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Spielend glücklich. Die Mädchen der Gruppe „Die Spielwütigen“ stellen in ihrer Produktion „Wunschlos unglücklich“ den Chor nach antikem Vorbild dar und schlüpfen in verschiedene Rollen. Gespielt wird im barocken Treppensaal im Großen Waisenhaus.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Theater spielen ohne Pausenklingel

Zwei Aufführungen gibt es morgen zu sehen. Mit Lust am Schauspiel haben Kinder und Jugendliche ihre Produktionen selbst auf die Beine gestellt

Wenn Magdalena Weber auf der Bühne steht, staunt sie manchmal selbst. Beim Improvisieren in ihrer Theatergruppe „Die Spielwütigen“ zeigen sich Talente, die die 18-Jährige an sich noch gar nicht kannte. „In jedem Menschen steckt etwas Kreatives“, sagt sie, „aber manchmal braucht es eben einen Anstoß.“ Bei ihr war es die Theaterpädagogin Yasmina Ouakidi, die sie „ auf die Bühne geworfen“ hat und spielen ließ. „Dabei wurde ich ganz oft von mir selbst überrascht“, sagt die Abiturientin des Gymnasiums Hermannswerder. Was Ouakidi aus Magdalena herausgeholt hat, wird morgen bei der Premiere des Stückes „Wunschlos unglücklich“ über fünf Menschen zu sehen sein, die in Selbstmitleid und Frustration verstrickt sind.

Theateraufführungen von Schülern haben in diesen Tagen Konjunktur. Nach einem Schuljahr Proben treten am Freitag auch Fünftklässler mit „Der total verrückte Freitag“ im Bürgerhaus am Schlaatz auf. Beide Stücke eint, dass die Schüler keine fertigen Texte inszenieren, sondern sie mitentwickelt haben. Für die Großen ist Theater inzwischen Teil des Lebens, für manch Kleinen der erste Kontakt mit der Kunst überhaupt – indem sie diese einfach selbst machen.

„Ich glaube, dass Theater den Menschen hilft, ihr Leben besser und bunter zu leben“, sagt Chica Schmidt, die die Grundschüler am Priesterweg pädagogisch begleitet. Alle Phasen einer Produktion haben die Kinder erlebt: über Thema und Figuren entschieden, Geschichten geschrieben, Puppen und Bühnenbild gebaut und eben gespielt. Heraus gekommen ist ein modernes Märchen, das am Familienfrühstückstisch beginnt.

Seit einigen Jahren trifft Theaterpädagogik in Potsdam auf fruchtbaren Boden. Darstellendes Spiel ist an vielen Schulen Unterrichtsfach, daneben existieren freie Gruppen wie am T-Werk. Gut finanziell ausgestattet für ihre Arbeit fühlen sich auch Schmidt und Ouakidi. Unterstützt wird Schmidt durch das Bildungs- und Teilhabepaket der Stadt Potsdam, Ouakidis Arbeit ist seit mehr als zehn Jahren durch die Stiftung Großes Waisenhaus abgesichert.

Dass sich durch die kontinuierliche Arbeit aus den Jugendlichen Semi-Profis entwickeln, ist für Ouakidi nebensächlich: „Es geht nicht darum, Schauspielnachwuchs zu fördern, sondern miteinander zu wachsen.“ Dazu gehört, kreative und soziale Kompetenz zu entwickeln, aber auch Durststrecken zu überwinden.

Ohne Lust auf Schauspiel geht das nicht. Das merkte auch die 19-jährige Lisa Richter, die seit zweit Jahren bei den Spielwütigen mitwirkt. Vom Fach Darstellendes Spiel an ihrer Voltaireschule war sie enttäuscht: „Es kann nicht so ein Gruppengefühl zustande kommen, wenn manche sich nur Mühe geben wegen der Note – das ist für mich nicht Theater“, sagt sie. Zum Schauspiel müsse man aus dem schulischen Alltag hinausgehen, meint Ouakidi. Zu eng sei das Gerüst, das Rahmenlehrpläne vorschreiben. Und ein Klingelton mitten im kreativen Prozess mache es auch für Lehrer schwierig, zu unterrichten.

Bei Magdalena Weber hingegen war es genau anders als bei Lisa. Darstellendes Spiel an ihrer Schule hat ihr noch mehr Lust auf Theater gemacht. Statt schulfrei nach dem Abitur zu genießen, steht sie nun diese Woche jeden Tag auf der Bühne. Grit Weirauch

Aufführungen „Wunschlos unglücklich“ im Treppenhaus im Großen Waisenhaus, Lindenstraße 34 a, von Freitag bis Sonntag, 31. Mai bis 2 Juni, jeweils 20 Uhr; „Der total verrückte Freitag“ am Freitag, 31. Mai um 17 Uhr im Bürgerhaus am Schlaatz, Schilfhof 28.

Grit Weirauch

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