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Zusammen unterwegs. Für Geflüchtete ist es oft nicht leicht, Kontakt zu Einheimischen zu finden. Kultür-Tandem will das erleichtern.

© Stefan Specht/Promo

Verein Kultür-Tandem zieht Bilanz: Kulturelles Blind Date in Potsdam

Das Projekt Kultür-Tandem bringt seit April Geflüchtete mit Potsdamern gemeinsam ins Museum oder Theater. Jetzt wurde die Pilotphase beendet und der Verein zieht eine Bilanz.

Potsdam - Die Begegnung begann mit einem Missverständnis. Zwei Frauen, die sich vorher nicht kannten, wollten zusammen mit einem Schiff der Weissen Flotte fahren – nur stand die eine auf der falschen Havelseite. Hektisches Überqueren der Brücke, während die andere das Schiff so lange aufhielt. Gudrun Gorka-Reimus stand mit beiden telefonisch in Kontakt, fieberte mit. „Aber als sich die beiden gefunden hatten, war die gemeinsame Inselrundfahrt ein echtes Highlight“, sagt sie.

Gemeinsamer Theaterbesuch

Gorka-Reimus leitet das Projekt KultürTandem, das seit April dieses Jahres besteht. Die Idee: Geflüchtete und alteingesessene Potsdamer sollen für ein Kulturerlebnis zusammengebracht werden. Ein gemeinsamer Besuch im Museum, im Kino oder im Theater. Dort trifft man sich, unverbindlich, kommt ins Gespräch – und wenn man sich gut versteht, kann man sich wieder verabreden. Nun zieht KultürTandem erste Bilanz, beenden am Freitag die Pilotphase mit einer Abschlussfeier ab 16 Uhr in der Leonardo-Da-Vinci-Gesamtschule.

„Sehr viele Geflüchtete haben uns davon berichtet, wie schwer es ist, Deutsche kennenzulernen“, sagt Gorka-Reimus. „Das geht damit einher, dass viele zu wenig Möglichkeit haben, Deutsch zu sprechen.“ Gerade wenn sie, wie inzwischen immer mehr der Flüchtlinge in Potsdam, aus den Gemeinschaftsunterkünften in eigene Wohnungen ziehen, fallen auch die Angebote von Vereinen oder Ehrenamtlichen dort weg. Deshalb wollte das Team von Kultür Potsdam, das seit fünf Jahren Bedürftigen in der Stadt die Möglichkeit bietet, kostenlos Karten für Kulturveranstaltungen oder -einrichtungen zu bekommen, ihr Angebot erweitern. „Wir wollten einen niederschwelligen, leichten Kontakt herstellen, Kultur in der Stadt zugänglich machen und zugleich Begegnungen ermöglichen“, sagt Gorka-Reimus.

8000 Euro bekam Kultür für das Tandem-Projekt aus dem Integrationsfonds der Stadt. Zum Teil nahmen bereits bestehende Tandems teil, über Organisationen wie Start with a friend oder die Flüchtlingshilfe Babelsberg. Aber es wurden auch ganz neue Paare gebildet, die sich dann im Museum oder im Filmpark das erste Mal trafen. „Wie ein Blind Date“, sagt Gorka-Reimus. Um sich zu erkennen, tragen die Teilnehmer einen Ansteckpin.

Ein Gewinn für beide Seiten

Etwa 160 Karten für Kulturveranstaltungen hat Kultür im Lauf des Jahres für Tandems vergeben. Viele Museen spenden jeden Monat Karten. Zielgruppe des Projekts sind auch Familien. Einige waren im Indoorspielplatz Dinodschungel, andere im Naturkundemuseum oder im Kindertheater. Die meisten geflüchteten Teilnehmer kamen aus Syrien und Afghanistan. „Die Rückmeldung war durchweg positiv“, sagt Gorka-Reimus zufrieden. Sie hat mit allen Teilnehmern hinterher noch einmal telefoniert. Viele hätten Telefonnummern ausgetauscht. Und: Die Gespräche gingen oft weit über Smalltalk hinaus – obwohl die Teilnehmer untereinander Deutsch sprachen, was den Flüchtlingen laut der Projektleiterin besonders wichtig ist. Ein Gewinn für beide Seiten, so sieht es Gorka-Reimus – auch die eingesessenen Potsdamer kommen so kostenlos in den Kulturgenuss.

Die Pilot- und erste Förderphase läuft nun aus, aber es soll weiter gehen. Den neuen Antrag auf Fördermittel will Gorka-Reimus mit ihren Kollegen demnächst stellen. Das Ziel, so erklärt sie, sei eine Ausweitung, mehr Werbung durch Plakate in sechs Sprachen und stärkere Automatisierung durch eine Datenbank. Die Koordinatorin wünscht sich, „dass noch mehr gemeinsam Kultur erleben“.

» Wer selbst Tandempartner werden möchte, kann sich unter Tel.: (0331) 58 29 39 76 oder per E-Mail an info@kultuer-potsdam.de melden.

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