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Tag der Wissenschaften in Potsdam: Vom Urschleim zum Windrad

Potsdams Tag der Wissenschaften am Samstag will Lust machen auf Forschen, Mitmachen und Rätseln. Besucher erleben, wie Wissenschaft den Alltag prägt und verändert.

Potsdam - Im Glitzerschleim liegt vielleicht die Zukunft der Erde. Denn wer als Kind den Spaß am Matschen und Experimentieren entdeckt, der wird später möglicherweise Naturwissenschaftler und studiert Chemie, sagt Maren Wandrey vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP). Das Institut aus Golm ist einer von 30 Teilnehmern am Potsdamer Tag der Wissenschaften, der am morgigen Samstag auf dem Campus in Golm stattfindet. Dabei soll die Vielfalt der wissenschaftlichen Arbeit und Forschung der verschiedensten Potsdamer und Brandenburger Institutionen einem breiten Publikum präsentiert werden. Das Programm umfasst Vorträge, Präsentationen, Ausstellungen, Workshops und Mitmachangebote.

Der Glitzerschleim könnte ein Renner für experimentierfreudige Kinder werden. Am Stand vom IAP kann man erleben, wie beim Zusammenrühren verschiedener Komponenten ein neuer Stoff mit neuen Eigenschaften entsteht. Aus Klebstoff, Rasierschaum, Kontaktlinsenlösung, Natron, Farbe und Glitzer wird eine knetbare, glibberige Masse. Diese Antistressknete können die Kinder gleich mit nach Hause nehmen.

Forschen, entdecken, mitmachen

Nicht ganz so schnell wird die Arbeit der IAP-Forscher in die Praxis umgesetzt, aber das Herstellungsprinzip ist ganz ähnlich: aus bekannten Stoffen werden neue mit neuen Eigenschaften. Einige werden morgen präsentiert, zum Beispiel eine Folie aus sogenannter Insektenseide. Dafür wird das Insektengen für Seidenprotein in einen Produktionsorganismus, zum Beispiel ein Bakterium, eingepflanzt. Das Ergebnis: Eine Art Kunststofffolie, die allerdings nicht aus Erdöl hergestellt wird, biologisch abbaubar ist und nicht noch mehr Mikroplastik produziert. An dieser Entwicklung waren die Golmer Forscher beteiligt. Zum Tag der Wissenschaften kann man sie schon mal in die Hand nehmen und überlegen, ob man darin eines Tages seine Frühstücksbrote einwickeln würde.

Der Tag, den es in diesem Jahr zum 6. Mal gibt, steht unter dem großen Motto Forschen, entdecken, mitmachen. Beim ersten Mal zählte man 2000 Besucher, 2017 waren es 15 000. Sie kommen aus Potsdam, aus der Region und aus Berlin. „Es hat sich rumgesprochen“, sagt Mitinitiatorin Simone Leinkauf vom Potsdamer Verein Pro Wissen. „Viele sind überrascht, was es alles gibt in Potsdam.“ Zudem soll der Tag auch Lust machen auf eine berufliche Laufbahn in der Wissenschaftsbranche. An Ständen von Schulen und Universitäten kann man sich über Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten informieren. Zahlreiche Labore und Hörsäle auf dem Campus Golm sind geöffnet, bei geführten Rundgängen über das Gelände kann man sich von der Entwicklung und dem Wachstum an Brandenburgs größter Hochschule ein Bild machen.

Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Umweltforschung immer wichtiger

Neben den Naturwissenschaften finden sich im Programm Angebote aus den Themenfeldern Sprach- und Geisteswissenschaften, Anglistik und Zeithistorische Forschung, Philosophie, Gesundheit und Recht.

Dabei werden die Felder Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Umweltforschung immer wichtiger. Veranstaltungen vom HPI, in denen es ums kinderleichte Programmieren oder die Funktionsweise von Spracherkennungsprogrammen geht, sollen deutlich machen, wie sehr Wissenschaft und Forschung für jedermann zum Alltag gehören. Um Umweltaspekte geht es in Vorträgen und Planspielen wie „Eine Erde für alle“. Das Haus der Natur untersucht „Lebenswerte Landwirtschaft – für Mensch und Natur“, die Fachhochschule Potsdam informiert zum Thema „Mobilität in Potsdam 2030“. Beim GeoForschungsZentrum GFZ kann man an einem Geo-Quiz teilnehmen. Am Stand der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH können Rotorblätter von Windenergieanlagen begutachtet und untersucht werden.

