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So sah der gesperrte Weg am 20. April 2009 aus.

© Foto/Archiv: Andreas Klaer

Uferweg am Griebnitzsee: Schlöndorff kritisiert Potsdams Stadtspitze

Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff wirft Oberbürgermeister nach Uferweg-Urteil mangelnden Einsatz vor. Auch Mäzen Hasso Plattner hat wenig Verständnis – für beide Seiten.

Babelsberg - Im bereits Jahrzehnte andauernden Konflikt um den Uferweg am Griebnitzsee haben prominente Anwohner nach dem jüngsten Gerichtsurteil Kritik an der Stadt Potsdam geübt. Regisseur und Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff sagte auf PNN-Anfrage, das erneute Scheitern des städtischen Bebauungsplans für das Seeufer vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) sei „umso peinlicher“, da sowohl der heutige Oberbürgermeister Mike Schubert als auch sein Vorgänger Jann Jakobs (beide SPD) den Weg immer zur Chefsache gemacht hätten. Dies sei jedoch „sicher nur aus wahltaktischen Gründen“ geschehen, wie sich jetzt herausstelle. „Wäre es ihnen wirklich um die Sache gegangen, hätten sie dieselbe mit mehr Sorgfalt und persönlichem Einsatz betrieben“, sagte Schlöndorff den PNN.

Das OVG hatte den Bebauungsplan am Mittwoch für unwirksam erklärt, dagegen geklagt hatten 20 See-Anrainer. Das Gericht stellte inhaltliche Mängel des B-Plans fest. So seien etwa Sicherheitsinteressen und Ansprüche auf Schutz der Privatsphäre der betroffenen Eigentümer nicht hinreichend bewertet worden. Eine Revision gegen die Entscheidung wurde nicht zugelassen. Die Stadt Potsdam kündigte an, die Urteilsbegründung abzuwarten und weitere Schritte zu prüfen.

Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff.
Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff.

© Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/

Potsdam darf Kampf nicht aufgeben

Oscar-Preisträger Schlöndorff sagte, die Stadt „schuldet es ihren Bürgern, nun mit neuem Einsatz und mit Sorgfalt für den freien Uferweg zu kämpfen“. Gebe Potsdam „diesen Kampf auf, muss sie sich nicht nur vor ihren Bürgern, sondern auch vielen anderen in Deutschland rechtfertigen“, denn der Fall habe Präzedenzcharakter. „In Hamburg und in Bayern schütteln die Leute eh schon den Kopf vor soviel preußischem Versagen“, so Schlöndorff weiter. 

Dass der Weg, der nahe des ehemaligen Postenwegs der DDR-Grenzer verlaufen soll, bald geöffnet werde, glaubt der heute 80-jährige passionierte Läufer jedoch nicht: „Ich rechne nicht mehr damit, mal wieder auf dem Weg zu laufen, es sei denn ich werde 100.“ Schlöndorff kritisierte jedoch auch die Anrainer, die gegen den Weg klagten: Deren Verhalten finde er „ebenso peinlich, ja geradezu ehrenrührig“. Sie seien „proportional wenige“, und er frage sich, ob ihnen „ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis“ mit den anderen Anrainern und Nachbarn, aber auch den Touristen nicht „wichtiger sein sollte als ein paar Quadratmeter Gartenfläche“.

Mäzen Hasso Plattner hat wenig Verständnis

Wenig Verständnis für das Vorgehen beider Seiten im Uferweg-Konflikt äußerte auch Potsdam-Mäzen und SAP-Gründer Hasso Plattner, der die von Mies van der Rohe 1915 errrichtete Villa Urbig am Griebnitzsee besitzt. Die Argumente beider Seiten seien fragwürdig, sagte Plattner am Donnerstag auf PNN-Anfrage und bezog sich unter anderem auf nötige Baumfällungen. 

Dennoch wolle man „also weiter so mit dem Kopf durch die Wand“. Als der Uferweg noch existiert habe, sei es bequem gewesen, ihn zu benutzen, sagte Plattner weiter. „Mir ist der Uferweg inzwischen egal.“ Er sicherte jedoch zu, dass das am Ufer vor der Villa Urbig bestehende Teilstück des Weges bestehen bleiben werde – zu betreten ist es allerdings außer von der Wasserseite seit vielen Jahren nicht, da Anrainer links und rechts den Weg gesperrt haben.

Hasso Plattner.
Hasso Plattner.

© Andreas Klaer

Anrainer sperrten Uferweg

Der Uferweg am Griebnitzsee war bis 2009 passierbar, dann sperrten erste Anrainer den knapp drei Kilometer langen Weg, der über Privatgrundstücke führt. Rechtlich kann die Stadt seit vielen Jahren nichts dagegen tun, da sie es nach der politischen Wende versäumt hatte, den mit dem Fall der Mauer geöffneten Weg durch einen Bebauungsplan zu legitimieren. Alle Versuche, dies nachzuholen, scheiterten – zuletzt am Mittwoch vor dem Berliner OVG.

Wie sich die Potsdamer Stadtpolitik mehrheitlich zu möglichen neuen Versuchen, den Uferweg notfalls auch mit Enteignungen durchzusetzen, positioniert, ist derweil offen. Im Hauptausschuss am Mittwochabend sagte CDU-Oppositionschef Götz Friederich, dass Oberbürgermeister Schubert nun versöhnliche Zeichen in alle Richtungen aussenden müsse, „um Türen wieder zu öffnen“. Das OVG-Urteil sei eine „kalte Dusche“ für die Stadt, sagte Friederich gegenüber den PNN. Es erstaune ihn sehr, dass erneut Abwägungsfehler zum Scheitern geführt hätten. Nun gehe es darum, „wieder zu verhandeln, statt zu enteignen“.

Schubert sagte im Ausschuss, er wolle sich im Januar mit den Fraktionen zusammensetzen und die Situation bewerten. SPD-Fraktionschefin Imke Eisenblätter teilte den PNN mit, man schließe sich der Ansicht von Schubert an. Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg sagte auf Anfrage, die Entscheidung sei „ein fatales Signal für freie Uferwege“. Er finde das Urteil persönlich nur „schwer nachvollziehbar“. 

FDP-Fraktionschef Björn Teuteberg findet, das OVG-Urteil sei „eine schallende Ohrfeige“ für die Stadtspitze. Das Gericht habe bestätigt, „dass es nur eine Lösung mit und nicht gegen die betroffenen Eigentümer geben kann“. Ein drittes B-Plan-Verfahren „würde die Stadtverwaltung erneut überfordern“, meint Teuteberg. Zudem lehne die FDP Enteignungen weiterhin ab. Auch seien die Kosten für Grunderwerb, Entschädigungen, Herstellung des Uferweges und Rechtsberatung in Höhe von mindestens 13 Millionen Euro unverhältnismäßig.

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