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Umstrittener Versuch in Potsdam: Zeppelinstraße bleibt wohl verengt

Die Abgaswerte an der Zeppelinstraße sind seit Auftakt der Einengung deutlich gesunken. Das Ministerium bewertet umstrittenen Versuch in Potsdam positiv. Derzeit sieht es so aus, als bliebe die Straße verengt.

Potsdam - Die Werte könnten die Vorentscheidung dafür sein, ob die umstrittene Verengung der Zeppelinstraße für Autofahrer bestehen bleibt: Erstmals seit vielen Jahren hat die Luftqualität in der Zeppelinstraße im abgelaufenen Jahr 2017 den gesetzlichen Vorgaben genügt. Demnach wurde an der dortigen Messstelle nahe dem Bahnhof Charlottenhof im Schnitt 34 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft gemessen – der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. Das teilte das Landesamt für Umwelt jetzt auf seiner Internetseite mit. Im letzten Monat des vergangenen Jahres, im Dezember, wurden wohl auch wegen der verkehrsärmeren Weihnachtszeit nur noch Werte von 26 Mikrogramm erreicht.

In der wichtigen Ausfallstraße gibt es seit Anfang Juli 2017 nur noch eine Geradeausspur je Richtung, dazu eine wechselseitige Mittelspur für Linksabbieger. Mit der von Autofahrern viel kritisierten Einengung sollte sechs Monate lang getestet werden, ob die Luftqualität in der Straße besser wird, wenn dort weniger Autos unterwegs sind. Hintergrund sind die seit Anfang 2015 europaweit geltenden, rechtsverbindlichen Grenzwerte für gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid (NO2), die dort in den Vorjahren stets überschritten worden sind.

Bleibt die Einengung der Zeppelinstraße in Potsdam bestehen? Die Entscheidung soll in knapp vier Monaten fallen

Trotz des Endes des Versuchs bleibt die grundsätzliche Verengung zunächst weiter bestehen – bis zu einer Entscheidung in knapp vier Monaten. „Jetzt steht die Evaluationsphase an“, sagte eine Stadtsprecherin am Montag auf Nachfrage. Im März werde man eine Vorlage ins Stadtparlament einbringen, wie es konkret auf der Bundesstraße weitergehen soll. Nach der dann obligatorischen Debatte in den Fachausschüssen könnten die Stadtverordneten im April eine Entscheidung treffen. Beim Vorschlag der Stadtverwaltung würden nicht nur die Schadstoffwerte in der Zeppelinstraße einbezogen, sondern auch die Belastung in Parallelstraßen und andere Faktoren, sagte die Sprecherin. Umweltschützer hatten den Versuch bereits gelobt, vor allem den dadurch neu entstandenen Fahrradstreifen in Richtung Ortsausgang.

Auch im Landesumweltministerium bewertet man den Versuch als erforderlich und verhältnismäßig – und empfiehlt die Fortsetzung. Das machte der Abteilungsleiter für technischen Umweltschutz, Axel Steffens, auf PNN-Nachfrage deutlich. Insofern sei die faktische Verlängerung des Versuchs bis April auch sinnvoll. Ohne den Versuch könnte auch über die Verhängung von Diesel-Fahrverboten an der Stelle debattiert werden: „Aber in diese Situation wollen wir nicht kommen.“ Die Zeppelinstraße sei wegen der überhöhten Abgaswerte ein Teil des Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen Deutschland, weswegen diversen Kommunen empfindliche Strafzahlungen drohen. Daher sei der Handlungsdruck in der Zeppelinstraße auch groß, so Steffens.

35 Prozent mehr Fahrzeuge in der geschwister-Scholl-Straße registriert

Allerdings gebe es noch Nachteile: Unter anderem seien Ausweichverkehre entstanden. In einer ersten Zwischenbilanz hatte die Bauverwaltung erklärt, seit der Verengung seien in Teilen der Straße bis zu 4000 Autos pro Tag weniger unterwegs, früher waren es dort etwa 27 000 Wagen täglich. Als ein Problem hatte man im Rathaus aber eingeräumt, dass gerade in der parallel verlaufenden Geschwister-Scholl-Straße bis zu 35 Prozent mehr Fahrzeuge registriert würden, hieß es damals – hier müssten noch Lösungen gefunden werden. Ein massenhafter Umstieg in den öffentlichen Nahverkehr, wie ihn die Stadtverwaltung erhofft hatte, konnte bisher nicht registriert werden. Für Ende des Jahres hat die Stadtverwaltung allerdings den Baustart für eine lang geforderte Busspur zwischen Geltow und Potsdam angekündigt, damit Pendler im öffentlichen Nahverkehr bequem am Stau vorbeifahren können und so mehr Anreize besitzen, ihr Auto stehen zu lassen. Gegen den Versuch hatten sich unter anderem die Industrie- und Handelskammer sowie Autofahrervertreter ausgesprochen, zumal viele Pendler auf andere Routen ausweichen würden.

Politisch hatte sich vor allem die oppositionelle Linke-Fraktion gegen die Verengung engagiert. Dagegen sagte SPD-Fraktionschef Pete Heuer am Montag auf Anfrage, die Fraktion werde sich noch beraten: „Aber die Fakten sprechen für sich und lassen eine Unterstützung der Position der Stadtverwaltung wahrscheinlich werden.“ Auch die Grünen stützen den Kurs, ebenso – trotz Bedenken – bisher auch die CDU/ANW.

Eine Auffälligkeit gibt es bei den Werten noch: Schon in den ersten Monaten des Jahres hatten die NO2-Werte in der Zeppelinstraße nur im Februar und März knapp über den Grenzwerten gelegen, ansonsten aber auch durchweg knapp darunter. Auch in der Großbeerenstraße, in der die Grenzwerte in den vergangenen Jahren stets knapp erreicht wurden, ging die NO2-Belastung den Zahlen nach leicht auf 34 Mikrogramm zurück, ohne dass dort größere Maßnahmen durchgeführt wurden. Steffens sagte, ungefähr drei Mikrogramm NO2 seien mit der Wetterlage erklärbar. Die Großbeerenstraße sei zudem vor 2017 häufig als Ausweichstraße für frühere Großbaustellen benutzt worden, auch damit sei die jetzt geringere Schadstoffbelastung erklärbar.

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Hintergrund: Feinstaub

Beim Problem Feinstaub gab es vergangenes Jahr in Potsdam nur eine geringe Belastung, wie aus Zahlen des Umweltbundesamtes hervorgeht. In der Zeppelinstraße in Potsdam wurde demnach 2017 an zehn Tagen die Menge von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft überschritten, im Vorjahr waren es sieben Tage. Die EU-Richtlinie erlaubt Überschreitungen allerdings an maximal 35 Tagen. An der Leipziger Straße in Frankfurt (Oder) wurde die Menge an 13 Tagen überschritten, im Vorjahr waren es zehn Tage. Beim Ozon zeichnete sich dagegen eine Besserung ab. Im Zentrum Potsdams wurde vergangenes Jahr an drei Tagen der zulässige Acht-Stunden-Mittelwert überschritten, im Vorjahr waren es elf Tage. Zum Vergleich: In Frankfurt (Oder) reduzierte sich die Zahl der Tage mit überhöhten Werten von 14 auf sieben. Das Vorkommen von solchen Luftschadstoffen hängt nicht allein mit dem Ausstoß zusammen, sondern auch stark vom jeweiligen Wetter ab. (mit dpa)

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