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Trinkwasserbelastung in Potsdam: Bis Jahresende bleifrei

Blei gilt als Nervengift, doch auch in Potsdam gibt es noch vereinzelt Blei-Wasserrohre: Bis Dezember müssen sie ausgetauscht sein

Verhaltensstörungen, Hyperaktivität und beeinträchtigte Intelligenz: Das können die Folgen sein, wenn Schwangere, Säuglinge oder Kleinkinder bleihaltiges Wasser trinken oder damit zubereitete Speisen essen. Auch in Potsdam gibt es noch vereinzelt Bleirohre in Haushalten. Bis Dezember dieses Jahres müssen sie ausgetauscht werden: Denn dann treten neue Grenzwerte für die zulässige Bleibelastung des Trinkwassers in Kraft. Statt bisher 25 Mikrogramm dürfen nur noch höchstens zehn Mikrogramm Blei in einem Liter Wasser enthalten sein.

Bei den großen Vermietern, dem kommunalen Wasserversorger EWP und der Stadt sieht man sich gut gewappnet für die Umstellung. Allerdings lag Potsdam bei einer nicht repräsentativen Untersuchung der Stiftung Warentest mit bundesweit mehr als 37 000 Stichproben im Jahr 2010 noch im roten Bereich: Bei mehr als fünf Prozent der eingesandten Wasserproben wurde damals sogar der alte Grenzwert von 25 Mikrogramm Blei im Liter Wasser überschritten.

Zumindest im Verteilungsnetz sei Potsdam mittlerweile aber bleifrei, sagte EWP-Sprecher Markus Bräutigam den PNN am Montag. Um das zu erreichen, hatte die EWP im Jahr 2009 gemeinsam mit der Stadt ein Programm aufgelegt: Damals waren bei 750 von mehr als 21 000 Hausanschlüssen in ganz Potsdam noch Bleirohre im Spiel. Die Qualität des Potsdamer Trinkwassers in den fünf Wasserwerken in der Leipziger Straße, in Nedlitz, Wildpark, Rehbrücke und Ferch entspreche schon heute den neuen Grenzwerten, betonte der EWP-Sprecher.

Das heißt aber nicht, dass auch aus jedem Potsdamer Wasserhahn bleifreies Wasser fließt: Denn bei Hausinstallationen älteren Datums können immer noch Bleirohre verbaut sein. Die EWP rät Hauseigentümern dazu, Bleirohre „besser heute als morgen“ auszuwechseln – denn mit Bleirohren sind die neuen Grenzwerte nach Expertenmeinung nicht einzuhalten. Zahlen dazu, in wie vielen Häusern in der Landeshauptstadt heute noch Bleirohre installiert sind, haben aber weder der Wasserversorger noch die Stadtverwaltung.

Beim städtischen Vermieter ProPotsdam liegen noch in 17 Altbau-Häusern Bleirohre, wie Unternehmenssprecherin Jessica Beulshausen auf Anfrage sagte. Acht davon würden zeitnah komplett saniert. In allen Häusern werde die Trinkwasserqualität regelmäßig überprüft. „Bei Grenzwertüberschreitungen im Trinkwasser werden sofort Maßnahmen ergriffen“, so die Sprecherin.

Die großen Potsdamer Wohnungsgenossenschaften geben Entwarnung: Weder bei der Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“ Potsdam eG noch bei der Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaft eG sind Bleileitungen verbaut, wie Carsten Hagenau, Koordinator des Potsdamer Vermieter-Netzwerkes Stadtspuren e.V., auf PNN-Anfrage sagte. Auch in den Altbauten, zum Beispiel in Häusern des Bauverein Babelsberg, gebe es keine bleihaltigen Leitungen mehr. Diese seien bereits vor Jahren, teilweise vor der Wende, ausgetauscht worden. Auch die Gewoba Babelsberg hat laut Hagenau den sukzessiven Austausch älterer Leitungen in den Wohnungen und Gebäuden „vor geraumer Zeit“ abgeschlossen.

Bleirohre sind auch für Laien leicht erkennbar – jedenfalls wenn Leitungsenden aus der Wand oder Rohre im Keller sichtbar sind, erklärte Michael Koswig von der Stiftung Warentest den PNN. Klopft man etwa mit einem Schraubendreher auf das Rohr, klingt Blei dumpf – die Alternativen aus Kupfer oder Stahl dagegen metallisch. Blei lässt sich zudem leicht einritzen. Bleirohre werden zudem typischerweise gelötet, sie weisen wulstige Verbindungen auf – bei Kupfer und Stahl dagegen gibt es zur Verbindung Schraubgewinde.

Im Zweifel können Mieter den Hauseigentümer um Auskunft zur Hausinstallation bitten, betont ein Stadtsprecher. Sollte seine Auskunft unvollständig oder unbefriedigend sein, können Betroffene auch das Gesundheitsamt um Hilfe bitten. Dieses kann eine Beprobung des Trinkwassers anordnen oder selbst durchführen. Stellt sich heraus, dass der Bleigehalt im Trinkwasser zu hoch ist, könne der Eigentümer zum Austausch der Rohre aufgefordert und notfalls verklagt werden, sagt die Hamburger Mietrechtsexpertin Sylvia Sonnemann.

Die gesundheitsschädigende Wirkung des Schwermetalls ist schon lange bekannt. In Süddeutschland sind Bleirohre zum Transport von Trinkwasser seit 1878 verboten. In Nord- und Ostdeutschland hingegen wurden noch bis Anfang der 70er-Jahre Bleirohre verlegt. (mit dpa)

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