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Futterrevolution. Herkömmliches Tierfutter ist eine große Umweltbelastung. Potsdamer Klimaforscher schlagen als Alternative eine Art Astronautennahrung vor.

© Jens Büttner/dpa

Tierfutter: Astronautennahrung für Rinder und Hühner

Potsdamer Klimaforscher untersuchten nachhaltige Alternativen zu konventionellem Tierfutter. Was Kühe künftig fressen sollen:

Potsdam - Für den Klimaschutz könnten Kühe bald Astronautennahrung erhalten. Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) haben in einer Studie, die nun in der Fachzeitschrift Environmental Science & Technology veröffentlicht wurde, erstmals das Potenzial für industriell gezüchtete proteinreiche Mikroben als Viehfutter untersucht. Damit könnten Rinder, Schweine und Hühner mit einer geringeren Umweltbelastung ernährt werden, heißt es vom PIK.

„Würden nur zwei Prozent des Proteinfutters durch eiweißreiche Mikroben ersetzt, könnte dies Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft, die globale Anbaufläche und Stickstoffverluste aus der Landnutzung um mehr als fünf Prozent senken“, so die Forscher. Das Mikrobenfutter bringe sowohl finanzielle als auch ökologische Vorteile mit sich.

Auf Hälfte des Ackerlands wird Futter angebaut

Die Forscher gehen davon aus, dass ohne drastische Veränderungen im Agrar- und Ernährungssystem der steigende Bedarf an Nahrungs- und Futtermitteln, der mit fleischreicher Ernährung einhergeht, zu kontinuierlicher Entwaldung, Verlust der biologischen Vielfalt, Stickstoffbelastung und klimawirksamen Treibhausgasemissionen führen werde. „Kühe, Schweine und Hühner werden mit sehr proteinreichem Futter gemästet. Inzwischen wird die Hälfte der auf Ackerland angebauten Proteine an Tiere verfüttert“, sagt Benjamin Leon Bodirsky, Autor der PIK-Studie. Das habe erhebliche Auswirkungen auf Umwelt und Klima.

Eine landlose Produktion von Futtermitteln hingegen könnte dazu beitragen, „die kritischen Auswirkungen in der landwirtschaftlichen Lebensmittelversorgungskette zu mildern“, so die Forscher. Die neuartigen Futtermittel aus Mikroben werden mit Energie, Stickstoff und Kohlenstoff kultiviert, daraus lässt sich Proteinpulver als Viehfutter gewinnen. Gezüchtete Mikroben wie Bakterien, Hefen, Pilze oder Algen könnten somit proteinreiche Pflanzen vom Acker wie Sojabohnen oder Getreide ersetzen. Entwickelt wurde diese Methode ursprünglich während des Kalten Kriegs für die Raumfahrt.

Ohne Subventionen möglich

Damit könnten einige Umwelt- und Klimaauswirkungen der Futtermittelproduktion gemildert werden, erwarten die Forscher: „Da die Produktion recht günstig ist, dürfte sich mikrobielles Protein als Kraftfutterersatz auch ohne Subventionen durchsetzen.“

Allerdings reiche mikrobielles Eiweiß allein nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu gestalten, so Alexander Popp vom PIK. Um die Umweltauswirkungen der Lebensmittelversorgungskette wirksam zu reduzieren, seien große strukturelle Veränderungen im Agrar- und Ernährungssystem genauso nötig wie Veränderungen bei der Ernährung. „Für unsere Umwelt und das Klima, aber auch für die eigene Gesundheit haben wir auch die Option, tierische Produkte teilweise durch das Essen von mehr Obst und Gemüse zu ersetzen“, so Popp. Und nach weiteren Fortschritten in der Technologie könnte mikrobielles Protein aus dem Labor auch ein direkter Bestandteil unserer Ernährung werden: „Astronautennahrung für jedermann.“ (mit dpa)

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