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Die drei Angeklagte mit ihren Anwälten bei der Verhandlung vor dem Landgericht Potsdam am 27. Januar 2020.

© Carsten Holm

Update

Überfall mit Elektroschockern: Räuber-Trio wollte Geld eintreiben

Nach einem Überfall werden drei Tatvedächtige geschnappt. Ein Täter gibt vor Gericht in Potsdam ein Geständnis ab. Die Tat tut ihm "außerordentlich leid": "Es war völlig bescheuert".

Potsdam - Gleich am ersten Prozesstag hat der 36 Jahre alte Potsdamer Stefan P. am Montag vor der 2. Strafkammer des Landgerichts ein umfassendes Geständnis abgelegt. Der Kraftfahrzeugmeister räumte ein, am späten Abend des 1. August vergangenen Jahres den 18 Jahre alten Verkäufer Hugo R. in einer Wohnung in Golm überfallen zu haben, um die Herausgabe von 30.000 Euro zu erzwingen. 

In einer von seinem Potsdamer Strafverteidiger Matthias Schöneburg verlesenen Erklärung zeigte er sich überzeugt davon, dass sein früherer Nachbar R. ihm das Geld, das in einer Ledertasche im Wohnzimmer gelegen haben soll, gestohlen hatte. Er gab an, das Geld gespart und einen Teil von seinen Eltern geliehen zu haben, um seine Werkstatt aufzurüsten.

Mit Kabelbinder gefesselt

Die Hintergründe blieben am Montag unklar. Zeugen sagten aus, dass P. Drogen konsumierte und mit Cannabis handelte. P. bestritt nicht, was ihm Staatsanwalt Wolfgang Bruse in der Anklage zur Last gelegt hatte. Mit seiner Freundin, der 29-jährigen Gastronomiemitarbeiterin Gina F. sowie seinem 28-jährigen Bekannten Steven L. sei er maskiert in die Wohnung in Golm eingedrungen, in der sich Hugo B. mit drei Freunden aufgehalten habe. Die Männer wurden, so Bruse, bis auf den 20-jährigen Schüler Maximilian G. mit einem Kabelbinder gefesselt und mit Schlägen traktiert. Gina F. soll einen Elektroschocker mit sich geführt haben. G. steht im Verdacht, den Tätern geholfen und die Terrassentür offengelassen zu haben.

Der Hauptangeklagte sitzt seit der Tat im Sommer 2019 in Untersuchungshaft. Vor Gericht konnte er seine Freundin in die Arme schließen.
Der Hauptangeklagte sitzt seit der Tat im Sommer 2019 in Untersuchungshaft. Vor Gericht konnte er seine Freundin in die Arme schließen.

© Carsten Holm

Die Staatsanwaltschaft hat das Potsdamer Trio wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes angeklagt. Sollten die Tatvorwürfe bewiesen werden, müssen die Drei mit drei Jahren Freiheitsstrafe rechnen. Die Kernfrage des Verfahrens aber wird sein, ob P. davon überzeugt war, einen rechtmäßigen Anspruch auf das Geld zu haben. In diesem Fall könnte er mit seinen Mittätern nur wegen schwerer Körperverletzung verurteilt werden – Mindeststrafe sechs Monate. Die Strategie der Verteidigung wurde schnell deutlich. P. gab an, dass die Ledertasche plötzlich „nicht mehr dagewesen“ sei. 

Der Angeklagte prahlte in den sozialen Netzwerken

Sein Nachbar Hugo R. habe die Tür, die er selbst oft nicht fest verschließe, wohl aufgestoßen und sie gestohlen. Eine Überwachungskamera habe ihn am Tattag beim Betreten des Hauses gezeigt. „Endgültig überzeugt“ sei er von der Schuld des Nachbarn gewesen, als er in den sozialen Medien darauf stieß, dass Hugo R. ein Foto mit einem „hochwertigen Daimler“ und den Hinweis, sein Konto sei „gut gefüllt“ gepostet habe.

Im Zeugenstand löste R. das Rätsel um den Post am Nachmittag schnell auf. Er habe die Mercedes-Luxusschmiede AMG im baden-württembergischen Affalterbach besucht und sich vor einem der Sportwagen fotografieren lassen. Dazu habe er auf Instagram eine Textzeile des Rappers Shindy gestellt: „Papa Pap cruist im Mercedes drop-top made in Affalterbach, so fresh und so clean, Konto voll cream“. Kein Hinweis also auf plötzlichen Geldfluss, Hugo R. ist nicht sehr liquide. Der Prozess wird Anfang Februar fortgesetzt.   

Carsten Holm

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