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Viele Trauernde trugen sich an Silvester in das Kondolenzbuch für Manfred Stolpe ein.

© Andreas Klaer

Update

Trauer um Manfred Stolpe: Kondolenzbuch liegt ab heute in Potsdam aus

Manfred Stolpe erlag im Alter von 83 Jahren einem Krebsleiden. In Brandenburg wurde Trauerbeflaggung angeordnet. In der Staatskanzlei liegt seit Dienstag ein Kondolenzbuch aus.

Potsdam - Brandenburg trauert um Manfred Stolpe. Der erste Ministerpräsident des Landes nach der Wiedervereinigung ist in der Nacht zu Sonntag im Alter von 83 Jahren nach langem Krebsleiden gestorben, wie die Staatskanzlei in Potsdam am Montag mitteilte. Der SPD-Politiker sei im Kreise seiner Familie friedlich eingeschlafen.


„Dies ist ein Tag tiefer Trauer“, sagte SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke.  „Wir nehmen Abschied von einem großen Mann, der unser junges Land geprägt hat wie niemand sonst. Manfred Stolpe war der Vater des modernen Brandenburgs.“ Er habe die Liebe zu Brandenburg in seinem Herzen gehabt. „Im besten Sinne des Wortes war Manfred Stolpe Landesvater und Mutmacher in einem“, so Woidke. Das Brandenburger Innenministerium ordnete ab Montag eine dreitägige landesweite Trauerbeflaggung an. 

Manfred Stolpe starb im Alter von 83 Jahren.
Manfred Stolpe starb im Alter von 83 Jahren.

© Peer Grimm/dpa

Zudem liegt seit Dienstag in der Potsdamer Staatskanzlei für die Öffentlichkeit ein Kondolenzbuch aus. Noch bis mindestens Ende nächster Woche können dort Menschen ihrer Trauer Ausdruck verleihen. Am 1. Januar 2020 ist das von 11 Uhr bis 16 Uhr möglich, am Donnerstag und Freitag sowie in der kommenden Woche von 10 Uhr bis 18 Uhr, sagte Regierungssprecher Florian Engels am Dienstagnachmittag den Potsdamer Neueste Nachrichten.

Unter den ersten Kondolierenden waren auch Weggefährten wie Stolpes ehemaliger Minister Steffen Reiche und sein ehemaliger Regierungssprecher Erhard Thomas.

In Brandenburg wurde Trauerbeflaggung angeordnet.
In Brandenburg wurde Trauerbeflaggung angeordnet.

© Andreas Klaer

Stübgen betont Stolpes menschliche Wärme

Brandenburgs Vize-Ministerpräsident und Innenminister Michael Stübgen (CDU) betonte die politische Klugheit und menschliche Wärme Stolpes. Er habe „in den schwierigen Anfangsjahren nach der Wiedervereinigung Halt und Richtung gegeben“. Er habe ihn stets als besonnenen und zielgerichteten Politiker erlebt, so der CDU-Landesparteichef. „Mit Manfred Stolpe verliert Brandenburg eine herausragende Persönlichkeit, einen leidenschaftlichen Politiker und eine große Identitätsfigur“, betonte Ursula Nonnemacher (Grüne), Brandenburgs Vize-Regierungschefin und Sozialministerin.

Auch die Bundespolitik würdigte die Verdienste Manfred Stolpes, der von 2002 bis 2005 Bundesverkehrsminister und zeitweise auch Ostbeauftragter war. „Leidenschaftlich und geradlinig im Einsatz für seine Mitbürger prägte er die Politik unseres wiedervereinigten Deutschlands auf Landes- und Bundesebene entscheidend mit“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin. Stolpe habe als Ministerpräsident des neugegründeten Bundeslandes Brandenburg maßgeblich zum erfolgreichen Aufbau demokratischer Strukturen und Prozesse beigetragen. Stolpe habe auch als Bundesverkehrsminister und späterer Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Länder wesentliche Akzente gesetzt, gerade auch für das Zusammenwachsen Deutschlands. Weiter erklärte Merkel: „Ich gedenke ebenso des engagierten Christen Manfred Stolpe, der auch unter widrigen Umständen ein lebendiges christliches Leben gestaltete.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Stolpe als „überragende politische Persönlichkeit“. Er habe „weit über die Grenzen Brandenburgs hinaus den Weg Ostdeutschlands in die Demokratie des geeinten Deutschland geprägt und gestaltet“, hieß es in einem Kondolenzschreiben an Stolpes Witwe Ingrid. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte: „Sein Denken war das des versierten Juristen, sein Handeln das des preußischen Staatsdieners, sein Glaube ein christlicher, seine politische Haltung eine sozialdemokratische.“

