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Historischer Aussichtspunkt. Auf dem Hasselberg im Ortsteil Marquardt soll früher ein Pavillon mit Turm gestanden haben. Das historische Lindenrondell ist heute nur noch für Kenner auszumachen. Der Marquardter Ortschronist Wolfgang Grittner kämpft seit Jahren um den Erhalt des Areals.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Vergessene Aussicht

Baumfällung auf dem Hasselberg: Ortschronist Grittner kämpft um Erhalt des historischen Lindenrondells

Marquardt - Die Aussicht muss früher großartig gewesen sein: Von einem Blick über „drei Städte und sieben Dörfer“ schreibt Marie Helwing-Pinto 1893 in einem Text über Marquardt als Herrensitz der Familie von Bischoffwerder. Helene d’Alton-Rauch schreibt 1938 sogar von 14 Dörfern, die man vom Hasselberg in Marquardt einst sehen konnte. Ein königlicher Blick – und ein König, nämlich Friedrich Wilhelm II., soll dort im September 1796 Gast gewesen sein.

Als Pate des ersten Sohns von Bischoffwerder war es sein zweiter Besuch in dem kleinen Ort im Norden Potsdams. Es wurde zu Mittag gegessen, dann kamen die Bauern von Uetz zum Erntekranz, es gab Tanz. „Auf dem Hasselberg wurde Tee getrunken“, heißt es dazu bei d’Alton-Rauch, die alte Briefe aus der Familie Bischoffwerder studiert hat. Sie berichtet auch von einem Teehaus auf dem Berg, anderswo ist von einem Pavillon mit Turm die Rede.

Wer heute auf den Hasselberg steigt, kann sich das alles nur noch mit viel Fantasie vorstellen. Nur an wenigen Stellen gibt der dichte Bewuchs den Blick in die Havellandschaft frei, auch von einem Pavillon ist keine Spur mehr zu sehen. Es gehört allein schon ein gutes Stück Ortskenntnis dazu, um den 52 Meter hohen Hügel, der an der Straße nach Uetz liegt, überhaupt zu finden. Der Marquardter Ortschronist Wolfgang Grittner kennt den Weg gut.

Dass der historische Aussichtspunkt in Vergessenheit geraten ist und immer weiter zuwächst, wurmt Grittner schon länger. Auf seine Anregung hin hatte das Stadtparlament im Jahr 2007 beschlossen, zu überprüfen, ob der Hasselberg mit seinem historischen Lindenrondell als Gartendenkmal geschützt werden kann. Das Lindenrondell ist ein aus sieben Bäumen und Baumgruppen bestehendes Baumrund. Die Zahl sieben könnte auf eine Verbindung zum Rosenkreuzer-Orden hinweisen, vermutet Grittner – der in Marquardt lebende Bischoffwerder war Rosenkreuzer und konnte den späteren König Friedrich Wilhelm II. mit Geisterbeschwörungen und ähnlichem Spuk für den Geheimbund gewinnen. Mindestens 200 Jahre alt sind die Linden des Rondells, schätzt Grittner.

Als ihm jüngst ein Wanderer von Baumfällungen auf dem Hasselberg berichtete, war der Ortschronist alarmiert. Eine Dreiergruppe musste offenbar weichen, weitere Bäume sind mit roten Strichen markiert – als Vorbereitung für weitere Fällungen, wie Grittner zunächst befürchtete.

Sowohl Stadt als auch Land erklären sich auf PNN-Anfrage im Fall Hasselberg für unzuständig. Das Areal gehört zum Bundesforstbetrieb. Die mehrstämmige trockene Linde, erklärt Hans-Joachim Weber, der Bundesforstbetriebsleiter Westbrandenburg, sei aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt worden. Von der Geschichte des Hasselbergs habe man nichts gewusst, räumt er gegenüber den PNN ein. Mittlerweile habe der zuständige Revierleiter sich dazu aber mit Ortschronist Grittner verständigt.

Weitere Holzeinschlagmaßnahmen seien derzeit nicht vorgesehen – mit Ausnahme von Spezialfällungen im Bereich der Straße nach Uetz, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Da die Fällungen Spezialgerät erfordern, würden sie derzeit noch ausgeschrieben und sollen im Herbst 2016 durchgeführt werden. Weitere Pläne gebe es für das Waldgebiet momentan nicht.

Grittners Initiative zum Erhalt des Lindenrondells blieb indes letztlich erfolglos. Die Stadt habe nach dem von den Stadtverordneten beschlossenen Antrag mit dem zuständigen Landesamt für Denkmalpflege eine Ortsbesichtigung vorgenommen, sagt Stadtsprecher Jan Brunzlow auf Anfrage: „Das Landesamt stellte keine Denkmalwürdigkeit und -fähigkeit fest.“

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