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Landeshauptstadt: Verdacht gegen Pogida

Nach PNN-Video und zwei Strafanzeigen: Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung

Potsdam - Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt gegen Christian Müller, den Anmelder der zumeist von Neonazis und Hooligans besuchten islamfeindlichen Pogida-Demonstration. Grund ist eine Rede, die Müller, der selbst eine NPD-Vergangenheit hat, am Mittwochabend vor Pogida-Teilnehmern hielt. Ein Potsdamer hat den 32-Jährigen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung angezeigt. Am Freitag erstattete zudem der Potsdamer Bundestagsabgeordnete Norbert Müller (Die Linke) Anzeige. Beide beziehen sich auf ein PNN-Video vom Mittwochabend. Darauf ist dokumentiert, wie Müller mit Bezug zur Asylpolitik der Bundesregierung sagt: „Und ich fordere ein Nürnberg 2.0, wo die Volksverräter und Verbrecher wieder mal vorgeführt und abgeurteilt werden.“ Wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums mitteilte, ermittelt nun der Staatsschutz der Direktion West. „Das Vorliegen des Anfangsverdachtes einer Straftat wird durch die zuständige Staatsanwaltschaft Potsdam zu prüfen sein“, sagte er. Der Linke-Politiker Müller sagte, er erwarte eine zügige Prüfung des Verdachts gegen den Pogida-Chef durch die Polizei und die Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen.

Der Verweis auf ein „Nürnberg 2.0“ ist bei Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern ein beliebtes Motiv – obwohl bei den Nürnberger Prozessen führende Repräsentanten des Dritten Reiches als Hauptkriegsverbrecher verurteilt wurden. Bei einem „Nürnberg 2.0“ wollen Rechtsextreme vermeintlich islamfreundliche Politiker, Journalisten, Staatsanwälte und Richter wegen einer angeblichen „systematischen und rechtswidrigen Islamisierung Deutschlands“ aburteilen lassen. Entsprechende Seiten, auf denen Steckbriefe gesammelt werden, sind im Visier des Verfassungsschutzes.

Gegenüber der dpa hatte Christian Müller eingeräumt, dass er bereits wegen Volksverhetzung vorbestraft sei. „Außerdem war ich auch mal in der rechten Szene etabliert“, sagte er. Müller ist bereits wie berichtet wegen Nötigung und Körperverletzung verurteilt worden. Den PNN sagte er, es handle sich um „Fußballdelikte“. In Haft hat er nach eigenen Angaben noch nicht gesessen, sondern Bewährungsstrafen erhalten. Gegenüber den PNN sagte er zudem, er arbeite bei einem Sicherheitsdienst, allerdings nicht in einem Flüchtlingsheim.

Am Mittwochabend hatte der Pegida-Ableger zum dritten Mal in Folge in Potsdam demonstriert. Erstmals konnte Pogida dabei auch seinen sogenannten Abendspaziergang abhalten. Rund hundert Teilnehmer, darunter auch zahlreiche Hooligans und Neonazis, zogen dabei von der Babelsberger Straße am Hauptbahnhof über die Lange Brücke zum Filmmuseum und wieder zurück. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, um Ausschreitungen zu verhindern und Pogida sowie Gegendemonstranten strikt zu trennen. An den friedlichen Protesten gegen Pogida auf dem Lustgarten beteiligten sich 750 Menschen. Müller hatte angekündigt, künftig jeden Mittwoch einen Pogida-Aufmarsch abzuhalten, aber nicht mehr zwingend in der Innenstadt, sondern auch in anderen Stadtteilen wie Schlaatz, Waldstadt oder Rehbrücke.Alexander Fröhlich

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