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In Krampnitz läuft die Altlastensanierung. Das Land wartet noch auf Unterlagen zum Verkehrskonzept.

© Ottmar Winter

Ungeklärte Verkehrsanbindung: Für Krampnitz fehlen noch Genehmigungen

Das Land wartet noch auf Unterlagen zum Verkehrskonzept aus dem Potsdamer Rathaus. Unterdessen warnt ein Verkehrsexperte vor Bezug des neuen Wohnviertels ohne Tramanbindung.

Die Stadt hat für die angestrebte Ausweitung der geplanten Wohnbebauung in Krampnitz auf 10.000 Bewohner bislang noch kein grünes Licht vom Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung. Knackpunkt ist dabei der Verkehr: Konkret fehlen eine aktuelle sogenannte Verkehrsauswirkungsanalyse und ein darauf aufbauendes Verkehrskonzept sowie eine Prognoseuntersuchung über die Luftschadstoff- und Lärmauswirkungen und ein Maßnahmenkatalog für die Einhaltung der entsprechenden Grenzwerte entlang der B2. Das sagte Ministeriumssprecher Steffen Streu am Mittwoch auf PNN-Anfrage. Die Erfüllung dieser Auflagen sei die Voraussetzung für die Entwicklung von Krampnitz. Die 2015 dazu von der Stadt vorgelegten Unterlagen seien „nicht ausreichend“, die Stadt war darin noch nicht von der aktuellen Dimension des Projektes ausgegangen. „Selbstverständlich müssen für die Erfüllung dieser Auflagen die Zahlen für die gesamte Entwicklung in Krampnitz zugrunde gelegt werden“, so Streu. Das sei der Stadt entsprechend mitgeteilt worden. Die Stadt hatte die Ausweitung der Pläne von ursprünglich 3800 vorgesehenen Bewohnern auf nun 10 000 erstmals im März 2018 öffentlich gemacht.

Bürgerbündnis will Planungsstopp

Das Ministerium bestätigt damit eine Befürchtung des Bürgerbündnisses. In einem Antrag an das Stadtparlament fordert das Bürgerbündnis die Einstellung aller Planungsaktivitäten für Krampnitz, „bis ein tragfähiges Verkehrskonzept für die Region erstellt wurde“. Das Stadtparlament soll am 14. August erstmals über den Antrag beraten.

Stadt verweist auf Mobilitätskonzept

Bei der Stadt sieht man diese Forderung mit dem bereits beschlossenen Krampnitz-Masterplan und dem darin enthaltenen Mobilitätskonzept schon erfüllt, wie Stadtsprecherin Christine Homann auf PNN-Anfrage sagte. Nötig seien noch Abstimmungen „im Detail“ mit verschiedenen Ministerien und der gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg. Man sei über die Krampnitz-Planungen sowohl mit den Ministerien als auch der Landesplanung „kontinuierlich im Gespräch“. Dabei sei insbesondere Mobilität Thema gewesen. Es gebe bereits Termine für die abschließende Klärung der Fragen. Man gehe davon aus, dass das Land „die Zielrichtung positiv bewertet“, sagte Homann und verwies auf die Unterstützung durch das Land für die Einwerbung von Fördermitteln für den Tram-Ausbau.

Verkehrsexperte: "Autoarmes Viertel" funktioniert nicht ohne Tram

Neue Kritik an den bisherigen Verkehrsplanungen für Krampnitz kommt auch von einem Verkehrsexperten: Der Berliner Verkehrsplaner Siegmar Gumz von der Ingenieursgesellschaft Hoffmann und Leichter warnt vor den Folgen der Entwicklung vor einer Fertigstellung der Tram-Anbindung. Der teilweise Bezug des Stadtviertels vor der Fertigstellung der Tram, wie derzeit vorgesehen, konterkariere die Planungen für ein „autoarmes Viertel“. „Denn dann ziehen nicht die Leute hin, die autoarm wohnen wollen, weil man ja gar nicht ohne Auto hinkommt“, sagte Gumz: „Das muss von Tag eins an funktionieren.“ Als Termin für die Eröffnung der Tram war zuletzt das Jahr 2028 im Gespräch, eine offizielle Zeitangabe gibt es bislang nicht. Erste Bewohner sollen bereits ab 2021 einziehen. Gumz war Podiumsgast bei einer Diskussion zum Verkehr am Dienstagabend in der Villa Adlon in Neu Fahrland, zu der die CDU-Landtagsabgeordnete und -kandidatin Saskia Ludwig eingeladen hatte.

Der Berliner Verkehrsplaner Siegmar Gumz.
Der Berliner Verkehrsplaner Siegmar Gumz.

© promo

Gumz betonte zudem, dass Krampnitz als „autoarmes Viertel“ nur funktionieren könne, wenn die Errichtung und langfristige Finanzierung der dafür nötigen Infrastruktur planungsrechtlich gesichert werde – etwa über einen städtebaulichen Vertrag. Es sei davon auszugehen, dass die Errichtung und der Betrieb der Infrastruktur zusätzliche Nebenkosten von drei Euro pro Quadratmeter bedeute: „Autoarmes Wohnen ist teuer.“ So müsse beispielsweise dauerhaft sichergestellt werden, dass Leihräder, die für Einkäufe im Viertel genutzt werden, abends an die Ausleihpunkte zurückgebracht werden.

Die Krampnitz-Tram werde das Verkehrsproblem rund um das neue Wohnviertel nicht lösen, darin waren sich bei der Diskussion Verkehrsplaner Gumz, Anja Hänel vom Verkehrclub Deutschland, Carmen Klockow (Bürgerbündnis), die Ortsvorsteherin von Neu Fahrland, und Philipp Pajak, Leiter eines Studierendenprojektes der Hasso-Plattner-Stiftung zum Verkehr in Potsdam, einig. Viele Bewohner würden auch nach Berlin-Spandau pendeln, sagte Klockow. Die B2 sei schon jetzt viel befahren – und im Stau stehe man unabhängig davon, ob man im Auto oder Bus unterwegs sei. Wie das zusätzliche Verkehrsaufkommen geschultert werden soll, sei unklar. Diskutiert wurden auch ausgefallene Vorschläge für den Verkehr in Potsdam wie die von Saskia Ludwig ins Spiel gebrachte Seilbahn, eine U-Bahn oder eine Tram-Anbindung nach Spandau. Sie alle haben denselben Haken: lange Planungsverfahren und hohe Kosten.

HINTERGRUND

Die Umwandlung der seit Jahren brach liegenden Kaserne Krampnitz in ein neues Stadtviertel für bis zu 10 000 Menschen ist aktuell das größte Stadtentwicklungsprojekt Potsdams. Die Stadt hatte zunächst mit 3800 Bewohnern geplant. Im März 2018 waren erstmals die erweiterten Pläne öffentlich vorgestellt worden. Im Frühjahr 2019 wurde bekannt, dass es bei der Tramanbindung – deren Eröffnung für Ende 2025 angepeilt war – zu erheblichen Zeitverzögerungen kommt. Im Mai hatte noch nicht einmal das Planfeststellungsverfahren für die Trasse begonnen. Hinzu kommen nötige Grundstücksankäufe und die Bauzeit selbst. Ein belastbares neues Eröffnungsjahr für die Tram nennt die Stadt bislang noch nicht. Zuletzt war 2028 im Gespräch.

Neben dem Entwicklungsträger der städtischen Pro Potsdam wird in Krampnitz die Deutsche Wohnen zum Zuge kommen: Dem Immobilienkonzern gehört der Großteil der denkmalgeschützten Kasernengebäude, die er sanieren und ab Ende 2021 vermieten will.

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