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Die Potsdamer Feuerwehr leidet schon länger unter Personalengpässen.

© Ottmar Winter

Unmut bei der Potsdamer Feuerwehr: Jeder siebte Posten unbesetzt

Die Stadt will gegen die chronische Personalnot bei der Feuerwehr vorgehen. Im Herbst sollen zudem ausstehende Beträge für Überstunden endlich bezahlt werden.

Potsdam - Überstunden, unzureichend besetzte Feuerwehrautos, Sorgen wegen zu wenig Personal: Mehrere Potsdamer Feuerwehrmänner haben zuletzt den PNN von vielerlei Problemen in den Potsdamer Brandwachen berichtet. Die Stadt verspricht nun: Nach Jahren stetiger Personalengpässe bei der Berufsfeuerwehr und dem dortigen Rettungsdienst soll eine Einstellungsoffensive in den kommenden Monaten für Entlastung sorgen. Das kündigte Feuerwehrchef Ralf Krawinkel im PNN-Gespräch an. Damit wird auch klar: Trotz eingebrochener Einnahmen im Stadthaushalt im Zuge der Coronakrise gibt es bei der Feuerwehr kein Einsparpotenzial, muss gerade noch für den Norden der Stadt ein Standort für eine weitere Wache gefunden werden. Die PNN geben einen Überblick über die Lage bei Potsdams Feuerwehr.

Einstellungsoffensive geplant

Seit Jahren schon sind bei der Berufsfeuerwehr eine Reihe von Stellen unbesetzt, was die Dienstplangestaltung schwierig macht – je weniger Kollegen vorhanden sind, desto häufiger müssen Schichten zu unangenehmen Zeiten abgeleistet werden. Laut Krawinkel sind von 215 Planstellen im Rettungswesen nur 184 besetzt – jeder siebte Posten ist also leer. Das geht schon länger so und war zwischenzeitlich noch gravierender: So lag die Zahl der Neueinstellungen 2019 und 2020 bei 36, allerdings verließen auch 31 Kollegen die Feuerwehr, sei es in den Ruhestand oder nach Kündigung oder Versetzung. In diesem Jahr sei aber eine signifikante Verbesserung geplant, sagte Krawinkel – insgesamt soll es 30 Neueinstellungen geben. Bisher sind aber auch schon 17 Abgänge zu verzeichnen. Die Stellen seien bereits ausgeschrieben. Auf dem Stellenportal der Stadt werden aktuell Brandmeister und Notfallsanitäter gesucht. Auch eine Ausbildungsoffensive sei geplant.

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Doch noch ist die Personalmisere groß, zumal regelmäßig verpflichtende Fortbildungen anstehen und der Krankenstand laut Krawinkel bei drei bis fünf Prozent liegt. Das führe insgesamt dazu, dass nicht jeder Einsatz mit voll besetzten Löschfahrzeugen gefahren werden könne, räumte Krawinkel ein. Allerdings werde der empfohlene Mindestbesatz von 16 Personen bei kritischen Brandlagen nicht unterschritten. Hinzu komme die Hilfe durch die Freiwilligen Feuerwehren. „Die Gesundheit unserer Mitarbeiter oder der Bevölkerung ist daher nicht gefährdet“, sagte der Feuerwehrchef. Dies wird intern bei einigen Kollegen aber durchaus anders eingeschätzt, wie sie den PNN sagten: Die Dienstpläne seien viel zu löchrig – jedoch sei das bisher glücklicherweise ohne schlimme Folgen geblieben, mangels größerer Brände oder anderer Unglücke.

Auf die Stadt kommen Mehrkosten in Millionenhöhe zu

Zugleich betonte Krawinkel, die personelle Ausstattung sei auch in den kommenden Jahren die größte Herausforderung bei der Feuerwehr – was nach PNN-Informationen Mehrkosten in Millionenhöhe bedeutet. Momentan liegt das Budget der Feuerwehr bei 25,5 Millionen Euro pro Jahr. Die Stadtspitze hatte angesichts wegbrechender Einnahmen in Corona-Zeiten bereits Sparbemühungen für alle Ressorts angekündigt. Dabei sind für die Feuerwehr eigentlich sogar Investitionen geplant, vor allem für eine schon länger angekündigte Wache im Potsdamer Norden. Wo diese genau entstehen soll, werde gerade im sogenannten Gefahrenabwehrbedarfsplan mit Hilfe eines Gutachters untersucht, sagte Krawinkel den PNN. Das Ergebnis wird Anfang 2022 erwartet.

Keine Corona-Prämie für alle

Für großen Unmut bei verbeamteten Rettungskräften sorgt immer noch der Umstand, dass sie keine Corona-Prämie erhalten haben – obwohl sie gerade auch als Fahrdienste in der Krise dafür sorgten, dass Patienten aus überlasteten Krankenhäusern verlegt wurden. Zugleich erhielten die normal angestellten Kollegen bei der Feuerwehr eine 600-Euro-Zulage. Eine fehlende gesetzliche Regelung im Beamtenrecht haben eine Prämie bislang verhindert, sagte Feuerwehrchef Krawinkel. In der Landespolitik hätten er und Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) mehrfach auf diese auch aus ihrer Sicht unbefriedigende Lage aufmerksam gemacht. Dort habe es Verständnis gegeben – aber auch bislang nicht ausgeräumte Bedenken. Krawinkel sagte, er hoffe nun auf die nächsten Tarifverhandlungen im Beamtenbereich ab Anfang nächsten Jahres. Dort könnte eine solche Prämie beschlossen werden. „Mir als Dienststellenleiter sind bis dahin die Hände gebunden.“ Andere Arten der Wertschätzung als die 600-Euro-Zahlung – etwa über Gutscheine – seien nicht geprüft worden, räumte Krawinkel ein. Allerdings verwies er unter anderem auf gestiegene Zulagen von 2,50 Euro pro Stunde für Fahrer im Rettungsdienst – was sich im Monat auf mehr als 100 Euro extra summieren könne.

Überstunden werden final bezahlt

Jahrelang haben unbezahlte Überstunden bei der Feuerwehr für schlechte Stimmung gesucht, einige Kameraden setzten schließlich beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig durch, dass die Stadt auch rückwirkend zahlen muss. Doch noch immer seien nicht alle Kameraden entschädigt worden, hieß es nun aus der Mitarbeiterschaft gegenüber den PNN. Doch offensichtlich gibt es Bewegung. Krawinkel kündigte an, nach einer bereits erfolgten finalen juristischen Bewertung würden die ausstehenden Beträge noch im Herbst ausgezahlt. Es gehe insgesamt um noch 800 000 Euro.

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