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Eingerüstete und überdachte Villa Schlieffen in Potsdam.

© Ottmar Winter

Unesco-Weltererbe in Potsdam: Villa Schlieffen wird Schaudenkmal

Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner will "so schnell wie möglich" mit der Sanierung anfangen. Stadt Potsdam stellt Genehmigung Ende Juni in Aussicht.

Potsdam - Es ist ein Vorzeigeprojekt im Potsdamer Unesco-Welterbe: die Sanierung der Villa Schlieffen an der Großen Weinmeisterstraße. Noch in diesem Sommer könnten die Arbeiten an dem maroden Bauwerk starten. Wie der Inhaber, Axel-Springer-Vorstandschef und Wahl-Potsdamer Mathias Döpfner, den PNN sagte, solle mit der Sanierung „so schnell wie möglich“ begonnen werden, sobald die Baugenehmigung vorliege. Diese hat die Stadtverwaltung jetzt für Ende Juni in Aussicht gestellt. Das bereits Ende 2019 begonnene Baugenehmigungsverfahren könne „voraussichtlich bis Ende des Monats abgeschlossen werden“, heißt es in einer Antwort des Rathauses auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Andere.

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Döpfner rechnet damit, dass die Sanierung rund ein Jahr in Anspruch nehmen wird. Anders als bislang angenommen soll die Villa Schlieffen nach ihrer Instandsetzung jedoch nicht als reines Kunsthaus genutzt werden – sondern vor allem als authentischer Erinnerungsort an die Zeit bis 1995, als weite Teile der Nauener Vorstadt nicht öffentlich zugänglich waren. Diese Pläne hat das Baudezernat unter dem Beigeordneten Bernd Rubelt (parteilos) in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage der Stadtverordnetenfraktion bekannt gegeben.

Mathias Döpfner.
Mathias Döpfner.

© Mike Wolff

Döpfner bestätigte gegenüber den PNN die Planungen. Er sagte, die Villa Schlieffen sei eines der wenigen erhaltenen Dokumente der sowjetischen Nutzung der Häuser der sogenannten „Verbotenen Stadt“. In dem damals abgeriegelten Areal zwischen Pfingstberg und Neuem Garten hatte der sowjetische Geheimdienst KGB über 40 Jahre lang seine Deutschland-Zentrale der Militärspionageabwehr, woran heute auch ein Geschichtslehrpfad erinnert. Döpfner sagte, die Villa Schlieffen sei damals vor allem als Raum für Schießübungen genutzt worden. „Der Zustand soll – nach Rücksprache mit der Stiftung Schlösser und Gärten – nicht durch Modernisierung unsichtbar, sondern weitestgehend konserviert werden“, so Döpfner. Für Besucher werde das Haus wie geplant nach Voranmeldung zugänglich sein.

Der Bau befindet sich am Rande des Parks der Villa Henckel, die Döpfner gehört. Auch dieses historische Areal will der Medienmanager teilweise für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Villen Henckel, Quandt, Lepsius und Schlieffen bilden ein Ensemble am Pfingstberg.

Villa Henckel in der Nauener Vorstadt in Potsdam.
Villa Henckel in der Nauener Vorstadt in Potsdam.

© Ottmar Winter

Die Betreuung und Führung der Besucher der Villa Schlieffen soll künftig laut Döpfner nicht – „wie zwischenzeitlich diskutiert“ – durch die Gedenkstätte Leistikowstraße erfolgen, sondern durch die Villa Schöningen an der Glienicker Brücke, die Döpfner saniert und 2009 als Kunsthaus eröffnet hatte. Dabei sei daran gedacht, die Ausstellungskonzepte der zwei Standorte zu koordinieren und gegebenenfalls auch zu kombinieren. „Auch in der Villa Schlieffen sollen immer wieder Kunstprojekte – auch ganz unabhängig von Ausstellungen der Villa Schöningen – gezeigt werden“, so Döpfner.

Ausstellungshaus Villa Schöningen an der Glienicker Brücke.
Ausstellungshaus Villa Schöningen an der Glienicker Brücke.

© Ottmar Winter

Das Projekt Villa Schlieffen hat eine lange und wahrlich nicht konfliktfreie Vorgeschichte. Vor mehr als sechs Jahren hatte sich das Sanierungsvorhaben zum Politikum entwickelt. Anwohner hatten gegen die aus Sicherheitsgründen erfolgte Schließung des Parkareals an der Villa protestiert. 

Zudem zeigte sich die Stadtspitze unter dem damaligen Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) irritiert, weil Döpfner und die Schlösserstiftung zunächst ohne die Bauverwaltung über die Nutzung des Areals verhandelt und nur begrenzte Öffnungszeiten vorgesehen hatten. Auch der später zwischen Rathaus und Döpfner geschlossene Kompromiss war auf Kritik gestoßen: Ein zu großer Teil des einst öffentlichen Areals sei nun ausschließlich für private Nutzung durch den Investor vorgesehen, so die linksalternative Fraktion Die Andere.

Nießbrauchvertrag über 60 Jahre abgeschlossen

In dem Kompromiss hatte Döpfner sich gegenüber der Schlösserstiftung verpflichtet, für das 6,3 Hektar große Gelände mindestens 1,8 Millionen Euro aufzuwenden. Knapp fünf Hektar des Parks werden wieder öffentlich zugänglich sein. Zudem soll die Villa Schlieffen saniert werden. Im Gegenzug kann Döpfner einen Teil des Parks über einen sogenannten Nießbrauchvertrag bis zu 60 Jahre lang privat nutzen. Dadurch vergrößert sich das Gelände seiner Villa Henckel deutlich. 

Die Schlösserstiftung hatte für die Sanierung der Villa Schlieffen keine Mittel, und auch die Parkpflege will Döpfner übernehmen. Das gesamte Projekt hatte sich wegen langer Genehmigungsverfahren und Sturmschäden in der Parkanlage in die Länge gezogen. Allerdings betonte Döpfner, der erste Bauabschnitt sei fristgerecht fertiggestellt worden – in diesem Zuge war ein Parkabschnitt schon vor einem Jahr für Besucher geöffnet worden. Gehe mit der Sanierung alles nach Plan, werde auch der zweite Bauabschnitt trotz Coronakrise innerhalb des vorgesehenen Zeitraums fertig.

"Wichtige Zeitschicht des 20. Jahrhunderts"

Auch der Sprecher der Schlösserstiftung Frank Kallensee sagte, die Maßnahmen würden planmäßig laufen. Die Entscheidung, die Villa Schlieffen als Zeugnis der sowjetischen Nutzung denkmalgerecht zu erhalten, sei auch mit der Schlösserstiftung abgestimmt, so Kallensee: „Auf diese Weise kann kommenden Generationen nicht nur eine wichtige Zeitschicht des 20. Jahrhunderts gezeigt werden, sondern das Haus fügt sich damit auch in eine – in ihrer Art einmalige – Museums-, Gedenk- und Erinnerungslandschaft ein, zu der das Schloss Cecilienhof, das Pfingstbergareal und die Gedenkstätte Leistikowstraße gehören.“

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