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Am Montag wurde die erste Doppeltraktion auf den Weg nach Prag, sozusagen dem Geburtsort der Tatras, geschickt.

© Ivo Köhler

Tatra-Bahnen in Potsdam: Zur Kur in Prag

Tatra-Trams aus Potsdam werden derzeit in Tschechien modernisiert und für weitere acht Einsatzjahre fit gemacht. Doch ihr Ende ist schon jetzt absehbar.

Potsdam - Mittlerweile fallen sie schon etwas aus dem vertrauten Rahmen: eckiges Design, hohe Silhouette und die zwei hohen Stufen, die beim Ein- und Ausstieg überwunden werden müssen. Den Potsdamer Tatra-Trams sieht man an, dass sie aus einer anderen Epoche stammen. Doch so bald werden sie nicht aus dem Stadtbild verschwinden. Die Trams mit 35 Sitz- und 53 Stehplätzen aus der Fabrik in der tschechischen Hauptstadt Prag werden schließlich noch gebraucht.

Denn Potsdams Verkehrsbetrieb (ViP) verzeichnet seit Jahren wachsende Fahrgastzahlen und erwartet das wegen des Einwohnerzuwachses der Stadt auch für die kommenden Jahre. „Wir müssen in kurzer Zeit mit dem Einsatz von mehr Fahrzeugen reagieren“, so der technische Geschäftsführer Oliver Glaser. Doch neue Trams gibt es nicht von der Stange zu kaufen, außerdem sind sie teuer.

Frischzellenkur für die Potsdamer Tatra-Bahnen

Zuletzt waren die Tatras Anfang der 1990er-Jahre modernisiert worden. Nun bekommen sie eine weitere Frischzellenkur – ausgerechnet in ihrer Heimat. Die erste Tatra-Straßenbahn wurde in dieser Woche zur Grundinstandsetzung nach Prag geschickt. „Diese Maßnahme ist Teil eines umfangreichen Investitionspaketes, das gemeinsam von der Landeshauptstadt Potsdam, den Stadtwerken Potsdam und dem Verkehrsbetrieb geschnürt wurde“, so Martin Grießner, der als kaufmännischer Geschäftsführer des ViP für das Finanzielle zuständig ist. 50 Millionen Euro werden in den kommenden Jahren in die Infrastruktur des Potsdamer Nahverkehrs gesteckt. Dafür werden Gleise saniert und die Tramstrecke von der Viereckremise zum Jungfernsee verlängert, aber auch neue Busse angeschafft und Straßenbahnen modernisiert beziehungsweise umgebaut.

Los geht es mit zwölf Tatra-Trams vom Typ KT4D. Den Zuschlag für die Grundinstandsetzung der gut 20 Tonnen schweren Fahrzeuge erhielt im Ergebnis einer europaweiten Ausschreibung die Hauptwerkstatt der Prager Verkehrsbetriebe. Es geht dabei um mehr als einen neuen Anstrich: In Prag werden die Fahrzeuge komplett zerlegt und wieder aufgearbeitet. Für alle zwölf Tatras soll das eineinhalb Jahre dauern. Danach sollen sie weitere acht Jahre im Potsdamer Linienverkehr eingesetzt werden können. Weitere 500 000 Kilometer sollen die Fahrzeuge jeweils in dieser Zeit zurücklegen. Die Tatras sollen künftig vorrangig im Berufsverkehr unterwegs sein, wenn der Fahrplan verdichtet wird. Noch im vergangenen Jahr hatte der Verkehrsbetrieb neun Tatras ins ägyptische Alexandria verkauft – zum symbolischen Preis. Für eine Verschrottung der Wagen hätte das Unternehmen draufzahlen müssen. Alte Potsdamer Tatras fahren zum Beispiel auch in der rumänischen Stadt Ploiesti, in Ungarn und in Kasachstan.

„Am Montag verließ die erste Doppeltraktion der Tatra-Bahnen den ViP in Richtung Hauptwerkstatt der Prager Verkehrsbetriebe“, so Glaser. Die Modernisierung soll auch im Inneren sichtbar sein: So soll es neue Fußböden geben, die Lackierung der Haltestangen werden vereinheitlicht sowie die aus den Combino- Trams und Variobahnen bekannten Markierungen für Sehbehinderte angebracht, teilte der Verkehrsbetrieb mit. Auch die Abläufe bei der Türbedienung werden den Niederflurwagen angepasst. Zum Schluss werden die Fahrzeuge bei einer Hauptuntersuchung durchgecheckt.

Tatras sollen bis 2022 durch Potsdam rollen

Anschließend sollen sie bis zum Jahr 2022 durch Potsdam rollen. Dann ist aber endgültig Schluss. Ab dann dürfen nur noch Niederflurwagen unterwegs sein, die auch Rollstuhlfahrer benutzen können. Auch die letzten fünf Haltestellen im Potsdamer Tramnetz, die bisher noch nicht barrierefrei sind, sollen bis dahin umgebaut sein – so verlangt es das Personenbeförderungsgesetz.

Auf Potsdams Tramgleisen sind die Tatras schon seit 1975 unterwegs. Hersteller CKD baute seinerzeit Straßenbahnen für den gesamten Ostblock – also die Länder des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Potsdam war dabei das Testgelände für die ganze DDR. Am 9. Januar 1975 begann der Probebetrieb mit den Prototypen, von denen heute noch einer als Museumsfahrzeug für Sonderfahrten im Einsatz ist. Mit rot-beiger Lackierung waren die Tatras dann ab 1978 im Linienbetrieb im Einsatz.

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