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Die Unfallstelle: Ein offener Gully-Schacht in der Nähe des Hauptbahnhofs hat einer 83-jährigen Potsdamerin das Leben gekostet.

© A. Klaer

Tödlicher Gully-Sturz in Potsdam: Staatsanwalt ermittelt: War die Absperrung ausreichend?

Am Donnerstag ist eine 83-jährige Frau in der Nähe des Hauptbahnhofes in einen Kanalschacht gefallen. Ein Notarzt konnte dann nur noch den Tod der Rentnerin feststellen. Nun muss geklärt werden, ob der offene Gully genügend abgesichert war. Die Stadtwerke sagen nach wie vor, dies sei der Fall gewesen.

Potsdam - Nach dem tödlichen Sturz einer Seniorin in einen Gully-Schacht in der Friedrich-Engels-Straße hat sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Es sei ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet worden, teilte der Sprecher der Emittlungsbehörde, Christoph Lange, am Freitag mit. „Wir müssen erst einmal sehen, welche Sicherheitsvorschriften einzuhalten waren, welche eingehalten wurden und wie sich der genaue Hergang abgespielt hat“, sagte er.

Laut Polizei war die 83-jährige Frau am Donnerstag in der Nähe des Hauptbahnhofs auf dem Gehweg unterwegs. Als sich ein Auto näherte, trat sie ein Stück zurück. Dabei geriet sie mit ihrem Rollator ins Straucheln, verlor den Halt und stürzte in den offenen 4,30 Meter tiefen Schacht. Dort liefen zur Unfallzeit Kanalarbeiten. Ein alarmierter Notarzt konnte nur noch den Tod der Frau feststellen.

Kanalarbeiter erlitten Schock

Nach Angaben der Stadtwerke hatten Mitarbeiter in dem Schacht Reinigungsarbeiten in der Kanalisation vorbereitet. Die Kanalarbeiter hätten einen Schock erlitten und würden medizinisch und seelsorgerisch betreut. Nach ersten Erkenntnissen habe es keine Schuld der Angestellten gegeben, hatten die Stadtwerke einige Stunden nach dem Unfall mitgeteilt. Gesichert war der Gully laut Stadtwerken mit einem Mess-Fahrzeug, vier Absperrkegeln und einem Schild.

Ob das reicht, ist nun die Frage. Stadtsprecher Jan Brunzlow sagte, nach Rücksprache mit dem für Baustellen zuständigen Verkehrsflächenamt gelte für solche Maßnahmen die Richtlinie für die Sicherung von Arbeitsstellen (RSA). Dort heißt es klar: „Bei Arbeiten von kürzerer Dauer auf Geh- und Radwegen ohne Aufgrabungen sowie bei beweglichen Arbeitsstellen reichen bei Tageslicht Leitkegel oder kleine Leitbaken zur Sicherung aus.“ Speziell zu Gullys heißt es in den RSA-Regeln weiter, dort „können“ mobile Absturzsicherungen eingesetzt werden.

Eingeschaltet ist auch das Landesamt für Arbeitsschutz. Dessen Chef Detlev Mohr verwies gegenüber den PNN unter anderem auf Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Dort heißt es zum Thema Bauarbeiten, an „Öffnungen in Böden, Decken und Dachflächen sowie Vertiefungen müssen Einrichtungen vorhanden sein, die ein Abstürzen, Hineinfallen oder Hineintreten von Personen verhindern“. Als Öffnung gilt ein Loch laut dieser Vorschrift aber erst, wenn es größer als neun Quadratmeter ist – das Gully-Loch war deutlich kleiner. Allgemeiner heißt es in der Brandenburgischen Bauordnung, bei Arbeiten, „durch die unbeteiligte Personen gefährdet werden können, ist die Gefahrenzone abzugrenzen oder durch Warnzeichen zu kennzeichnen.“ Soweit „erforderlich“, seien Baustellen mit einem Bauzaun abzugrenzen. Die Stadtwerke betonten am Freitag auf Nachfrage, es habe sich nicht um eine Baustelle gehandelt, auch weil nach einigen Stunden Arbeit der Urzustand wieder hergestellt werden sollte.

Keine klaren Regeln

Der Potsdamer Anwalt für Verkehrs- und Strafrecht, Mark Eplinius, sagte den PNN auf Nachfrage, bei solchen tragischen Fällen wie dem tödlichen Sturz müsse die Schuldfrage im Zweifelsfall ein Gericht klären. Denn zur Sicherung von Baustellen gäbe es seiner Erfahrung nach keine ganz klaren Regeln.

Die Stadtwerke teilten auf Anfrage weiter mit, das Unternehmen werte den Unfall momentan dahingehend aus, „geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die die Wiederholung eines solchen schrecklichen Geschehens für die Zukunft vermeiden helfen“. An dem Messfahrzeug waren zum Zeitpunkt des Unfalls zwei Mitarbeiter beschäftigt, so das Unternehmen: Es sei im Zuge der Untersuchung auch zu klären, ob der Gully zum Zeitpunkt des Unfalls unbeaufsichtigt war. (mit dpa)

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