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Ü7-Verfahren in Potsdam: Der Weg zur richtigen Schule

Auf welches Schule soll das Kind nach der sechsten Klasse gehen? Diese Frage klären gerade die Eltern von 1800 Schülern in Potsdam. Die PNN geben wichtige Fragen und Antworten zum Ü7-Verfahren. 

Für rund 1800 Familien in Potsdam drehen sich die kommenden Monate um die Frage: An welche Schule wird unser Kind nach der sechsten Klasse gehen? Dafür müssen die Grundschüler monatelang das sogenannte Ü7-Verfahren durchlaufen - das in diesem Jahr unter besonderen Corona-Bedingungen stattfindet. Die PNN geben einen Überblick.

Wie sollen die Tage der offenen Tür stattfinden?

Laut dem Bildungsministerium des Landes sollen die Schulen ihre traditionellen Tage der offenen Tür, an denen sich die Einrichtungen ab Herbst potentiellen Schülern präsentieren, stattfinden lassen. Allerdings teilte das Ministerium auch mit: "Bei der Planung von Veranstaltungen müssen die Schulen die geltenden Abstands- und Hygieneregeln sowie die Regelungen in der Umgangsverordnung beachten." Sprich: Für den Corona-Schutz sind die Schulen selbst verantwortlich. Die Profile der Schulen finden sich auch auf der Seite des Bildungsservers Brandenburg.

Gibt es genug Platz in den Schulen?

Insgesamt: Ja. Allerdings waren laut der Statistik des Ministeriums im vergangenen Jahr einmal mehr in den Potsdamer Gymnasien und auch Gesamtschulen weniger Plätze vorhanden, als Schüler dort hinwollten. Bei den Oberschulen war es genau umgedreht. So standen bei den Gymnasien 633 Erstwünsche einer Kapazität von 584 Plätzen gegenüber, bei den Gesamtschulen lag dieses Verhältnis bei 790 potentiellen Schülern zu 767 Plätzen. Bei den Oberschulen gab es hingegen nur 90 Schüler, die diese als Erstwunsch angaben - aber 150 Plätze. Das Problem: Einige der weiterführenden Schulen - etwa die Voltaire-Schule und die meisten Gymnasien - gelten als besonders beliebt, waren also auch nach Einschätzung des Schulamts zuletzt übernachgefragt. Wenn Schüler im Ü7-Verfahren zwei solcher besonders beliebten Schulen anwählen, können sie mit Pech am Ende sowohl die Erst- als auch den Zweitwunschschule verpassen. Daher könnte man im Zweifel gerade bei den Gymnasien auch eine Schule mit angeben, die vielleicht nicht ganz so gefragt, aber solide ist - etwa das Leibniz-Gymnasium Am Stern. Das dürfte aber wiederum eine ungünstige Lage für manche Schüler haben.

Was ist ausschlaggebend für die Schul-Empfehlung im Ü7-Verfahren?

Maßgeblich ist zunächst das Halbjahreszeugnis der sechsten Klasse und ein in diesem Jahr zu erstellendes Grundschulgutachten. Dieses enthält Angaben zum Schüler, zu seiner Entwicklung sowie seinen Fähigkeiten, Neigungen und Leistungen. Den Inhalt legt die sogenannte Klassenkonferenz fest, in der alle Lehrer des Schülers sitzen. Laut Gesetz dürfen die Eltern "auf Wunsch" eine "erläuternde Rücksprache" halten. Sie können auch Änderungen in dem Gutachtern fordern, dann muss die Klassenkonferenz erneut beraten. "Bei Nichtberücksichtigung der Einwände ist den Eltern freigestellt, dem Grundschulgutachten eine schriftliche Gegendarstellung beizufügen", heißt es in der Grundschulverordnung des Landes weiter.

Wie suchen die weiterführenden Schulen ihre Schüler aus?

Das ist je nach Schulform verschieden. An Oberschulen und Gesamtschulen müssen, wenn genügend Plätze vorhanden sind, alle Schüler aufgenommen werden. Nur wenn mehr Anmeldungen vorliegen als Plätze vorhanden sind, muss ein Auswahlverfahren durchgeführt werden - für das die Schulen zuständig sind. Wichtig: Bei Gesamtschulen müssen Eltern angeben, ob sie dort eine extra genehmigte Gymnasialklasse für ihr Kind wünschen.

Bei Gymnasien ist das anders: Hier müssen Schüler im Zweifel eine Art Eignungstest absolvieren. Dieser ist nicht notwendig, wenn im Halbjahreszeugnis die Summe der Noten für die Fächer Mathematik, Deutsch und erste Fremdsprache den Wert sieben nicht übersteigt - wer also zwei Einser und eine Drei hat, wäre im Gymnasium. Dieses muss aber zugleich noch im besagten Grundschulgutachten empfohlen werden. Alle anderen Bewerber müssen zum Test, der an ausgewählten Schulen in Form eines zweitägigen und jeweils fünfstündigen Probeunterrichts stattfindet. Er konzentriert sich auf die Fächer Mathe und Deutsch. Dieser wird von drei Lehrern - einer aus dem Grundschulbereich, zwei aus dem Gymnasium - geleitet und ausgewertet. "Die Eignungsprüfung ist bestanden, wenn mindestens zwei Mitglieder der Kommission eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht erwarten", heißt es im Gesetz. Bei übernachgefragten Gymnasien kann dazu noch ein extra Auswahlverfahren kommen - auch hier sind die Schulen eigenverantwortlich. Dieser Test kann zum Beispiel ein persönliches Gespräch sein. "Bei Übernachfrage muss die Schulleitung eine Rangfolge erstellen, welche Schüler aufgrund der Eignung aufgenommen werden", sagte Ministeriumssprecherin Antje Grabley. Die Auswahlkriterien müssten die Schulen selbst verantworten.

