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Training für Olympia: Koch-Nationalmannschaft bereitet sich in Potsdam vor

Im kommenden Jahr wollen sie an Olympia teilnehmen: Ihr Training absolvieren die deutsche Senior- und die Juniormannschaft derzeit in Babelsberg.

Potsdam - Die Herstellung des Selleriestrudels erinnert an Modellbau. Jacob Tracy rollt hauchzarte Teigblättchen auf zylindrische Förmchen und bestreut sie mit Selleriesamen und Salz. Nach dem Blindbacken werden sie mit gebackenem Apfel, Steinpilztatar und veganem Jus in Form einer gelierten Kugel befüllt. Der Bausatz und das finale Produkt ist Teamarbeit und gehört ins Programm, mit dem die deutsche Köche-Nationalmannschaft zur Kocholympiade im Februar 2020 in Stuttgart antritt. Unter den 25 Köchen ist auch Jacob Tracy vom Hotel Rittmeister in Werder (Havel), seit 2017 Teamkapitän der Seniormannschaft.

Auch Jacob Tracy vom Hotel Rittmeister in Werder (Havel) ist dabei.
Auch Jacob Tracy vom Hotel Rittmeister in Werder (Havel) ist dabei.

© Andreas Klaer

Seit Anfang des Jahres läuft nun die Trainingsphase für Olympia. Ein- bis zweimal im Monat treffen sich dafür alle in wechselnden Trainingsküchen in ganz Deutschland. Das aktuelle Trainingslager, Sonntag bis morgigen Dienstag, findet in der geräumigen Küche der Potsdamer Metropolishalle statt. Für Mannschaftsmanager Ronny Pietzner ein Heimspiel: Der Potsdamer Koch und Gastro-Unternehmer ist mit seiner Firma CuisineEvent in der Metropolishalle quasi zu Hause.

Cheftrainer Ronny Pietzner.
Cheftrainer Ronny Pietzner.

© Andreas Klaer

Seit 2017 ist Pietzner erneut Teamchef und nimmt jährlich mit der Senior- sowie Juniormannschaft an Weltmeisterschaften teil. Olympia ist auch für den erfahrenen Wettkämpfer etwas Besonderes. 2008 holte die Jugendmannschaft Gold, seitdem gab es keine olympischen Medaillen. Jetzt will Pietzner mehr. „Ich bin optimistisch für beide Teams. Eine Medaille sollte drin sein.“ Deshalb muss das Training klappen. „Wir sind gut aufgestellt, vorbereitet und motiviert. Jetzt müssen wir auf Zeit gehen.“ Beim Wettkampf haben sie nur fünf Stunden.

Fachsimpeln unter Kollegen. Die deutsche Nationalmannschaft der Köche ist auf Olympiakurs.
Fachsimpeln unter Kollegen. Die deutsche Nationalmannschaft der Köche ist auf Olympiakurs.

© Andreas Klaer

Um den Zeitdruck etwas zu simulieren, werden am gestrigen Sonntag echte Gäste bekocht. Für den Abend werden unter anderem Filmparkchef Friedhelm Schatz, Schauspieler Steffen Schröder, Turbine Potsdams Trainer Matthias Rudolph und Kevin Kuske, erfolgreichster Bobsportler bei Olympischen Winterspielen, erwartet. „Der soll uns erklären, wie siegen geht“, sagt Pietzner euphorisch.

Für die Sonntagsgäste steht das drei-Gänge-Menü der Jugendmannschaft auf dem Trainingsplan, die Senioren üben sich an einer Vorspeise und Fingerfoodkomponenten. Montag liegt der Fokus auf Patisserie und Dessert. Dienstag ist das große Buffet der Senioren dran. Das Training beginnt nach einem gemeinsamen Frühstück und einer Besprechung. Im Januar saß man noch an der Menüplanung. Die Vorgabe lautete, auf heimische und saisonale Produkte aufzubauen, kreativ und gesundheitsbewusst zu kochen. 25 Köche an einem Tisch? Kein Problem, sagt Pietzner. „Da macht einer einen Vorschlag, probieren wir mal was mit Hirse, und das wird dann diskutiert.“

Man muss Stress aushalten können

Wer hier mitmischen will, muss eben nicht nur handwerklich fit sein. Teamgeist und eine gewisse Stressresistenz sind ebenso wichtig. Und man braucht Zeit. „Freunde und Familie müssen dahinterstehen, sonst geht das gar nicht“, sagt Lena Schmitz, 24 Jahre alt und Kapitänin der Junioren. Training und Wettkampf finden in der Freizeit statt. Zwischen den Trainingswochenenden gibt es auch zu tun. „Wir müssen Hausaufgaben machen“, sagt Schmitz. Um in die Mannschaft aufgenommen zu werden, kann man sich entweder selber bewerben oder wird angesprochen, wenn man beispielsweise bei Wettbewerben der Branche positiv auffällt. Manche der Junioren haben noch nicht mal ausgelernt. Etwa die Hälfte der Teilnehmer sind Frauen, obwohl in den Berufsschulklassen noch immer Männer dominieren. „Da ändert sich grad was, die Frauen entdecken wieder, wie schön der Beruf ist“, sagt Lena Schmitz, die in einem Familienbetrieb in Rheinland-Pfalz arbeitet. Das Kochen für Wettbewerbe empfindet sie als wichtigen Austausch mit Kollegen. „Man nimmt immer Anregungen mit nach Hause.“ Das schätzt auch Seniorchef Jacob Tracy: „Hier kann man Kontakte knüpfen und sich weiterentwickeln. Außerdem wollen wir junge Menschen für den Beruf begeistern.“

Diese Jungen als auch die Senioren arbeiten am gestrigen Sonntag zunächst konzentriert am Olympia-Menü. Jeder hat sich seine Arbeitsstation eingerichtet. Öfen, Kühlung, Vakuumierer, Mixer, alles brummt, es ist warm und draußen noch heißer. Jannik Pruss kümmert sich um einen Berg Flanksteaks, die pariert werden müssen. Gegenüber am Tisch werden Spinatknödel zubereitet. Anderswo Apfelgranite, Briocheteig und ein Blech Streusel als Rutschbremse für Eis. Ein anderer macht was mit ausgelöstem Hummerfleisch und Lena Schmitz steht am Thermomix. Ja, man könne den verteufeln, aber manches kann die Maschine ganz gut, sagt sie, zum Beispiel dieses Karottenpüree. „Das wird super cremig und es ist eine Arbeitserleichterung, wenn man das nicht von Hand machen muss.“

Hier werden die Flanksteaks zubereitet.
Hier werden die Flanksteaks zubereitet.

© Andreas Klaer

Lecker Pilze!
Lecker Pilze!

© Andreas Klaer

Mitten im Gewusel steht Trainer Paul Emde und ist immer da, wenn es Fragen gibt. Oder wenn er kosten soll. Nach einem Löffel Meerrettich-Basis sagt er: „Da muss mehr Zitrone ran, mehr Frische.“ Was es mal werden soll? Emde lächelt geheimnisvoll. Jedenfalls keine schnöde Soße. „Das bekommt noch Form“. Mehr wird nicht verraten.

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