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Landeshauptstadt: Szenerien einer Traumwelt

Am Freitag feiert Studio Babelsberg mit „Die Schöne und das Biest“ seine dritte Berlinale-Premiere

Eins, zwei oder drei? Michael Düwel muss überlegen, wenn er nach seinem Lieblingswerk unter den drei Babelsberg-Filmen bei der diesjährigen Berlinale gefragt wird. Einen Favoriten hat der Chef des Art Department, also der Studio-Babelsberg-Tochter, die sich um Kulissenbau und Ausstattung kümmert, dann doch. Der Festival-Eröffnungsfilm, Wes Andersons „The Grand Budapest Hotel“, bonbonbunt und detailverliebt, sei „das Schmuckkästchen“, sagte er den PNN am Rande des Berlinale-Empfangs, zu dem das Art Department am Dienstagabend rund 100 Kulissenbauer, Szenenbildner, Kostümbildner und Ausstatter in die 24. Etage des Kollhoff-Towers am Potsdamer Platz eingeladen hatte. Das ungezwungene Treffen bei Champagner und Snacks in luftiger Höhe über den Blitzlichtgewittern am roten Teppich und mit beeindruckendem Blick über die erleuchtete Stadt ist mit der dritten Auflage schon auf dem Weg zur eigenen Babelsberger Berlinale-Tradition.

Wes Anderson also. „Was der in jedem Bild gemacht hat – der Hammer schlechthin“, schwärmt Michael Düwel. Bei George Clooneys „Monuments Men“ dagegen sei einige Babelsberg-Arbeit im Schnitt verloren gegangen. Ein eigens gebautes Militärfahrzeug mit Grasdach zum Beispiel. Oder eine Paradeszene in einer von den Babelsberger Kulissenbauern in Goslar präparierten Straße. Weil für diese Massenszene auch Hunderte Komparsen im Einsatz waren, die sich im fertigen Film vermissten, gab es schon verwunderte Anrufe aus der Harzstadt.

Mit Spannung erwartet Düwel nun auch das Ergebnis bei der Märchenverfilmung „Die Schöne und das Biest“. Premiere ist am morgigen Freitag im Berlinale-Palast, in den deutschen Kinos startet der Film am 15. Mai. In den Hauptrollen der französischsprachigen Neuadaption des Volksmärchens über die schöne Belle, die den zu einem grausigen Biest verwandelten Prinzen mit ihrer Liebe erlöst, sind Leá Seydoux und Vincent Cassel zu sehen. Regie führte Christophe Gans. Zur Sprachverwirrung hat das in den Babelsberger Studios nicht geführt. „Amtssprache ist bei uns Englisch – auch mit den Franzosen“, sagt Michael Düwel.

Auch hier ging es beim Aufbau der Kulissen detailverliebt zu. Nach Einschätzung von Studio-Babelsberg-Vorstand Christoph Fisser waren es „mit die schönsten Sets, die wir je gebaut haben“. Bis zu 120 Mitarbeiter erschafften unter Leitung des Babelsberger Construction Managers Dierk Grahlow Szenerien, die einer Traumwelt entsprungen zu sein scheinen. „Da gabs keinen rechten Winkel“, so Michael Düwel: ein prunkvoller Bankettsaal, der von durch die Fenster hineingekrochenen uralten Baumwurzeln regelrecht in Besitz genommen wird, ein edles Schlafgemach, das in eine Grotte übergeht, kunstvoll gedrechselte Treppenaufgänge, gotische Fenster, ein von monumentalen Löwenfiguren und Geweihen gehaltener Kamin. „Das war ein Fest für unsere Skulpturisten“, sagt Düwel: „Da war nichts aus dem Katalog gekauft, das wurde alles bei uns entworfen.“

Oder nachträglich am Computer. Denn in einigen Szenen sei auch mit Green- und Bluescreens gearbeitet worden. Für eine lebhafte Marktszene an einem Hafen zum Beispiel war im Atelier „Große Süd“ praktisch nur der Verlauf der Kaimauer als Orientierung auf dem Fußboden abgeklebt. Schauspieler und Komparsen mit Pferden oder Hühnern spielten für die Kameras im leeren, grünen Raum, erst per Computer kam im Nachhinein der Drehort hinzu. Auch die aufwendig gebauten Sets bekamen per Computer hinterher eine noch übernatürlichere Anmutung. Digital verändertes Licht und Weichzeichner verstärken den traumähnlichen Eindruck. Mit den ersten Eindrücken aus dem Filmtrailer ist Düwel zufrieden: „Das sieht richtig gut aus“, befindet er.

Für die Kulissenbauer war der Märchenfilm eine Herausforderung ganz anderer Art als bei George Clooneys Weltkriegs-Beutekunst-Drama „Monuments Men“, erzählt Dierk Grahlow. Während es bei Clooney um die Koordination von Dreharbeiten an Originalschauplätzen im Harz, in und um Berlin sowie im Studio ging – in den Babelsberger Ateliers wurde unter anderem auf 1500 Quadratmetern das Innere eines Bergwerks nachgebaut – , standen bei „Die Schöne und das Biest“ kunstvolle Details im Vordergrund. „Das war komplizierter“, sagt Grahlow. Gedreht wurde ausschließlich im Studio, wo neben dem erwähnten Schloss auch das Holz-Landhaus von Belles Familie aufgebaut wurde.

Gerade die Abwechslung freue die Babelsberger Kulissenbauer und Ausstatter, sagt Art-Department-Chef Düwel: „Wir sind alle froh, wenn es mal so eine traumhafte Geschichte gibt – und nicht nur historische Stoffe aus der Zeit des Dritten Reichs.“ Auch beim Märchen blieb der eine oder andere Notfall nicht aus, wie er verrät. So wurden die Löwenfiguren aus Styropor am Kamin vom allzu heftigen Kaminfeuer angeschmort. „Das haben wir aber über Nacht wieder gerettet.“

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