Wie soll der vorgesehene Probeunterricht am Gymnasium oder anderen Schulformen funktionieren?

Dieser Probeunterricht ist an zwei Terminen geplant - am 8. und 9. März sowie an dem Wochenende danach. Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre könne man sagen, dass wegen der geringeren Anzahl teilnehmender Schüler eigentlich nicht an allen Schulen beide Termine notwendig sind, teilte das Ministerium mit. "Daher ist es möglich, den Probeunterricht unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln an allen Schulen durchzuführen." Allerdings müsse man die Lage im Laufe des Verfahrens gegebenenfalls noch einmal neu bewerten, räumte Ministeriumssprecherin Grabley mit Blick auf Corona ein.

Wie viele Potsdamer Schüler bekamen im vergangenen Ü7-Verfahren keinen Platz an ihrer Wunschschule?

Über die genaue Zahl führt das Bildungsministerium nach eigenen Angaben keine Statistik - unter anderem weil es auch Anmeldungen aus benachbarten Gemeinden geben, sagte Sprecherin  Antje Grabley. Zudem bewerben sich Schüler demnach parallel auch in privaten Schulen, also etwa dem Gymnasium der Hoffbauer-Stiftung auf Hermannswerder.

Was passiert, wenn man die Wunschschule verpasst?

Für solche Schüler werde "über Ausgleichskonferenzen und Angebote von freien Schulplätzen" die Möglichkeit geschaffen, sich noch einmal neu zu entscheiden, so die Sprecherin. Sei auch dann eine Aufnahme nicht möglich, werden die betroffenen Schüler durch das zuständige Schulamt in Brandenburg an der Havel einer Schule zugewiesen. Ministeriumssprecherin Grabley sagte, selbst nach der Erhöhung von Kapazitäten an Schulen und Neuerrichtungen von Schulen werde "es auch künftig nicht möglich sein, jeden Schüler- oder Elternwunsch passgenau zu erfüllen". Alternativ können Eltern ihre Kinder auch an besagten Privatschulen anmelden, allerdings ist das mit - sozial gestaffeltem - Schulgeld verbunden.

Kann man gegen die Schulzuweisung klagen?

Selbstverständlich. Zunächst können Eltern gegen die Entscheidungen des Schulamts stets einen Widerspruch einreichen. Den muss die Behörde bearbeiten. Gegen diese Widerspruchsbescheide können die Eltern Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erheben, wenn sie mit dem Ergebnis nicht einverstanden sind. Vor dem aktuellen Schuljahr wurden beim Schulamt aus Potsdam 46 Widersprüche eingelegt - die dann in 20 Eilverfahren vor Gericht mündeten. Das Ergebnis war aus Sicht der Beschwerdeführer bisher überschaubar: In fünf Fällen habe das Schulamt wegen der Widersprüche noch eine andere Lösung gefunden. In sieben weiteren Fällen seien laut Grabley noch Beschwerden der Potsdamer Kläger beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg gegen die Ablehnung ihrer Eil-Anträge durch das Verwaltungsgericht Potsdam anhängig.

Werden angesichts der Übernachfrage nach Gymnasien zusätzliche Plätze geschaffen?

Das verspricht die Stadtverwaltung. "Sollte sich die Übernachfrage nach Gymnasien wieder so darstellen, werden zum Schuljahr 2021/22 zusätzliche Gymnasialplätze eingerichtet", sagte Stadtsprecherin Christine Homann. Wo dies erfolgt, werde aktuell geprüft.

Spielt die Wohnortnähe im Ü7-Verfahren noch eine Rolle?

Nur noch nachgeordnet. Ab der siebten Klasse geht der Gesetzgeber davon aus, dass Kinder gewisse Wege bewältigen können. Mehr als 3000 Schüler kamen im vergangenen Jahr aus anderen Kreisen oder Berlin an Potsdams weiterführende Schulen. Allerdings kann man die Aufnahme in einer wohnortnäheren Schule beantragen - muss dafür aber begründen, "warum so persönliche, pädagogische oder öffentliche Interessen unverhältnismäßig beeinträchtigt würden".  

Warum dürfen so viele Kinder aus dem Umland Potsdamer weiterführende Schulen besuchen?

Für zusätzlichen Druck in Potsdam sorgt, das auch viele Kinder aus anderen Kommunen hier lernen. Doch für weiterführende Schulen sind anders als im Grundschulbereich keine Schulbezirke eingerichtet. Daher können Schüler ihre Wunscheinrichtung nach eigenem Ermessen anwählen - wenn genügend Platz ist. Von den aktuell 3000 Schülern, die nicht aus Potsdam kommen, waren rund 2650 aus dem Potsdamer Umland und 280 aus Berlin. Dazu kommen noch Kinder aus anderen Bundesländern an der Jahn-Sportschule, die ein überregionales Einzugsgebiet besitzt. Potsdam erhält für die Beschulung Kostenbeiträge der jeweiligen Kommunen.

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