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Zwischen Glienicker Horn (o.r.) und der Villa Tummeley gibt es keinen Uferweg. 

© Lutz Hannemann

Uferweg am Tiefen See in Potsdam: Keine Aussicht auf den Weg

Seit 1992 hat die Stadt Potsdam das Ziel, am Tiefen See einen Uferweg zu bauen. Viel getan hat sie dafür nicht.

Von Peer Straube

Potsdam - Es ist einer der ältesten Bebauungspläne der Stadt, der mit der Nummer sieben. 1992 beschlossen, soll er einen durchgängig freien Uferweg am Tiefen See sichern – in der noblen Berliner Vorstadt, zwischen Glienicker Brücke und Humboldtbrücke. Zahlreiche wichtige Blickbeziehungen gebe es dort: zum Babelsberger Park, zum Böttcherberg in Klein Glienicke, zum Schlosspark Glienicke und zum Park des Glienicker Jagdschlosses. Selbst das seinerzeit noch vom späteren Potsdamer Oberbürgermeister und Brandenburger Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) geleitete Landesumweltministerium wies laut B-Plan „ausdrücklich auf die Notwendigkeit hin, die Uferzonen für die Öffentlichkeit freizuhalten“. All dies sollte durch Ankauf von Uferflächen, durch die Eintragung von Wegerechten im Grundbuch oder notfalls Enteignungen durchgesetzt werden. Wo die Grundstücke besonders schmal sind, sieht der B-Plan Aufschüttungen im Uferbereich vor.

Stadt Potsdam nahm wohl niemals ein Vorkaufsrecht wahr

26 Jahre später ist das einst so forsch formulierte Ziel allerdings ferner denn je. In wie vielen Fällen seit Inkrafttreten des B-Plans 1992 die Stadt das Vorkaufsrecht wahrgenommen hat, das ihr bei jeder Weiterveräußerung eines Grundstücks zusteht, kann das Rathaus nicht beantworten. „Eine derartige Recherche ist aufgrund der langen Zeitspanne und der Suche in Handakten aus den vergangenen 26 Jahren aktuell nicht möglich“, antwortete ein Stadtsprecher auf eine entsprechende PNN-Anfrage. Einen Beleg dafür, dass die Stadt überhaupt jemals Uferflächen gekauft hat, gibt es demnach nicht. Der letzte bekannte Fall, in dem die Stadt auf ein Vorkaufsrecht verzichtet hat, stammt von 2012. Für ein 250 Meter großes Ufergrundstück wären damals rund 150 000 Euro fällig geworden. Das Rathaus lehnte aus Geldmangel ab, anschließende Verhandlungen über ein Wegerecht scheiterten. Das ist nicht verwunderlich, zählen die Wasserlagen am Tiefen See nach denen am Heiligen See doch zu den lukrativsten der Berliner Vorstadt.

Von den 2400 Metern, die ein vollständiger Uferweg lang wäre, sind derzeit 1310 Meter fertig. Was sich zunächst nicht schlecht anhört – schließlich ist das mehr als die Hälfte der Gesamtlänge –, entpuppt sich auf den zweiten Blick jedoch buchstäblich als alter Hut. Denn die beiden Uferwegteilstücke, die sich auf die von der Stadt genannten 1310 Meter summieren, sind seit Jahren, teils sogar Jahrzehnten fertig: Der Uferweg von der Glienicker Brücke über das Glienicker Horn bis zum Sportplatz des ESV Lok wurde bereits in den 1990er-Jahren angelegt. Das andere Teilstück von der Humboldtbrücke bis zur Villa Tummeley an der Schiffbauergasse entstand Mitte der 2000er-Jahre im Zuge der Sanierung des dortigen Kulturstandorts. Seitdem geschah am Tiefen See in Sachen Uferweg nichts Nennenswertes mehr.

Es gibt nur drei Wegerechte

Und dabei dürfte es auf lange Sicht bleiben. Denn die insgesamt 34 Grundstücke, die zwischen der Villa Tummeley und dem Lok-Sportplatz liegen, sind, bis auf die in städtischem Eigentum befindliche Fläche der Sporthalle und des Sportplatzes des Oberstufenzentrums Johanna Just, sämtlich in Privatbesitz. Für lediglich drei davon hat die Stadt bislang ein Wegerecht aushandeln können: für das Areal der Villa Tummeley, das Aldi-Grundstück und die Privatfläche, auf dem die Schiffspension am Tiefen See liegt. Mit deren Inhaber Ulrich Dalichow hatte sich die Stadt einen jahrelangen Rechtsstreit um ein Nebengebäude geliefert, der in einem Vergleich endete. Demnach müsste er das Gebäude „binnen zwei Wochen nach Mitteilung des Beginns der Bauarbeiten für einen Uferweg abreißen, soweit es zur Umsetzung des Uferwegs erforderlich ist“, sagte ein Stadtsprecher den PNN.

Im Zuge dieser juristischen Auseinandersetzung hatte das Verwaltungsgericht vor Jahren sogar damit gedroht, den B-Plan zu kippen, weil die Stadt bislang nicht habe erkennen lassen, dass sie es mit der Durchsetzung eines Uferwegs wirklich ernst meine. Diese Gefahr besteht nach dem Vergleich vorerst zwar nicht mehr, an einen raschen Fortschritt in Sachen Uferweg glaubt man aber auch im Rathaus nicht. Einen Zeitpunkt für einen komplett begehbaren Uferweg könne man nicht nennen, weil dies von etwaigen Grundstücksverkäufen und damit der „Möglichkeit von Ankäufen“ abhängig sei. Neben den entsprechenden finanziellen Mitteln sei hier auch „viel Geduld nötig“, sagte der Stadtsprecher.

Uferweg am Tiefen See wäre viel teurer als der am Griebnitzsee

So muss sich wohl auch die Sanus AG, die derzeit das Grundstück der Villa Tummeley zu einem Luxus-Wohnkomplex entwickelt, kaum sorgen, dass Flaneure den Blick der Wohnungskäufer auf den Tiefen See verstellen. Zwar muss der Investor laut städtebaulichem Vertrag den Uferweg nicht nur dulden, sondern auch bezahlen – aber erst, wenn auch der weitere Wegeverlauf nach Norden gesichert ist. Dafür gibt es aber keine Anzeichen.

Eins aber dürfte klar sein: Gegen einen Uferweg am Tiefen See wäre einer am Griebnitzsee wohl ein Schnäppchen. Für Letzteren kalkuliert die Stadt mit 13 Millionen Euro, Enteignungen inklusive. Am Tiefen See wird das nicht reichen. Schon vor sechs Jahren hatte der damalige Uferwegsbeauftragte der Stadt erklärt, dass dieser „deutlich teurer“ würde als der Weg am Griebnitzsee.

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