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Wegen der Coronakrise dürfen werdende Väter in Potsdam nicht mehr bei der Geburt anwesend sein.

© Daniel Karmann/dpa

Väterverbot im Kreißsaal: Potsdams Kliniken verteidigen strikten Kurs

Beim Zutrittsverbot für werdende Väter im Kreißsaal bleiben Potsdams Klinken hart. In Berlin gibt es keine Beschränkung, auch das Land Brandenburg lässt Besuche zu.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Trotz vieler Bedenken und Proteste bleiben die Kliniken in Potsdam hart: Angehörige dürfen die Kreißsäle bis auf weiteres nicht betreten. Frauen, die in den kommenden Wochen im Klinikum „Ernst von Bergmann“ oder im St. Josefs-Krankenhaus entbinden wollen, müssen die Geburt also ohne Partner durchstehen. Erst auf der Mutter-Kind-Station darf der Vater zu Besuch kommen – für eine Stunde täglich. So soll das Klinikpersonal vor einer möglichen Infektion mit Covid-19 geschützt werden. Weil diese Regelung für viel Verunsicherung und auch Kritik gesorgt hatte, gab es dazu am Montag offenbar erneute Beratungen in den Kliniken. Doch am Ende blieb es beim Betretungsverbot.

"Lieber eine Geburt ohne Partner als eine Geburt ohne Hebamme und Arzt"

„Ich möchte betonen, wie schwer uns diese Maßnahmen – nicht nur als Geburtshelfer, sondern auch als Eltern selbst – fallen“, wird die Chefärztin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im Bergmann-Krankenhaus, Dorothea Fischer, in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit der Stadt und dem St. Josefs-Krankenhaus zitiert. Doch um weiterhin für alle Frauen eine individuelle und sichere Geburt mit der unersetzlichen Unterstützung einer Hebamme und/oder eines Geburtsmediziners gewährleisten zu können, müssten diese weiterhin arbeitsfähig bleiben. „Daher gilt: Lieber eine Geburt ohne Partner als eine Geburt ohne Hebamme und Arzt“ so Fischer.

Die Ärztliche Direktorin des St. Josefs-Krankenhauses, Gesine Dörr, gab zudem zu bedenken, das Hebammen und Geburtsmediziner in sehr engem körperlichen Kontakt mit den gebärenden Frauen stehen und somit auch einer Tröpfchenübertragung ausgesetzt seien. „Diesen Infektionsweg können wir nicht unterbinden – die Frau muss zur Geburt kommen. Der Vater als zweiter potentieller Überträger ist jedoch ein vermeidbares Risiko.“ Hier trage jeder einzelne auch eine gesellschaftliche Verantwortung – vor allem für die nach ihnen entbindenden Frauen, so Dörr.

Kritik von PNN-Lesern und Linke-Politikern

Das Betretuungsverbot sorgte nicht nur bei einigen PNN-Lesern für Unverständnis, auch die Potsdamer Linke positionierte sich in einer Pressemitteilung gegen die Entscheidung. Die Geburt sei ein besonderes Ereignis für eine Familie und es sei eine großartige Errungenschaft, dass die Männer dabei sein könnten, um ihre Partnerin zu unterstützen, teilten die Stadtverordneten Tina Lange und Sascha Krämer mit. „Keine Frau sollte während der Geburt allein sein müssen – durch das Krankenhauspersonal kann jedoch niemals eine Eins-zu-eins-Betreuung sichergestellt werden.“ 

Die Folge wären unter Umständen zusätzliche Geburtskomplikationen durch den ausgelösten Stress und damit unnötige Gefährdungen von Mutter und Kind. Die Linke-Politiker schlagen stattdessen vor, dass Männer zum Beispiel Schutzkleidung tragen oder „bei einer gewissen Vorlaufzeit“ auch getestet werden könnten. Auch in Zeiten der Coronakrise müsse mit Vernunft und Blick auf die Folgen agiert werden, so Lange und Krämer.

Die Schutzausrüstung werde für Medizin und Pflege benötigt, so das Argument der Kliniken. Dieses knappe Gut könne nicht den werdenden Vätern zur Verfügung gestellt werden, da keine medizinische Notwendigkeit bestehe. Die Coronatest seien den stationären Patienten und den Mitarbeitern vorbehalten.

Potsdam geht einen Sonderweg beim Betretungsverbot

Die Potsdamer Kliniken gehen mit ihrem Betretungsverbot einen Sonderweg in Brandenburg. In der Verordnung des Landes sind Väter, die im Kreißsaal dabei sein wollen, vom Besuchsverbot ausdrücklich ausgenommen. Das führt zu Verwirrung bei manchen Potsdamern, die nicht wissen, welche Regelung nun greift, und zu einer größeren Belastung in anderen Kliniken. So berichtet eine Gynäkologin, die in der Geburtshilfe einer Brandenburger Klinik arbeitet, von steigenden Fallzahlen und wachsenden Kapazitätsproblemen seit dem Potsdamer Verbot. Wenn Paare jetzt anriefen und noch aus Potsdam wechseln wollten, müsse man sie abweisen, so die Ärztin. „Ein Problem haben wir dann, wenn die Frauen mit Wehen vor der Tür stehen.“ Sie hält ein Betretungsverbot für den Partner nicht für sinnvoll, vor allem wegen der enormen emotionalen Belastung. Sie hält es durchaus für machbar, ausreichend Abstand zwischen Partner und Klinikpersonal einzuhalten. „Die Väter halten sich ja üblicherweise nur am Kopfende der Frau auf." 

Auch in Berlin ist es übrigens noch erlaubt, dass Frauen ihren Partner mit in den Kreißsaal bringen. Bundesweit gibt es aber einige Kliniken, die es wie Potsdam handhaben, etwa die Uniklinik Bonn. Auch etwa die Südstadt-Klinik in Rostock hatte ein solches Betretungsverbot ausgesprochen – nach heftiger Kritik aber wieder zurückgenommen.

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