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So sieht der Himmel über Potsdam am Mittwoch (22. September) um 22 Uhr aus.

© Visualisierung: Stellarium.org/Urania-Planetarium

Urania-Planetariumschef erklärt den Herbsthimmel: Höchste Zeit, die Nacht zu retten

Sterne, Planeten und künstliche Lichter am Firmament - der Herbst eignet sich für ihre Beobachtung besonders gut. Anleitung für einen Himmelsspaziergang über Potsdam.

Potsdam - Die beste Zeit zum Sternegucken bricht an: Die Nächte werden spürbar länger und klare Septemberabende gewähren uns Blicke in die Tiefen des Alls. Und es ist ein wichtiger Termin im Jahreslauf der Sonne herangerückt – die Tagundnachtgleiche: Am Mittwoch, dem 22. September, sind Tag und Nacht wieder ungefähr gleich lang. Dieser Zeitpunkt markiert den Beginn des astronomischen Herbstes. Mittags steht die Sonne bereits deutlich niedriger am Himmel und sinkt täglich bis in den Dezember hinein tiefer. Am Äquator hingegen könnte ein Beobachter die Sonne senkrecht über sich im Zenit betrachten. Doch egal, ob dort oder hier in Potsdam: An beiden Orten scheint zwölf Stunden lang die Sonne.

Pegasus und Andromeda

Nach Ende der Abenddämmerung blicken wir hoch in den Süden. Dort stehen noch die Sternbilder des Sommers – Schwan, Leier und Adler – vor dem Hintergrund der Milchstraße. Bereits hoch im Osten stehen zwei markante Sternbilder des Herbstes: Pegasus – mit seinen hellsten vier Sternen auch als „Herbstviereck“ bekannt – und die Andromeda. Wie viele weitere Sternbilder auch begegnen uns diese Figuren in der antiken griechischen Mythologie: Dem Mythos nach wurde die Königstochter Andromeda vom geflügelten Pferd Pegasus vor einem Ungeheuer gerettet. Nun zieren beide Sagengestalten den herbstlichen Nachthimmel in Form zweier Sternbilder.

Simon Plate, der Chef des Planetariums.
Simon Plate, der Chef des Planetariums.

© Ottmar Winter

In einer dunklen und mondlosen Nacht (Neumond ist am 6. Oktober) sollten Sie sich diese Himmelsregion genauer ansehen. Mit etwas Geduld und einer halben Stunde Zeit zur vollständigen Gewöhnung an die Dunkelheit können Sie einen schwachen Nebelfleck wahrnehmen. Es ist die Andromedagalaxie. Sie ist über zwei Millionen Lichtjahre von uns entfernt und damit der am weitesten von uns entfernte Himmelskörper, den wir noch mit bloßem Auge erkennen können. Das Licht, das wir heute von dieser Galaxie wahrnehmen, machte sich auf den Weg zu uns, als die frühe Form des Menschen gerade erst die irdische Bühne betrat.

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Unser Himmelsspaziergang führt uns weiter zu den auffälligsten Himmelskörpern in diesen Herbstnächten: Jupiter und Saturn begleiten uns noch den ganzen Herbst über als auffällig leuchtende Punkte über dem südlichen Horizont. Diese Planeten werden erst durch das Licht unseres Heimatsterns sichtbar. Sie reflektieren das Sonnenlicht und erscheinen deshalb so hell, da sie die mit Abstand größten Planeten des Sonnensystems sind. Jupiter und Saturn sind Gasplaneten und bestehen zum größten Teil aus Wasserstoff und Helium, den häufigsten Elementen im Kosmos. Durch ein Fernglas oder ein kleines Fernrohr lassen sich die vier größten Monde des Jupiters beobachten. Saturn wiederum offenbart sein Ringsystem, das ihn in der Äquatorebene umgibt.

Der Verlust der natürlichen Nacht

Immer wieder wird der Himmelsspaziergang von kleinen leuchtenden Punkten unterbrochen, die über den Himmel kreuzen: Es sind künstliche Satelliten, die in niedriger Umlaufbahn die Erde umrunden, dort oben noch vom Sonnenlicht erreicht werden und daher für uns sichtbar sind. Die Menge der Satelliten steigt derzeit schnell an: Große Satellitenkonstellationen sind im Aufbau, welche die Zahl der künstlichen Himmelskörper im Orbit in den nächsten Jahren verzehnfachen werden. Private Raumfahrtunternehmen treiben diese Entwicklung maßgeblich voran. 

Damit einher gehen Probleme wie eine zunehmende Verschmutzung der Erdumlaufbahn durch Weltraumschrott sowie eine Störung der Beobachtung des Nachthimmels. Darauf hat bisher keine staatliche Instanz überzeugende Regelungen präsentiert. Zum Leidwesen der Astronomen, die ihre Himmelsaufnahmen aufgrund der durchs Bild ziehenden Satelliten mit immer höherem technischem Aufwand korrigieren müssen.

Diese Problematik kommt zur ohnehin zunehmenden Lichtverschmutzung – also der künstlichen Beleuchtung des Nachthimmels durch den Menschen – hinzu. Für interessierte Laien wie auch Forscher wird die Möglichkeit, einen natürlichen Sternenhimmel zu erblicken, immer seltener. Dabei ist der Nachthimmel mit seinen Sternbildern ein uraltes und weltumspannendes Kulturgut der Menschheit, das Jung und Alt auf unserem Planeten fasziniert. Höchste Zeit also, die Nacht zu retten.

Die ISS leuchtet heller als jeder Fixstern

Ein seltener, aber umso beeindruckenderer Anblick ist das Auftauchen der internationalen Raumstation ISS am Nachthimmel. Heller als jeder Fixstern überquert die ISS als leuchtender Punkt in nur wenigen Minuten den Nachthimmel. Hinter diesem hellen Fleck verbirgt sich in Wahrheit eine etwa fußballfeldgroße Raumstation, in der Experimente in der Schwerelosigkeit durchgeführt werden. Bald übrigens wieder mit einem deutschen Astronauten: Der Ingenieur Matthias Maurer wird voraussichtlich Ende Oktober vom US-amerikanischen Cape Canaveral aus für einen sechsmonatigen Aufenthalt zur ISS fliegen.

Möchten Sie die Raumstation selber beobachten, so ist dies sogar über dem aufgehellten Potsdamer Stadthimmel möglich: Günstige Gelegenheiten ergeben sich zum Beispiel am 22. September um 21 Uhr oder am 24. September um 21.02 Uhr. Suchen Sie um diese Uhrzeit jeweils den südwestlichen Himmel nach einem hellen, sich bewegenden Punkt ab – schnell werden Sie die ISS entdeckt haben. Genaue Informationen zu diesen und vielen weiteren Überflügen finden Sie im Internet unter www.urania-planetarium.de.

Der Autor ist seit 2016 Leiter des Urania-Planetariums in der Gutenbergstraße 71/72. Der gebürtige Bremer leitete schon als Student in Potsdam den Urania-Astroklub. Für die PNN schreibt er regelmäßig über den aktuellen Sternenhimmel. Über Aktuelles vom Sternenhimmel, Satellitenschwärme und die Erforschung des Kosmos dreht sich am 6. Oktober um 18 Uhr im Urania-Planetarium, Gutenbergstraße 71/72, die Veranstaltung „Weltall Aktuell“.

Simon Plate

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