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Die Ausstattung der Potsdamer Klassen- und Arbeitsräume mit Luftfiltern würde 13 Millionen Euro kosten. 

© dpa

Unterricht in der Pandemie: Keine Luftfilter an Potsdams Schulen

Die Stadt will keine Luftfiltergeräte für die 2175 Klassenzimmern der Stadt erwerben. Stattdessen setzt man weiter auf  CO2-Ampeln und Lüften.

Potsdam - Trotz bundesweiter Debatten und Forderungen aus Politik und Wissenschaft nach Luftfiltern in Schulen setzt Potsdam stattdessen weiter auf CO2-Ampeln. Auf die Frage, wie die Landeshauptstadt zum Einbau solcher Filteranlagen in die Klassenräume stehe, verweist Pressesprecherin Juliane Güldner auf die Position von Anfang des Jahres. „Nach intensiver Abwägung hatte sich die Landeshauptstadt Potsdam im Februar entschieden, über die Beschaffung von so genannten CO2-Ampeln für ein coronakonformes Lüften an den Potsdamer Schulen und Kitas zu sorgen“, so Güldner. Alle Klassen-, Unterrichts-, Gruppen-, Hort- und Kitaräume seien mit diesen Ampeln zum Messen des Kohlendioxid-Gehalts in der Luft ausgestattet worden. 

„Auf die zusätzliche Beschaffung von mobilen Luftfilteranlagen wurde verzichtet, da bereits durch ein konsequentes Lüften die Aerosolbelastung wirksam reduziert werden kann“, so die Sprecherin. Bei dieser Entscheidung habe es auch eine Rolle gespielt, dass „alle Empfehlungen auf Bundes-, Landes und Fachebene betonen, dass Luftfilteranlagen maximal als ergänzende Maßnahme dienen und das regelmäßige Lüften nicht ersetzen können“.

Förderprogramm des Bundes

Der Bund hat ein Förderprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro für Raumluftfilteranlagen an Schulen und anderen öffentlichen Räumen aufgelegt, das zum 11. Juni novelliert wurde. Bis zum 1. Juli waren laut Bundeswirtschaftsministerium 176 Anträge für den Neueinbau von Filteranlagen gemäß des neuen Programms eingegangen. Der Bund sagt, man gebe Geld, für die Umsetzung seien aber Länder und Kommunen zuständig. Nach dem Willen der Kultusminister der Länder sollen Schulkinder aller Jahrgangsstufen nach den Sommerferien möglichst in voller Gruppenstärke in ihren Klassenzimmern unterrichtet werden.

In Potsdam betrifft das rund 22.300 Kinder und Jugendliche, die in der Landeshauptstadt eine Schule in öffentlicher Trägerschaft besuchen. Knapp 7800 von ihnen gehen in eine Grundschule, etwa 10.000 in eine Gesamt- oder Oberschule oder ein Gymnasium. Insgesamt nutzen sie 2175 Unterrichtsräume. Jeden dieser Räume mit je einem Mittelklasselüfter auszustatten, würde bei einem Stückpreis von 3000 Euro insgesamt rund 6,5 Millionen Euro kosten, rechnet Sprecherin Güldner vor. Fachleute gingen jedoch davon aus, dass „für die Gewährleistung einer flächendeckenden Wirkung in einem Klassenraum mindestens zwei Geräte benötigt werden“. Das würde den Investitionsbedarf noch einmal verdoppeln auf mehr als 13 Millionen Euro. 

Stadtverordnetenbeschluss nötig

Eine solche Investition müssten die Stadtverordneten beschließen. Ein Beschluss müsse „eine gesicherte Finanzierung gewährleisten“, betonte Güldner. Dies „müsste dann zu Lasten bisheriger, eigenmittelfinanzierter Investitionsmaßnahmen des Haushalts 2021 der Landeshauptstadt Potsdam erfolgen“. Sprich: Die zusätzlichen Kosten müssten andernorts eingespart werden. Zu einer möglichen Finanzierung durch den Bund äußerte die Stadt sich jedoch nicht.

Das Rathaus betont jedoch, dass erst nach einem Stadtverordnetenbeschluss und mit einer sicheren Finanzierung ein EU-weites Ausschreibungs- und Beschaffungsverfahren für die Anlagen durchgeführt werden könne. Selbst wenn also der politische Wille da wäre: Zu Beginn des neuen Schuljahres könnten Potsdams Schulen schon allein aus Zeitgründen nicht mit Luftfiltern ausgestattet werden. 

Gepoolte PCR-Tests

Auf Bundesebene sieht es vielerorts ähnlich aus. „Zu Schulbeginn wird es wieder keine Luftfilter geben“, twitterte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach am Sonntag. Da die ständige Impfkommission „wohl leider keine Empfehlung zur Impfung“ für Kinder zwischen 12 und 16 Jahren geben werde, bleibe nur ein „gepoolter PCR plus Quarantäne“. 

Gemeint ist ein PCR-Test, bei dem die Proben einer ganzen Klasse zusammen im Labor überprüft werden und so mit niedrigerem Aufwand und niedrigeren Kosten getestet werden kann, ob in einer Klasse eine Corona-Infektion vorliegt oder nicht. Potsdams Amtsärztin Kristina Böhm hatte sich bereits im Mai für einen solchen gruppierten Gurgeltest stark gemacht. Auch jetzt betonte die Stadt, das Gesundheitsamt würde diese PCR-Pooltestung gerne in Schulen einsetzen. Noch ist das allerdings nicht spruchreif: Die Stadt verhandle noch mit dem Land und dem Gesundheitsministerium.

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