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Michael Hanko (AfD) hält sich während der Landtagssitzung ein Schild mit dem Aufdruck «Mund-Nase-Bedeckung» vors Gesicht.

© Soeren Stache/dpa

Turbulente Parlamentsdebatte: AfD-Fraktion setzt Corona-Untersuchungsausschuss ein

Die AfD hat im Potsdamer Landtag einen Untersuchungsausschuss zur Corona-Pandemie durchgesetzt. Überraschend war dieses Ergebnis allerdings nicht.

Potsdam - Im Brandenburger Landtag gibt es künftig einen Untersuchungsausschuss, der die Politik der Landesregierung in der Coronakrise untersuchen soll. Mit den Stimmen der AfD-Fraktion, bei Enthaltung fast aller übrigen Abgeordneten und wenigen Gegenstimmen von SPD, Linken und Grünen beschloss das Parlament am Mittwoch die Einsetzung des Gremiums auf Antrag der AfD. Denn laut der Landesverfassung kann der Landtag einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsauschusses, der von mindestens 20 Prozent der Abgeordneten unterzeichnet ist, nicht verweigern. Und die AfD-Fraktion besitzt mit 23 Abgeordneten schon allein das nötige Quorum.

In einer turbulenten Debatte erklärte der AfD-Abgeordnete Lars Hünnich, im Zuge der Corona-Krise stellten sich "viele schwerwiegende Fragen zur Legitimität des Handelns der Regierung". So sei "immer noch nicht klar, wieviele Menschen infiziert sind, erkrankten oder an Corona verstorben sind". Die Untersuchung "der Verhältnismäßigkeit, der Verfassungskonformität sowie die Aufklärung aller Umstände des Regierungshandelns" lägen im unmittelbaren Interesse aller Bürger des Landes. "Die getroffenen Maßnahmen sind anscheinend gefährlicher als das Coronavirus selbst." Vertreter aller übrigen Fraktionen kritisierten den Antrag der AfD scharf.

Kontroverse Landtagsdebatte

So verwies der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Daniel Keller, der später zum Vorsitzenden des neuen Ausschusses gewählt wurde, darauf, dass ein erster Antrag der AfD zurückgezogen und durch einen Neudruck ersetzt werden musste, weil der Parlamentarische Beratungsdienst des Landtags den Antrag für verfassungswidrig hielt. Keller warf der AfD vor, die 700.000 Euro Kosten für den Untersuchungsausschuss nur für "eine Facebook-Kachel oder eine verschwurbelte Pressekonferenz" ausgeben zu wollen. "Ein Untersuchungsausschuss ist Ihr Recht", sagte Keller an die Adresse der AfD. "Wir werden es Ihnen zugestehen aus Respekt vor denen, die die Verfassung nach der Wiedervereinigung geschrieben haben."

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Allerdings diene dieses parlamentarische Mittel nicht der Vorführung politischer Gegner. "Und erst recht wird dieser Ausschuss nicht zum Puppentheater werden." Der CDU-Abgeordnete Steeven Bretz warf der AfD ein bigottes Verhalten vor. "Sie messen andere nach den höchsten Maßstäben, sind aber selbst nicht in der Lage, die Maßstäbe, die sie bei anderen anlegen, auch bei sich selbst anzulegen", sagte Bretz. "Sie merken, dass Ihnen der Boden unter den Füßen erodiert und die Gewalt, die Sie predigen, sich nun gegen sich selbst dreht."

Pandemie sei bereits vorbei, behauptet die AfD

Und während der AfD-Abgeordnete Hans-Christoph Berndt in einer Kurzintervention behauptete, die Pandemie sei vorbei, erklärte der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Peter Vida, es sei unverantwortlich, den Eindruck zu erwecken, die Pandemie habe gar nicht bestanden. "Untersuchungsausschüsse sollten solchen Eindrücken vorbeugen und sie nicht noch verstärken." Die Templiner Grünen-Abgeordnete Carla Kniestedt dagegen versuchte es mit Ironie. "Wie Sie mit einem Blick in die eigene Fraktion feststellen könnten, sind wir noch mitteindrin", sagte Kniestedt.

Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass sich ein Referent der AfD-Fraktion mit Corona infiziert hatte. Der Antrag der AfD sei deswegen eine Bindung unglaublicher Ressourcen und "Mittelverschleiß in unerträglichem Ausmaß". Weswegen die Grünen-Politikerin die AfD sogar aufforderte, den Antrag zurückzuziehen – doch daran dachte die rechtsextreme Fraktion natürlich nicht.

Im Gegenteil: Hans-Christoph Berndt wurde bei zahlreichen Gegenstimmen sogar zum stellvertretenden Ausschussvorsitzenden gewählt – auch wenn von der Pressetribüne herab gesehen durchaus der Eindruck entstehen konnte, dass die Zahl der Nein-Stimmen bei dieser Abstimmung die Ja-Stimmen überwog.

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