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Größter unter Kleinen. Unter den kommunalen Krankenhäusern in Brandenburg hat das Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ den Spitzenplatz. Im Vergleich zu privaten Klinikkonzernen sei man aber klein, so Geschäftsführer Steffen Grebner.

©  Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Umstrittene Einkaufstour

Potsdams Bergmann-Klinikum will beim Krankenhaus Forst einsteigen. In der Lausitz weckt das Ängste

Das Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ (EvB) möchte weiter wachsen. Die Expansionspläne aus der Landeshauptstadt sind jedoch nicht unumstritten – besonders in der Lausitz ist man nicht erfreut. Anlass ist die Ende Januar von den Potsdamer Stadtverordneten abgesegnete Übernahme von 51 Prozent der Anteile am städtischen Krankenhaus von Forst. Das erschwere die Versorgung von Patienten in der Region, so Annegret Hofmann, Sprecherin des Cottbuser Carl-Thiem-Klinikums (CTK).

Das Krankenhaus Forst hat etwa 300 Mitarbeiter und verfügt über 255 Betten. Der Einstieg soll das Bergmann-Klinikum zwei Millionen Euro kosten. Zusätzlich soll eine Million Euro in Form von Sacheinlagen und Investitionen in das neue Tochterunternehmen eingebracht werden. Konkreter Anlass der Cottbuser Beschwerden ist nun ein Passus im Beschluss zur Übernahme: So solle die Wettbewerbsfähigkeit des EvB durch die Erweiterung des Patienteneinzugsgebiets durch Verlegung von Patienten mit komplexen Erkrankungen aus Forst gestärkt werden, heißt es darin. Nun befürchten die Cottbuser, dass Forster Patienten, die bisher im CTK weiter behandelt wurden, künftig nach Potsdam verlegt werden. „Ist im Ernst geplant, dass Forster Patienten zur Behandlung nach Potsdam fahren müssen?“, fragte CTK-Geschäftsführer Till Frohne ungläubig in einer Stellungnahme zu den Potsdamer Plänen.

Doch nicht nur in Cottbus gibt es Kritik. Auch die größte Krankenkasse des Landes, die AOK Nordost, zweifelt am Nutzen des Potsdamer Einstiegs in Forst. Schwerpunktversorger in Südbrandenburg sei das Cottbuser Klinikum, so Sprecherin Gabriele Rähse. Das übernehme bestimmte Behandlungen für die gesamte Umgebung. Damit die Qualität hoch bleibe, brauche das CTK aber eine ausreichende Anzahl an Patienten. Bisher gab es zwischen Forst und Cottbus eine Kooperation. Würden nun Patienten aus Forst nach Potsdam verlegt, schade das der Qualität der Versorgung in der Region. Außerdem solle man auch bedenken, was eine Verlegung nach Potsdam für die Patienten und ihre Angehörigen bedeute, so Rähse. Ein Krankenbesuch im etwa 30 Kilometer von Forst entfernten Cottbus sei eben einfacher als im 160 Kilometer entfernten Potsdam.

Die Kritik weist man im Ernst-von-Bergmann-Klinikum zurück. Die Behandlung komplizierter Fälle aus Forst in Potsdam sei eine Alternative zu Kliniken in Berlin oder Universitätsmedizin in Dresden, so EvB-Geschäftsführer Steffen Grebner. Diese Standorte seinen ähnlich weit entfernt von Forst wie Potsdam. Außerdem biete das Bergmann-Klinikum schon jetzt den größten Fächerkanon aller Krankenhäuser im Land Brandenburg an. Davon könne Forst nur profitieren.

Die Etablierung eines Verbundes aus kommunalen Krankenhäusern sei nötig, um wirtschaftlich mit den privaten oder kirchlichen Krankenhausketten mitzuhalten, so Grebner. Im Laufe dieses Jahrzehnts soll sich das städtische Klinikum deshalb zum Kern eines überregionalen Klinikverbunds entwickeln. „Das ist die Vision“, so Grebner. Bis zum Jahr 2020 sollen sich so zehn Krankenhäuser zusammenschließen. Der Verbund solle 4000 bis 5000 Betten haben und bis zu 12 000 Mitarbeiter beschäftigen. „Wir sind kein Stadtkrankenhaus. Unser Versorgungsauftrag ist überregional“, sagte Grebner. Weitere kommunale Partner sollen gewonnen werden, um Fixkosten zu senken und im Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte mitzuhalten. Dafür werde nicht zwangsläufig ein Kauf von Anteilen nötig, so Grebner. Es könnten auch langfristige Allianzen gebildet werden. Um welche Partner es sich handeln könnte, sagte Grebner noch nicht.

Auch Forsts Bürgermeister Jürgen Goldschmidt (FDP) bemüht sich, die Schärfe aus der Diskussion zu nehmen. „Der Anteilserwerb betrifft die Beziehung zu Cottbus nicht“, sagte er den PNN. Die Standortnähe entscheide nach wie vor über den Behandlungsort. Die seit Jahrzehnten gepflegte Zusammenarbeit mit Cottbus solle fortgesetzt werden. Außerdem sei der Potsdamer Einstieg in Forst nicht überraschend gekommen. Seit 2007 habe es Überlegungen gegeben, einen strategischen Partner für das Krankenhaus zu suchen. Die Übernahme der Anteile sei europaweit ausgeschrieben gewesen. Zu Bedingungen und anderen Bietern wollte Goldschmidt mit Verweis auf das noch nicht abgeschlossene Verfahren keine Angaben machen. Am 21. Februar sollen die Stadtverordneten von Forst über den Zuschlag abstimmen. Ihre Zustimmung gilt als sicher.

Beim brandenburgischen Gesundheitsministerium ist man angesichts der Potsdamer Einkaufstour in Forst entspannt: „Die Krankenhausplanung des Landes legt großen Wert auf Kooperationen und Netzwerke unter den Krankenhäusern unterschiedlicher Versorgungsstufen“, so Sprecherin Alrun Kaune-Nüßlein. Auch der Verbund kommunaler Krankenhäuser könne einen Beitrag zur Stärkung der Daseinsvorsorge leisten. Man lege Wert darauf, dass Kooperationen in der Lausitz auch in der neuen Trägerschaft gepflegt werden. Auch das Cottbuser Klinikum habe sich nach Kenntnis des Ministeriums in der Ausschreibung um die Forster Anteile beworben.

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