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Tropenhalle in Potsdam: Bürgerbefragung zur Biosphäre löst Streit im Rathaus aus

Die Stadt hat ihre Idee für eine Befragung zur Zukunft der Biosphäre vorgestellt – SPD, CDU/ANW und Grüne reagieren skeptisch.

Potsdam/Bornstedter Feld - Jahrelang haben sich die gewählten Stadtverordneten nicht über die Zukunft der Biosphäre einigen können: Nun sollen die Potsdamer im kommenden Jahr über die chronisch defizitären Tropenhalle entscheiden. Dafür soll nach den Sommerferien 2018 eine repräsentative Befragung stattfinden. Was genau gefragt wird, soll noch geklärt werden. Diesen Plan stellte Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) am Mittwoch vor Journalisten und im Hauptausschuss der Stadtverordneten vor. „Das ist ein guter Weg für diese komplexe Debatte“, sagte Rubelt.

Die Befragung vorbereiten soll demnach eine interfraktionelle Steuerungsgruppe, gefolgt von einer öffentlichen Werkstatt-Gruppe aus Bürgern, Rathausvertretern, Lokalpolitikern und weiteren Fachleuten. Sie sollen dann mögliche Nutzungsalternativen entwickeln und deren Vor- und Nachteile beleuchten – damit diese in die Befragung einfließen können. Es gehe um „machbare und umsetzbare Varianten“, erklärte Rubelt – Pläne für einen Totalumbau der Halle, etwa zu einem Schwimmbad, werden also aus Kostengründen wohl nicht infrage kommen, machte der Dezernent deutlich.

Entscheidung zur Biosphäre voraussichtlich Ende 2018

Die Befragung selbst soll ähnlich ablaufen wie die Umfrage vor einem Jahr zu den damals abgelehnten Plänen für einen Pflichteintritt in den Park Sanssouci, an dieser hatten sich damals mehr als 2000 Potsdamer beteiligt. Basierend auf dem Ergebnis sollen die Stadtverordneten dann bis Ende 2018 eine Entscheidung zur Biosphäre treffen, mindestens ein halbes Jahr später als bisher gedacht.

Im Sommer hatten bereits 1600 Potsdamer eine Online-Petition für den Erhalt der Halle unterzeichnet, die vergangenes Jahr fast 152 000 Besucher hatte – aber für die wachsende Stadt auch jährliche Kosten von rund 1,5 Millionen Euro verursacht. Wegen dieser enormen Zuschüsse wird über die 2001 für 29 Millionen Euro errichtete Biosphäre schon lange debattiert, zumal der Bund des Steuerzahler die von der kommunalen Bauholding Pro Potsdam betriebene Einrichtung schon mehrfach als Geldverschwendung gegeißelt hat. Die Fraktionen von SPD, CDU/ANW und Grüne hatten im Juli einen Vorschlag von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) abgelehnt, für die noch dazu arg sanierungsbedürftige Tropenhalle einen neuen Betreiber zu suchen und die jährlichen Zuschüsse noch einmal um 400 000 Euro auf 1,9 Millionen Euro zu erhöhen. Stattdessen stimmten sie für einen Experten-Workshop samt einer damals nicht näher definierten Bürgerbeteiligung sowie einen weiteren Arbeitskreis, Ziel waren weitere Beratungen über den Umbau der Halle zu einem Stadtteilzentrum für das schnell wachsende Bornstedter Feld. Schon vergangene Woche hatte Jakobs nun die Bürgerbefragung angekündigt.

Biosphäre: Bürgerbeteiligung nicht gleich Befragung

Das Thema ist komplex: In der Vergangenheit hatte die Stadt schon mehrere Varianten vorgelegt, wonach sich etwa der Einbau eines Seniorentreffs, einer Freizeitstätte oder eines Kiezbades samt und sonders als kaum finanzierbar erwiesen hatte. Darüber hinaus könnten in dem neuen Arbeitskreis auch Varianten wie der Abriss der Halle zugunsten von Neubauten für soziale Infrastruktur zur Debatte stehen, bestätigte Rubelt auf Nachfrage – oder eben der Weiterbetrieb der Biosphäre, gerade als Besucherattraktion. „Ich habe einen positiven Blick auf die Tropenhalle“, machte Rubelt seinen Standpunkt klar. Die Halle lasse sich aufwerten. Zudem muss speziell die Fassade saniert werden, die Kosten dafür sollen laut Stadt bei über sechs Millionen Euro liegen. Welche Kosten das neue Beteiligungsverfahren verursacht, vermochte der Dezernent noch nicht einzuschätzen – das komme darauf an, ob noch zusätzliche Gutachter eingeschaltet werden müssten.

Doch ob die Befragung so kommt, ist nun auch vom weiteren Votum der Stadtverordneten abhängig. Im Ausschuss sagte lediglich Karin Schröter von den Linken, ihre Fraktion finde Bürgerbefragungen grundsätzlich gut. Bedenken machte hingegen Janny Armbruster von den Grünen geltend: Es gebe eklatant unterschiedliche Interessenanlagen zwischen Anwohnern im schnell wachsenden Bornstedter Feld, die mehr soziale Infrastruktur haben wollten, und allen Potsdamern in ihrer Gesamtheit. Auch SPD-Fraktionschef Pete Heuer sagte auf PNN-Nachfrage, die Stadtverordneten hätten eben nur eine „Bürgerbeteiligung“ und keine Befragung beschlossen. „Die Vorwegnahme, welche Beteiligungsinstrument nun gewählt wird, stört mich sehr.“

Biosphäre-Befragung soll nicht zu „Wünsch dir was“-Prozess werden

Ob eine Befragung sinnvoll sei, müsse sich erst zeigen. Auch die Zeitschiene sei „gewagt“, so Heuer. Daher müsse in der interfraktionellen Arbeitsgruppe noch nachgesteuert werden. Vor einer finalen Entscheidung zur Biosphäre dürften laut Heuer auch keine Tatsachen im Umfeld geschaffen werden – um einen ergebnisoffenen Prozess zu gewährleisten. CDU/ANW-Fraktionschef Matthias Finken sagte, das nun vorgeschlagene Verfahren dürfe nicht zu einem „Wünsch dir was“-Prozess werden. Zudem dürfe nicht am Schlaatz entschieden werden, ob und wo im Bornstedter Feld etwa ein Jugendklub entstehen soll. Finken erinnerte in dem Zusammenhang an die 2012 erfolgte Bürgerbefragung zum Standort des neuen Freizeitbades, das bis dato im Norden entstehen sollte. Doch eine Mehrheit entschied sich damals, auch gegen den Widerstand der CDU, für den Brauhausberg.

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Die Potsdamer sollen jetzt zu Biosphäre-Experten werden. Allerdings birgt die Befragung ein finanzielles Risiko für die Stadt, meint PNN-Autor Henri Kramer in seinem Kommentar. 

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