. Die Kammer, die ihre Beratungen am Morgen deswegen ausdehnte und den Prozesstag gegen 10.30 Uhr mit fast halbstündiger Verspätung begann, sei „noch nicht zu einem Ergebnis gekommen“. Ein Vergleich biete für die Pro Potsdam den Vorteil, schneller mit dem Bau beginnen zu können, zumal damit zu rechnen sei, dass der Streit auch nach der Entscheidung der Kammer und einer möglichen Berufung nicht beendet sei. Für die Architekten allerdings würde es „einen großen Schritt bedeuten“, sich ihr Urheberrecht „abkaufen“ zu lassen, schließlich zeuge das Terrassenhaus von einer „hohen schöpferischen Kraft“, habe „einen gewissen künstlerischen Rang“ und sei „als Werk Ballers erkennbar“.

Hinrich und Doris Baller vor dem Gerichtstermin.
Hinrich und Doris Baller vor dem Gerichtstermin.

© Carsten Holm

Beide Parteien signalisierten ihre Offenheit für einen Vergleich. So eine Lösung, sagte Jan Bernd Nordemann, der Anwalt der Pro Potsdam, vor Gericht „ist immer diskutabel“. Auch Philipp Redlich und Fabian Reinholz, die Anwälte der Ballers, wollen mit der Gegenseite noch vor Weihnachten Kompromissmöglichkeiten ausloten. Um Geld geht es den Ballers nicht in erster Linie. Sie hatten es in einem vergleichbaren Fall in Berlin abgelehnt, sich das Urheberrecht für eine Million Euro „abkaufen“ zu lassen. Doris Baller hatte damals erklärt, für den Verzicht „nicht auf den Strich zu gehen“. Das Paar bevorzugt eine andere Lösung: den Erwerb des Terrassenhauses durch einen Erbbaurechtsvertrag und die Sanierung auf eigene Kosten. Mit einer Förderung durch die Landesinvestitionsbank sei zu rechnen. Aber auch einen Vergleich wolle sie „nicht ausschließen“, sagte sie den PNN.

Die Initiative Nutheschlange, die sich seit Jahren für den Erhalt des Terrassenhauses einsetzt, hofft, „dass sich die Ballers das Urheberrecht nicht von der Pro Potsdam abkaufen lassen“, wie deren Mitglied Julia Laabs den PNN sagte. Nach wie vor seien Abriss und Neubau für die Initiative „keine Alternative“. 

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