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Universität Potsdam: Auf unzureichendem Niveau

Scharfe Kritik an der fortgesetzten Sparpolitik des Landes für die Hochschulen Brandenburgs hat der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, geübt.

Babelsberg - Ob jemand von der Landesregierung anwesend sei, wollte Festredner Michael Naumann wissen. Es dauerte ein wenig, bis sich eine leise Stimme im dicht besetzten großen Hörsaal am Campus Griebnitzsee meldete. Es war nicht die von Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos). Sie war zum Neujahrsempfang der Uni nicht erschienen. Sie hätte einiges an Verdruss zu hören bekommen, an einer Hochschule, die gegen permanente Unterfinanzierung kämpft. Uni-Präsident Oliver Günther ist jemand, der auf solche Missstände in unmissverständlichen Worten hinweist. Immer wieder. So lange, wie er sagte, bis sich etwas ändert. Auch Naumann hatte die Sparzwänge angesprochen.

Doch Uni-Chef Günther wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen. Er sprach erst einmal von dem Rückenwind, mit dem die Uni ins neue Jahr starte. Ein gutes Jahr, weil schon 2013 ein gutes gewesen sei. Da waren die neuen Studiengänge zu nennen, das Lehramt für die Primarstufe hat nun den Schwerpunkt Inklusionspädagogik, womit man sich an die Spitze der Bewegung zur „Schule für alle“ setze. Dass dann auch erstmals in der deutschen Geschichte die Jüdische Theologie an einer öffentlichen Uni Einzug hielt, nannte Günter schlichtweg atemberaubend.

Das Siegel der Systemakkreditierung, das die Uni als eine der ersten deutschen Hochschulen 2013 von einem unabhängigen Expertengremium erhielt, sei im Raum Berlin-Brandenburg ein Alleinstellungsmerkmal. Es zeige, dass das Qualitätsmanagement der Uni in Lehre und Studium bundesweit hervorragend ist. Darüber hinaus landete man 2013 beim Gründerranking bundesweit auf Platz drei und die Evaluation der Profilbereiche sei ermutigend verlaufen.

Doch all diese Erfolge werden für den Uni-Präsidenten durch die anhaltend strukturelle Unterfinanzierung der Hochschule getrübt. So konnte Günther zwar stolz verkünden, dass die Dozenten 2013 die Rekordsumme von rund 50 Millionen Euro an Drittmitteln eingeworben hätten. Auch bundesweit ein außerordentlich hoher Wert. Doch Günther weiß, dass dies ein Pyrrhussieg ist. Mittlerweile hätten die aus Wirtschaft und Forschungsförderung eingeworbenen Drittmittel gut die Hälfte des Basishaushaltes der Uni erreicht. Doch die zusätzlichen Mittel finanzieren nur die Projekte, nicht aber die Infrastruktur wie Gebäude und Heizung. Jeder Euro Drittmittel verknappe so die pro Kopf verfügbaren Mittel für die Infrastruktur noch weiter. „Mehr Drittmittel wären bei der aktuellen Höhe der Landeszuwendungen daher nicht verantwortlich umzusetzen“, sagte Günther. Umgekehrt verspiele das Land aber die Chance, für jeden in die Uni investierten Euro 50 Cent an Drittmitteln dazuzugewinnen.

Die zu Jahresbeginn abgeschlossenen Hochschulverträge würden die Zuwendungen an die Hochschulen jahrelang auf völlig unzureichendem Niveau festschreiben, fuhr Günther fort. Die Potsdamer Uni hat als einzige Hochschule des Landes ihren Fünf-Jahresvertrag noch nicht unterzeichnet. Würde die Uni in der Landesfinanzierung an den Bundesdurchschnitt anknüpfen wollen, müsste sie ihre Zahl von 20 000 Studierenden um 5000 reduzieren. „So ist Spitzenforschung nicht zu finanzieren“, sagte Günther. Dass die Brandenburger SPD nun darüber nachdenke, den Hochschulen jährlich fünf Millionen Euro mehr zu geben, lässt den Uni-Chef zumindest etwas optimistischer ins neue Jahr blicken.

Der ehemalige Kulturstaatsminister Naumann, dessen Sohn mittlerweile Juniorprofessor am Hasso Plattner Institut ist, stellte schließlich eine grundsätzlichere Frage. Heute seien die Hochschulen zu Dienstleistern der Wirtschaft geworden. Wo die philosophischen Ziele der Universitäten dabei bleiben, die humanistischen Ideale, die Frage nach der Gerechtigkeit und bestmöglicher Gesellschaftsform, wollte der Sozialdemokrat wissen. Zu seiner Zeit hätten Magisterarbeiten 30 Seiten Umfang umfasst, heute seien es oft über 200 Seiten. „Wollen Sie das Ihren Kindern zumuten?“, fragte er die anwesenden Uni-Dozenten. Naumann schloss mit einer Utopie: Neben der Berufsvorbereitung sollten auch glückliche Menschen ein Ziel des Studiums sein. Was Glück allerdings bedeute, sei Stoff für ein philosophisches Proseminar. 

Ehrungen und Preise

Die Universitätsgesellschaft Potsdam verlieh zum Neujahrsempfang ihren mit 2.500 Euro dotierten Preis für die beste Promotion des Jahres an Dr. Sophie Zimmer aus der Philosophischen Fakultät. Im Fach Jüdische Studien beschäftigte sie sich in ihrer Dissertation zum Thema  „Le renouveau juif á Berlin depuis 1989: aspects culturels et religieux“ mit der Erneuerung des jüdischen Lebens in Berlin seit 1989. Die Arbeit wurde im Cotutelle-Verfahren von der Universität Potsdam und der Université Paris-Sorbonne betreut.

Den mit 1.000 Euro dotierten Preis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), der an  ausländische Studierende für besondere Leistungen vergeben wird, erhiellt in diesem Jahr Tomer Shenar aus Israel. Er hat im vergangenen Jahr sein Studium mit einer exzellenten Masterarbeit auf dem Gebiet der stellaren Astrophysik abgeschlossen und nun ein Promotionsstudium an der Universität Potsdam begonnen. Daneben engagiert er sich in verschiedenen Bildungsprojekten und unterstützt als Tutor Studierende im Fach Mathematik. 

Für herausragende sportliche Erfolge wurden in diesem Jahr die Leichtathletin Birte Damberius und der Boxer Aram Khachatryan geehrt.

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