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Busfahrer verteilen Infomaterial vor dem Haupbahnhof Potsdam

© Florian Kistler

Tarifverhandlungen im Nahverkehr: Einstimmung auf den Arbeitskampf

Die Tarifverhandlungen im Nahverkehr laufen an. Sie könnten sich hinziehen. Die Gewerkschaft Verdi fordert bereits jetzt Verständnis für mögliche Streiks.

Von Florian Kistler

Potsdam - Es könnten zähe Tarifverhandlungen werden, sagte Jens Gröger, Gewerkschaftssekretär der Verdi Fachgruppe Busse und Bahnen in Nordostbrandenburg und Potsdam. Die Forderungen sind hoch. Das Einstiegsgehalt in Brandenburg für Busfahrer liege im Moment bei 2270 Euro brutto, in Berlin bei 2680 Euro. An diese Summe will man heran, so Gröger, der auch Verhandlungsführer in der Verhandlungsrunde zum Tarifvertrag Nahverkehr Brandenburg ist. Da es zum Erreichen dieses Ziels „ruppig“ werden könnte, verteilte er am Mittwoch zusammen mit Kollegen vor dem Hauptbahnhof Infomaterial für Fahrer und Fahrgäste. Die Tarifrunde läuft seit dem 1. Juli. „Wir wollen nicht streiken, hoffen aber, dass die Fahrgäste es nachvollziehen können, wenn es nötig ist“, so Gröger. Im Infomaterial bittet man bereits jetzt „um Verständnis“ sollte es zum „legitimen Mittel des Arbeitskampfes“ kommen.

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Von der Tarifrunde betroffen sind mehr als 3000 Beschäftigte von 17 Brandenburger Nahverkehrsunternehmen, die Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Brandenburg sind. Unter ihnen sind auch Werkstatt- und Büropersonal. Sie fordern eine Angleichung an die Berliner Gehälter. „Dort verdienen Fahrer im Monat oft 400 Euro mehr“, so Gröger. Die Folge seien Abwanderungen nach Berlin oder in westdeutsche Bundesländer, in denen das Gehalt für dieselbe Arbeit teils sogar 700 Euro netto höher liege. Zudem fordert man eine Vergütung der sogenannten Wendezeiten, also dem Zeitraum zwischen zwei Fahrplanfahrten. Zudem drängt Verdi darauf, einen bundesweiten Rahmentarifvertrag für alle Gewerkschaftsmitglieder umzusetzen, Bestandteil sind dabei unter anderem 30 Urlaubstage.

Die Arbeitsbedingungen seien schlecht

Dass in der Branche die Probleme zunehmen, wird deutlich, wenn man sich bei Fahrern umhört. Viele sprechen von fehlender Wertschätzung ihrer Arbeit, von Überstunden, die zum Teil nicht vergütet werden, und von Wochenendarbeit. Auch gebe es beispielsweise am Hauptbahnhof nur eine Toilette für die pausierenden Busfahrer. Die Fahrgäste sollten sich diesen Arbeitsbedingungen bewusst sein, sagt Stefan Kliche, freigestellter Betriebsratsvorsitzender der Havelbus Verkehrsgesellschaft (HVG) in Nauen. ViP-Busfahrer Roman Bierkandt ergänzt: „Unseren Job will doch so keiner mehr machen.“ Während der Corona-Pandemie habe man viel von Systemrelevanz gesprochen. „Jetzt werden wir aber wieder vergessen“, so Bierkandt. Das führe auch dazu, so Kliche, dass bereits jetzt Personal fehle. „Wenn die Politik wirklich auf Klimaschutz und damit den öffentlichen Nahverkehr setzen will, dann muss sie auch für Nachwuchs sorgen und ihre Leute anständig bezahlen.“ Der Altersdurchschnitt bei den Fahrern sei hoch, deshalb dürfte der Bedarf an Arbeitskräften weiter steigen.

Die Stadtwerke Potsdam wollten sich auf PNN-Anfrage derzeit nicht zu den Tarifverhandlungen äußern.

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