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Erziehungswissenschaftlerin Katja Lehmann will Müttern und Vätern Hilfestellung bei Hürden des Alltags mit Kindern geben.

© Andreas Klaer

Tipps von einer Expertin: Darum schläft ein Baby selten durch

Babys und Kleinkinder schlafen meist nicht durch. Warum das so ist und wie Mütter und Väter damit umgehen können, sollte ein Elternkurs in Potsdam zeigen.

Von Birte Förster

Potsdam - Die jungen Frauen sitzen im Kreis. Eine nach der anderen lassen sie Körner durch ihre Hände auf ein in der Mitte liegendes Tuch rieseln. Es herrscht vollkommene Stille. Die Blicke der Frauen ruhen auf dem stetig größer werdenden Körnerhaufen. „Könnt ihr euch vorstellen, was die Körner mit euren Kindern zu tun haben?“, fragt Katja Lehmann in die Runde.

Lehmann ist Erziehungswissenschaftlerin, Vorstandsvorsitzende des Vereins Potsdam bewegt Bildung e.V. und Tagesmutter. Als solche betreut die 40-Jährige derzeit fünf Kinder zwischen ein und drei Jahren. In Workshops im neuen Babelsberger Elterncafé „Mr & Mrs Klitzeklein“ möchte die Mutter zweier Kinder mit ihrem Verein Erfahrungen an junge Eltern weitergeben. Der jüngste Kurs trug den Titel „Von der Kunst, schlafen zu lassen“.

Es gibt keine Patentlösungen

Dass Babys und Kleinkinder nicht durchschlafen, plagt junge Eltern häufig. Lehmann möchte ihnen helfen, einen besseren Umgang damit zu finden. Und beginnt mit der meditativen Übung. Die durchaus Zeit in Anspruch nimmt: Etwa eine halbe Stunde sitzen die Mütter ruhig auf dem Boden, lassen immer wieder Körner zwischen ihren Fingern nach unten gleiten. Mit der Übung wolle sie zeigen, wie lange es brauche, bis Kinder zur Ruhe kommen, erklärt Katja Lehmann: „Wie lange es dauert, bis jedes Ereignis abgeklungen ist.“ Der wachsende Haufen Körner symbolisiere außerdem die Vielzahl an Ereignissen, die die Kinder zu verarbeiten hätten.

Rieselnde Körner. Langsam kommen die Teilnehmerinnen zur Ruhe.
Rieselnde Körner. Langsam kommen die Teilnehmerinnen zur Ruhe.

© Andreas Klaer

Die sechs Frauen, die an diesem Abend teilnehmen, berichten anschließend von ihren Erfahrungen und Schwierigkeiten. Väter sind an dem Abend nicht anwesend. Eine Mutter spricht davon, wie alle Versuche, ihr schreiendes Kind nachts zu beruhigen, scheitern. „Alles, was man ihr anbietet, will sie nicht“, sagt sie. Eine andere schildert, wie sich der Tagesablauf ihrem Eindruck nach je nach Vorkommnissen auf die Nacht auswirke. Thema ist auch der Druck, den einige Mütter verspüren, wenn der Partner am nächsten Tag arbeiten muss oder Besuch nachts nicht so sehr durch Kinderschreie gestört werden soll.

Ihr selbst tue es gut, wenn alles strukturierter und ruhiger läuft, sagt eine Mutter. Das wirke sich auch positiv auf das Kind aus. Eine andere erzählt, dass ihr Kind ruhiger wird, wenn die Eltern ihm nachts etwas zu essen geben – auch wenn es bereits feste Nahrung bekommt. Das sei natürlich keine Dauerlösung. Aber es hilft, und das ist manchmal, wenn der Schlafmangel schon groß und die Gelassenheit entsprechend kleiner ist, viel wert. Katja Lehmann kann den Teilnehmerinnen keine Patentlösungen liefern. Aber einige Tipps und Denkanstöße hat sie parat. Gründe dafür, warum Kinder Stress erleben und nicht schlafen können, gebe es viele, sagt die Erziehungswissenschaftlerin.

Entspannung. Bedürfnisse von Kindern und ihren Eltern werden betrachtet.
Entspannung. Bedürfnisse von Kindern und ihren Eltern werden betrachtet.

© Andreas Klaer

Weinen und Schreien seien eben das einzige Mittel, um Unzufriedenheit und Überforderung auszudrücken. „Sie können sich nicht anders bemerkbar machen“, sagt Lehmann und plädiert für einen anderen Umgang damit. Gesellschaftlich sei das Weinen nicht akzeptiert, oft reagierten die Eltern mit Traurigkeit. Lehmann empfiehlt den Müttern, auch das nächtliche Weinen des eigenen Kindes als etwas Befreiendes zu betrachten und in Ruhe zu schauen, wie sie dem Kind dabei helfen könnten, Spannungen abzubauen. „Wenn es weint, höre ich ihm zu“, rät sie den Frauen.

Kinder brauchen ihren eigenen Raum

Wichtig sei es auch, den Kindern das Vertrauen zu vermitteln, dass sie sich selbst beruhigen könnten. Es gehe darum, den „Kindern die Zeit zu geben, zur Ruhe zu kommen“ – siehe der Haufen mit den Körnern. Dafür bräuchten sie auch ihren eigenen Raum, sagt Lehmann, die derzeit eine zusätzliche Ausbildung zur Emmi-Pickler-Pädagogin absolviert. Nicht immer sei es beispielsweise das Richtige, das weinende Kind eng an sich zu drücken.

Die Expertin empfiehlt den Müttern, das Kind nicht zu vielen Reizen und Eindrücken auszusetzen. Auch Bücher und Geschichten könnten irgendwann zu viel sein. Sinnvoll sei es, den Tag beispielsweise nach dem Kitabesuch ausklingen zu lassen und feste Rituale zu schaffen. Entscheidend sei aber auch, wie es den Eltern selbst gehe. Es sei wichtig, dass sie herausfänden, was ihnen selbst gut tue, wie sie zur Ruhe kommen. „Das wirkt sich auch auf das Kind aus.“

Hintergrund

Der Verein Potsdam bewegt Bildung e.V. bietet in Kooperation mit „Mr & Mrs Klitzeklein“ regelmäßig Kursabende für Eltern an. Die „Elternworkshops für ein entspanntes Familienleben“ befassen sich immer mit den Themen Kinder und Erziehung. Es gehe ums Wachsen, Leben und Lernen, so die Veranstalter. Der nächste Kursabend findet am 25. März statt. Das Thema lautet „Gelassen durch die ,Trotzphase’“. Themen der folgenden Workshops sind die Eingewöhnung in die Kita, das freie Spielen oder das Essen. Die Teilnahme an einem dreistündigen Workshop kostet 33 Euro. Die Workshops finden in dem Babelsberger Familiencafé, Konsumhof 1-5, statt. Anmeldungen über www.mr-mrs-klitzeklein.de, Infos auf www.potsdam-bildung.de. (mit SCH)

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