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Landeshauptstadt: Täter oder Opfer?

Die Bündnisgrünen fordern die Umbenennung der Groß Glienicker Helmut-Just-Straße. Der Ortsvorsteher sieht das anders

Groß Glienicke - Die Anwohner der Helmut-Just-Straße in Groß Glienicke werden derzeit befragt, ob ihre Straße einen anderen Namen erhalten soll. Anlass ist ein Antrag der bündnisgrünen Fraktion im Potsdamer Stadtparlament, in dem die Umbenennung der Straße gefordert wird. Es sei fraglich, ob Helmut Just Täter oder Opfer des Ost-West Konflikts war, heißt es zur Begründung.

Nach den Recherchen von Ortsbeiratsmitglied Winfried Sträter (SPD) wurde Just als Angehöriger der Kasernierten Volkspolizei am 30. Dezember 1952 von zwei unbekannten Tätern im Dienst erschossen. Just hatte im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg nahe der Behmbrücke an der Grenze zwischen dem sowjetischen und dem französischen Sektor Kontrolldienste versehen. Sträter zufolge konnten die Täter damals unerkannt entkommen.

Just, der nach Angaben Sträters einer Berliner Arbeiterfamilie entstammte, war nach seiner Malerlehre der Kasernierten Volkspolizei, einem Vorläufer der DDR-Volksarmee, beigetreten. Er starb im Alter von nur 19 Jahren. In der DDR wurden Straßen und öffentliche Einrichtungen nach ihm benannt. Sträter sieht – anders als bei der kürzlich umbenannten Dr.-Kurt-Fischer-Straße – keine zwingende Notwendigkeit, den Namen Justs auf der Landkarte zu tilgen. „Zu den Opfern des Kalten Krieges gehören auch junge Leute wie Just, die, aus welchen persönlichen Gründen auch immer, als Wachtmeister Dienst taten“, schreibt der stellvertretende Ortsvorsteher in seiner Stellungnahme für den Groß Glienicker Ortsbeirat. Der Straßenname erinnere zugleich ganz allgemein an die Opfer des Kalten Krieges. Sträter verweist in diesem Zusammenhang auf die ehemalige Lage Groß Glienickes im Grenzgebiet zu West-Berlin. Dass die DDR um Just einen Personenkult getrieben habe, sei „in unguter Erinnerung, aber nicht ihm anzulasten“.

Der Ortsbeirat von Groß Glienicke will sich im November mit der Angelegenheit befassen. Auf der letzten Sitzung des Gremiums stand das Thema schon einmal auf der Tagesordnung. Die Kommunalvertreter hatten jedoch beschlossen, zunächst die Anwohner der Helmut-Just-Straße nach ihrer Meinung zu befragen.

Der Groß Glienicker Andreas Menzel, der als Mitglied der bündnisgrünen Stradtfraktion den Vorstoß zur Umbenennung im Stadtparlament initiiert hatte, sagte gegenüber den PNN, Just sei Opfer und Täter zugleich, aber „eher ein Täter“. Schließlich habe Just sich freiwillig zur Kasernierten Volkspolizei gemeldet und sei nicht zwangsrekrutiert worden. Überdies sei die Benennung der Straße ein verbliebenes Relikt des DDR-Personenkults. Eine Umbenennung sollte daher erfolgen. Menzel betonte, er wolle damit keineswegs Justs Familie verletzen, die er im Übrigen auch gar nicht kenne.

Als neuen Namen schlagen die Bündnisgrünen „Döberitzer Weg“ vor. Dies sei der frühere Straßenname gewesen. Unabhängig davon wünscht Menzel sich, dass in Potsdam bald eine Straße nach einem Maueropfer benannt wird. Soweit ihm bekannt sei, gebe es das bisher nicht.

Manfred Kruczek vom Forum zur kritischen Auseinandersetzung mit DDR-Geschichte im Land Brandenburg erklärte gegenüber den PNN ebenfalls, er kenne in Potsdam keine Straße, die nach einem Opfer des DDR-Grenzregimes benannt wurde. Sein Forum trete sei Längerem dafür ein, in der Landeshauptstadt eine Straße nach Michael Gartenschläger zu benennen. Gartenschläger hatte im Jahre 1976 an der innerdeutschen Grenze mehrere Selbstschussanlagen demontiert und war dabei von DDR-Grenzern erschossen worden. Zu dem Antrag auf Umbenennung der Groß Glienicker Helmut-Just-Straße sagte DDR-Bürgerrechtler Kruczek: „Wir sympathisieren mit diesem Antrag.“ Holger Catenhusen

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