Stolpe zog es in den Kirchendienst

Stolpe wurde 1936 bei Stettin geboren und studierte nach dem Abitur in Greifswald ab 1955 an der Uni Jena Rechtswissenschaften. Danach zog es ihn in den Kirchendienst. In der DDR galt er als Vordenker einer Kirchenpolitik, die sich als „Kirche im Sozialismus“ verstand. In den 1980er Jahren war er Konsistorialpräsident der Ostregion der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. 1990 trat Stolpe in die SPD ein und wurde von einer Ampelkoalition aus SPD, FDP und Bündnis 90 zum ersten Ministerpräsidenten Brandenburgs gewählt. 

Einen Namen machte er sich als Vertreter der Interessen Ostdeutschlands. Er forderte staatliche Programme zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und eine Kurskorrektur bei der Treuhandanstalt. Seine Vergangenheit wurde immer wieder kritisch thematisiert. Stolpe hatte als Kirchenfunktionär Kontakte mit der Stasi, die Behörde führte ihn gar als Inoffiziellen Mitarbeiter. Die Leitung der evangelischen Kirche erklärte Mitte der 1990er Jahre nach einer Untersuchung, Stolpe sei ein „Mann der Kirche und nicht der Stasi gewesen“. Im Jahr 2005 entschied das Bundesverfassungsgericht zudem, dass Stolpe nicht als Stasi-Mitarbeiter zu bezeichnen sei.

Vorzeigeprojekte scheiterten

In den 1990er Jahren war der volksnahe Stolpe bei den Brandenburgern beliebt. Doch Vorzeigeprojekte wie der Cargolifter oder die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) scheiterten. Überraschend erklärte Stolpe 2002, als Regierungschef zurücktreten zu wollen, um einen Generationenwechsel zu ermöglichen. Sein Nachfolger wurde Matthias Platzeck (SPD), der zuvor Oberbürgermeister in Potsdam war. Ähnlich überraschend wurde Stolpe wenige Monate später im zweiten Kabinett von SPD-Kanzler Gerhard Schröder als „Gesicht des Ostens“ Verkehrsminister. Nach der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 trat Stolpe dann von der politischen Bühne ab. Im Hintergrund kümmerte er sich verstärkt um den Erhalt historischer Baukultur.


Trotz seiner Krebserkrankung, die 2004 diagnostiziert wurde, nahm Stolpe zunächst noch viele Termine wahr und meldete sich auch immer wieder zu Wort. Bei einem Sonderparteitag der Brandenburger SPD im November nach der Landtagswahl übermittelte Matthias Platzeck Grüße Stolpes, der mit seiner Frau 2012 in die Seniorenresidenz der Johanniter in Potsdam-West gezogen war. Es gehe Stolpe wahrlich nicht gut, sagte Platzeck, „aber er ist tapfer wie immer“, bestens informiert, und gebe den Genossen die Fontane-Botschaft mit: „Vergesst nicht: Am Mute hängt der Erfolg.“

Der Tod von Manfred Stolpe erschüttere ihn sehr, sagte Platzeck am Montag den PNN. Gemeinsam mit der früheren Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD), die 2001 einem Krebsleiden erlag, sei Stolpe eine nichtversiegende Quelle für Mut und Zuversicht gewesen. „Der rote Adler wurde durch Manfred Stolpes Wirken zum Symbol für Heimat, Aufbruch und wieder wachsendes Selbstbewusstsein.“ Für Stolpe seien alle Menschen und ihre Anliegen gleich wichtig gewesen.


„Stolpe war ein guter Mensch, er hat immer versucht, allen Seiten zuzuhören“, sagte SAP-Mitbegründer und Potsdam-Mäzen Hasso Plattner den PNN. „Manfred Stolpe war mit Leib und Seele Brandenburger und in seiner Heimatstadt Potsdam fest verwurzelt“, so Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Die Stadt verliere mit ihm auch eine Stimme, die in den Konflikten der Stadtgestaltung gehört wurde.

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