Der Mensch steht im Mittelpunkt der Cognitionswissenschaften, ein wichtiges Forschungsgebiet der Universität Potsdam. Hier wird unter anderem die frühkindliche Sprachentwicklung erforscht. Am Samstag wird das sogenannte BabyLab vorgestellt. Hier soll das Denken von Babys erfahrbar werden, mittels Experimenten, in denen das Verhalten und vor allem die Blickbeziehungen der Kinder beim Spielen beobachtet werden. Besucher können diese spielerischen Experimente direkt selber ausprobieren. Ein Bereich, der immer gut von Eltern mit ihren Kleinkindern nachgefragt ist, sagt Simone Leinkauf.

Auch wie man das Leseverhalten erforscht, kann man an sich selbst probieren: Dazu setzt man sich eine spezielle Brille auf, die die Augenbewegungen aufzeichnet. Diese Grundlagenforschung ist unter anderem wichtig, um Verhaltensstörungen und Fehlentwicklungen zu entdecken und verstehen zu können.

Beim Max Planck Institut für Gravitationsphysik werden schwarze Löcher und Gravitationswellen erklärt

Wie sich Fledermäuse orientieren, nämlich mit Schallwellen, wird am Löschteich auf dem Unigelände erklärt. Ferngesteuerte Boote sollen einen im Wasser versunkenen Schatz finden – mit Echolot.

Um ganz andere Wellen geht es beim Max Planck Institut für Gravitationsphysik: Hier werden Experimente mit Lichtwellen durchgeführt, Schwarze Löcher und Gravitationswellen erklärt – ein Phänomen, das erst im vergangenen Jahr von einer mit dem Leibnizpreis ausgezeichneten Golmer Forscherin mitentdeckt wurde. Zum Rästeln ist das Angebot der Stadt Potsdam, die anlässlich des Stadtjubiläums zwei Riesenpuzzles vom Alten Markt und vom Bildungsforum vorstellt.

Zu entdecken sind außerdem Roboter, 3-D-Drucker, sowie eine „Erdbebenmaschine“ zur Simulation der verschiedenen Effekte dieses Phänomens. Und wer einfach mal die Uni von innen sehen möchte, kann an einer Führung durch Hörsäle, Laboratorien, Unibibliothek und Übungssternwarte teilnehmen.

Das Rahmenprogramm bietet Livemusik, auf der Bühne treten die Big Band des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder, Jazzy Insular, und das Berlin-Jazz-Ensemble der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane auf sowie die ehemalige Uni-Band Raypantea mit klassischem Rock, Soul- und Britpop. Die Band Matti & the Richards bietet Soul und Funk, Potsdamer Philosophiestudenten führen ein Programm mit Chansons auf.

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Programm: Was gibt's zu forschen?

Der 6. Potsdamer Tag der Wissenschaften findet am morgigen Samstag von 13 bis 20 Uhr in verschiedenen Gebäuden sowie im Freien auf dem Unicampus Golm statt. Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden zahlreiche Vorträge, Experimente, Workshops, Infostände und Mitmachaktivitäten, Spiele und Diskussionsrunden zu acht Schwerpunktthemen angeboten: Bildung,Kognition, Sprache/ Erd- und Lebenswissenschaften / Physik, Mathematik, Chemie, Technik/Kultur, Geschichte,Philosophie/ Medien- und Informationstechnologie/ Gesundheit, Ernährung, Sport/ Klima, Umwelt, Nachhaltigkeit / Wirtschaft, Politik, Recht. Teilnehmer sind Potsdamer Einrichtungen aus Wissenschaft und Forschung, Institute der Uni Potsdam, Brandenburger Hochschulen, Gymnasien, Vereine und Verbände. Auf www.potsdamertagderwissenschaften.de kann man sich sein Wunschprogramm zusammenstellen lassen. Der Eintritt ist frei. Die Anreise wird mit Bus oder Bahn empfohlen.

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